Nicodemus
paar amüsierte Blicke.
»Dann wollen wir das mal üben.« Nicodemus deutete auf das Mädchen mit dem kurzen, schwarzen Haar. »Dein Name?«
»Ingrid.«
Er zeigte auf sich selbst. »Mein Name?«
Sie errötete und brachte kein Wort heraus. Ihre Banknachbarin beugte sich vor, doch Nicodemus sprang dazwischen. »Nein, nein, du machst noch meine ganze Wirkung als neuer und grausamer Lehrer zunichte.«
Dafür heimste er weitere nervöse Lacher ein.
Das dunkelhaarige Mädchen errötete noch mehr.
»Nnnn …«, begann er für sie. »Nnnnicooo …«
Sie riet drauflos: »Nicodermis?«
Er protestierte lautstark: »Das hört sich ja an wie eine Hautkrankheit.«
Nun lachte die ganze Klasse.
»Tut mir leid, dass es ausgerechnet dich getroffen hat, Ingrid, aber ich heiße Nicodemus.« Er drehte sich zur Klasse um. »So, jetzt noch einmal an alle. Wie lautet mein Name, der keinesfalls mit einer Hautkrankheit zu verwechseln ist?«
Während die Klasse lachend seinen Namen wiederholte, bemerkteNicodemus, wie das Sonnenlicht nahe der Fenster zu schillern begann. »Na, dann lasst uns endlich anfangen«, sagte er und bewegte sich auf die Fensterreihe zu. »Das wird ein kurzer Vortrag, und ich werde ihn so spannend wie möglich machen, wenn ihr …«
Er hielt inne. Die schillernde Luft bewegte sich von ihm fort. Eine leichte Röte flog über sein Gesicht. Tapfer lächelte er weiter.
»… wenn ihr gut zuhört.« Mit Absicht behielt er seinen lockeren Ton bei, auch wenn er sich jetzt sicher war, dass ein getarnter Zauberschreiber, wahrscheinlich ein Wächter, zugegen war.
»Wie erwirbt man überhaupt eine Zaubersprache?«, fragte er und wandte sich wieder der Klasse zu. »Im Prinzip nicht anders als eine gesprochene oder mathematische Sprache auch. Zunächst einmal lernen wir die Zeichen. Für die gesprochenen Sprachen verwendet man Buchstaben, für die mathematischen Zahlen und für die Zaubersprachen Runen. Jeder, der eine Feder und ein Tintenfass hat, kann weltliche Texte schreiben. Jeder, der Augen im Kopf hat, kann weltliche Texte erkennen. Aber um Zaubertexte verstehen und schreiben zu können, muss man mit einem Geist geboren werden, der für die Magie empfänglich ist.«
Derrick, der Junge mit den braunen Haaren, lehnte sich zu seinem Banknachbarn vor und flüsterte laut.
Nicodemus ging zu den Jungen hinüber. »Merkt euch, dass wenn es unter Zauberschreibern heißt, jemand besäße ›die Gabe des Lesens und Schreibens‹, das Zauberschreiben gemeint ist. Alle hier in diesem Raum besitzen diese Gabe, wir haben das Glück, mit einem Geist geboren zu sein, der für die Magie empfänglich ist.«
Er blieb vor Derrick stehen, der darum gezwungen war mit dem Geflüster aufzuhören.
»Warum werden die meisten Menschen ohne diese Gabe geboren?«, fragte er rhetorisch. »Es gibt Autoren, unter ihnen leider auch einige Zauberer, die glauben, der Schöpfer habe die Zauberschreiber bevorzugt, dass wir von Natur aus besser seien als der Rest der Menschheit. Sie meinen, wir sollten über die Gesellschaft herrschen. Ich möchte euch daran erinnern, so wie Magister Shannon mich damals, als ich ein Neophyte war, erinnert hat, dass unsere Eltern allesamtAnalphabeten sind. Ohne Analphabeten würden wir nicht existieren. Wir haben ihnen in der Tat viel zu verdanken. Uns ist es nicht bestimmt zu herrschen, sondern zu dienen –«
»Das verstehe ich nicht. Warum würde es uns nicht geben?«, wandte Derrick ein.
Nicodemus musterte ihn. »Zauberschreiber können keine Kinder bekommen. Und außerdem ist das Leben der Analphabeten viel härter als das unsere.«
»Entschuldige, Nicodemus, aber ich verstehe es immer noch nicht.« Derrick schien es ernst zu meinen, doch die Jungen um ihn herum kicherten.
Mit zusammengekniffenen Augen fragte Nicodemus: »Was genau verstehst du daran nicht?«
»Warum wir keine Kinder machen können«, sagte er, begleitet von einer neuen Welle nervösen Gelächters.
»Zauberschreiber sind steril«, antwortete Nicodemus und hatte alle Mühe, sich seine Verlegenheit nicht anmerken lassen.
»Ihr meint also, dass wir sauber sind?«, fragte Derrick mit vor Lachen zitternder Stimme. Seine Banknachbarn stimmten nun lauthals ein.
»Nein, Derrick«, sagte Nicodemus und sah den Jungen dabei direkt an. Wenn der Schüler dieses Thema schon so vorantrieb, dann war es das Beste, es möglichst schnell aus dem Weg zu räumen. »Ich meine damit, dass Zauberschreiber beim Sex keine Kinder zeugen können.«
Nun brach
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