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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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Göttin, dass du stirbst?«
    »Die gerechte Strafe für das, was ich getan habe.«
    Kyran schob die Hand unter ihr Kinn und drehte ihren Kopf zu sich. »Für das, was wir getan haben.«
    Sie wandte den Blick ab. »Ky, lass uns nicht schon wieder streiten, wer von uns nun der Idiot ist, ich oder du oder …«
    Er zog sie zu sich heran. Die hölzernen Knöpfe seiner Ärmel hatte er sich zum Zauberschreiben aufgeknöpft, und nun presste sie ihre Wange an seine bloße Haut.
    »Ky, ich weiß nicht mehr, wer ich bin«, murmelte sie in seine Schulter. » Bei diesem Anfall hatte ich fürchterliche Visionen. Ich stand an einem Flussufer im Hochland, als mich dieser Wolf überfiel. Er hatte rote Augen und den Kopf eines Mannes. Wieder und wieder hat er auf mich eingestochen. Ich bin zu Öl geschmolzen und in den Fluss geströmt.«
    Sanft strich ihr Kyran übers Haar, bis sie sich wieder beruhigt hatte.
    Beide erhoben sie sich, Kyran stützte sich dabei wie immer auf sein linkes Bein. Deidre ließ den Blick durch den kargen Raum wandern: eine Truhe, ein Waschtisch, ein Nachttopf, zwei Betten und Kyrans Wanderstab, der neben der Tür an der Wand lehnte.
    Sie setzte sich ans Kopfende ihres Bettes.
    Eine Ratte huschte an der Wand entlang. »Erzähl mir von deinem Gespräch mit dem Jungen«, sagte Kyra und reichte ihr eine saubere Tunika.
    »Enttäuschend.« Sie machte sich das Gesicht sauber. »Er hat Angst und lässt sich nicht so leicht manipulieren. Wahrscheinlich wird er Shannon einweihen. Aber zumindest hat er begriffen, was ich ihm gesagt habe. Die Saat wird später aufgehen.«
    Kyran kniff die Augen zusammen. »Wann wird sie aufgehen?«
    Sie seufzte. »Der Dämonenanbeter, der ihn verflucht hat, kann nicht weit sein. Mir behagt es zwar nicht, aber wenn der Kampf beginnt, wird der Junge wissen, dass ich die Wahrheit gesagt habe.«
    Kopfschüttelnd begann Kyran sich die Ärmel zuzuknöpfen. »Duforderst einen Dämonenanhänger zum Kampf heraus, nur um den Jungen zu überzeugen?«
    »Ich fordere niemanden heraus.« Sie stand auf. »Lieber würde ich den Jungen noch heute Nacht aus der Feste schmuggeln, doch wegen seiner Schreibschwäche fürchtet er sich, das Leben hier hinter sich zu lassen.« Deidre begann im Raum auf und ab zu gehen. »Sieh mich nicht so an, Kyran. Eine Konfrontation täte ihm gut und würde ihn für die bevorstehenden Kämpfe stärken.«
    »Vielleicht«, räumte Kyran ein. »Er könnte dabei aber auch zu Tode kommen.«
     
    Während Shannon sich die Stufen zum Turm von Alacran hinaufschleppte, starrte Azure durch die rechtwinkligen Fenster aus buntem Glas. Direkt vor ihnen lag das nordwestliche Viertel von Starhaven. Auf den zahlreichen spirischen Türmen prangten birnenförmige Messingkuppeln. Wie kühne Mittelsmänner ragten sie vor den Türmen des nordöstlichen Kaiserviertels empor, die von grauen, lornischen Spitztürmen gekrönt waren und sich über die südliche und weiße Hemisphäre erstreckten.
    Von Zeit zu Zeit erhaschte Azure einen Blick auf Bolide Garden. Aus dieser Höhe schien er nur ein kleiner, brauner Fleck. Im letzten Sommer hatte Shannon hier sein neues Quartier bezogen, mit Blick auf die Gärten. Durch die laufenden Umgestaltungen türmten sich dort Stein- und Erdhaufen.
    Shaonnen fragte sie, ob er seine Spuren auch erfolgreich verwischt hatte. Vor ein paar Stunden war er, unter dem Vorwand die Wasserspeier untersuchen zu wollen, mit einem rasiermesserscharfen Zauberspruch in ihre Basistexte gedrungen. Dann hatte er ihnen Erinnerungen ins Gedächtnis geschrieben, wie sie mit ihm noch bis in den Nachmittag hinein geplaudert hatten. Anschließend musste er auch noch den Wächtern entwischen, die Amadi zu seiner Bewachung abgestellt hatte. Hoffentlich warteten die beiden Narren immer noch vor dem Abort im Marfil-Turm auf ihn.
    Unvermittelt zweigte rechts ein schmaler Gang ab. Als Shannon stehen blieb, um nach Luft zu schnappen, schrieb Azure ihm einenneckischen Text übers Alter und gebrechliche Beine. Shannon nahm seine Erschöpfung als Vorwand und ließ so abrupt die Schulter sinken, dass Azure nichts anderes übrig blieb, als kräftig mit den Flügeln zu schlagen und ihm nicht ganz ernst gemeinte Vorhaltungen über Verrat und Treuebruch zu machen.
    Nachdem Azure den Blick einmal durchs Treppenhaus hatte schweifen lassen, stahl sich Shannon in den dunklen Gang und eine Leiter hinauf zu einer kleinen Metalltür. Seit Jahrzehnten schon wiesen die Starhavener Verzeichnisse diese Tür als

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