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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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Speicherturm in seiner richtigen Gestalt anzugreifen, das wäre nicht ganz so gefährlich wie einen Golem einzusetzen. Aber immer noch zu riskant. Es sollte doch imstande sein, einen gefahrloseren Plan zu schmieden, besonders nun, da es die Bekanntschaft mit dem Mädchen im Druidengewand gemacht hatte.
    Irgendwo inmitten der Türme krächzte ein Rabe. Dem Wesen fiel ein, dass es ja noch hinunter nach Gray’s Crossing musste. »Elendiges«, grollte es.
    Mit zusammengekniffenen Augen lehnte es sich gegen das Brückengeländer und dachte nach. Es war Zeit, Shannon aus dem Spiel zu nehmen.
     
    Deidre stieß den Kopf mit ihrem Stiefel an. Das Gesicht war vom Boden flachgedrückt. Züge waren keine mehr zu erkennen. Längliche Fetzen, wohl die Haare, lagen ringsum im Staub.
    Neben ihr, auf seinen hölzernen Stab gelehnt, grunzte Kyran: »Vielleicht hast du den Verfasser mitsamt dem Körper getötet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir müssen davon ausgehen, dass der Feind noch am Leben ist. Den Peregrin sollten wir schleunigst zum Schrein unserer Göttin bringen. Das Wesen weiß jetzt von mir und ist wahrscheinlich zum Äußersten entschlossen.«
    »Wir kommen bei den ganzen Wächtern nicht an den Jungen heran. Aber zumindest ist er heute Nacht in Sicherheit. Wir sollten schlafen gehen.«
    Deidre sah ihren Protektor an. »Meinst du, er ist wirklich sicher?«
    Aufmerksam betrachtete er sie, seine braunen Augen wirkten im grünen Licht seines Zaubers beinahe schwarz. »Lass’ uns schlafen gehen.«Als ihm der Einfall kam, brach das Wesen in lautes Gelächter aus.
    Ein kalter Wind pfiff über die Brücke. Weit unten im Stone Court flackerten und flimmerten die Fackeln. Die beiden wachhabenden Zauberer zogen sich ihre schwarzen Gewänder fester um ihre zerbrechlichen Körper.
    Abermals lachte das Wesen, dieser Plan war einfach genial. Mit den Wächtern, die er für seine Zwecke eingespannt hatte, hatte Shannon sich selbst den Strick geknüpft, der ihm jetzt das Genick brechen würde.
    Bei der ersten Begegnung mit Shannon war das Wesen mit Nora Finns Forschungstagebuch geflohen, in der Hoffnung, den Namen des Jungen darin zu finden – doch den hatte die Linguistin klugerweise vermieden zu notieren. Aber noch immer war das Wesen im Besitz ihres Buches, und nun war es an der Zeit, Gebrauch davon zu machen.
    Shannon eine Falle zu stellen, stellte es vor eine besondere Herausforderung, denn es konnte in den Bibliotheken nicht zauberschreiben. Indes konnte das Wesen Texte von draußen in die Bibliothek hineinzaubern. In das Quartier des alten Narren einzudringen würde sich als weitaus schwieriger erweisen. Es würde ihn diesen Golem kosten, um das Buch zu deponieren. Noch drängender war das Zeitproblem: Das Wesen würde in dieses erbärmliche Dorf hinunter und wieder hinauf laufen müssen.
    Doch es wäre zu schaffen, wenn es seine Flüche jetzt gleich aussandte.
    Das Wesen drehte sich um und machte sich zum nächstgelegenen Turm auf. Es brauchte Shannon gar nicht aus dem Weg räumen, das würden schon die Wächter für ihn erledigen.

Kapitel 23
    Als Nicodemus die Tür zum Gemeinschaftsraum öffnete, waren die Kerzen verloschen und das Feuer schwelte nur noch leicht. Aufregung und Angst waren mittlerweile von ihm abgefallen. Nun knurrte sein Magen, die Wunde an seiner Wange pochte, und seine Augen brannten vor Müdigkeit.
    »Flammender Himmel«, grummelte er und stolperte durch den dunklen Gemeinschaftsraum. Was, wenn er morgen nicht von seinen Lehrlingspflichten befreit würde? Müsste er sich dann Gänge schrubbend vor einem Golem in Sicherheit bringen?
    Mit dem Schienbein war er gegen etwas Hartes gestoßen. Was immer es war, es schlug polternd zu Boden. »Beim Blute des Los!«, fluchte er. Als er danach tastete, bekam er ein eckiges Stuhlbein zu fassen. Aus Johns Kammer drang nun das Quietschen eines Bettgestells.
    Nicodemus hob den Stuhl auf. »Fesselt und knebelt sie dafür, dass sie nicht aufgeräumt haben«, knurrte er. »Wenn ich sie nur …«
    Als sich die Tür öffnete, fiel ein schmaler Lichtstreifen in den Raum. »Simple John?«, fragte Simple John.
    Im Nu schmolz Nicodemus’ Ärger dahin. »Schon gut, John. Ich bin nur gestolpert.« Die Tür schwang weiter auf, und der Gemeinschaftsraum wurde von dem wechselhaften Licht aus Johns Kamin erhellt. »Mir geht es gut, John.«
    Besorgt studierte der Hüne Nicodemus’ Gesicht. »Nein«, sagte er und stapfte hinüber zu seinem Leidensgenossen. Eine mächtige Pranke

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