Nie mehr ohne deine Küsse
Lederstiefel.
Leise und ruhig sprach sie mit Biscuit. Wenn sie den Kopf bewegte, wippte der lange dunkle Pferdeschwanz, während Biscuit gelegentlich mit dem Kopf schlug, als würde sie Lily zustimmen.
Lily schien Ethans Blick in ihrem Rücken zu spüren, denn plötzlich drehte sie sich um und sah ihn über die Schulter hinweg an.
Brady telefonierte noch immer. Es klang, als würde er noch eine Weile beschäftigt sein. Also lenkte Ethan Tinker in Lilys Richtung. Als er den Zaun erreichte, stieg er ab. Dies war die perfekte Gelegenheit, um sich zu entschuldigen.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte Lily und kam an das Gatter, während sie besorgt hinüber zu Brady schaute.
„Alles in Ordnung. Brady musste nur gerade einen Geschäftsanruf annehmen, also dachte ich mir, ich komme kurz zu dir rüber, um mich zu entschuldigen.“
„Entschuldigen? Wofür denn?“
Sie wirkte ernsthaft verwirrt.
„Für heute Morgen …“
Irritiert schüttelte sie den Kopf. „Ich bin diejenige, die sich entschuldigen muss. Es war mir furchtbar unangenehm …“
„Das habe ich gemerkt.“
„Ich hatte gerade überlegt, wie ich mich bei dir entschuldigen könnte, und da kamst du auch schon in den Stall. Daher war ich nicht ganz vorbereitet.“ Verlegen sah sie zu Boden.
„Na ja …“ Tinker unterbrach ihn, indem er Ethan zuerst mit dem Kopf anstieß und sich dann an Lilys Schulter rieb. Im nächsten Moment schnappte er nach ihrem Zopf und zerrte daran.
„Hey!“, schimpfte sie und musste im nächsten Moment lachen, als Tinker sie unschuldig ansah. Sie kraulte ihn ein wenig zwischen den Augen, seiner Lieblingsstelle.
Ethan beobachtete sie erstaunt. Offensichtlich kannte sie sein Pferd bereits sehr gut.
„Ist schon gut, du kleiner Schlingel“, murmelte sie zärtlich und schwang ihren Zopf über die Schulter, damit Tinker nicht wieder nach ihm schnappen konnte.
Brady hatte Lily ganz falsch eingeschätzt. Sie war kein bisschen schüchtern, sondern nur ein wenig introvertiert. Aber das hatte er sich ja bereits heute Morgen gedacht. Ethan konnte es kaum erwarten, Brady aufzuklären. Der hasste es nämlich, im Unrecht zu sein.
„Er scheint dich zu mögen. Und Tinker mag definitiv nicht jeden.“
„Er weiß genau, dass ich seinem Charme nicht widerstehen kann. Zwar hat es mit uns am Fluss nicht besonders gut angefangen, aber irgendwie hat er es geschafft, meine Sympathie zu wecken. Und jetzt verstehen wir uns blendend. Nicht wahr, mein Junge?“, flüsterte sie ihm ins Ohr.
„Na dann besteht für mich ja auch noch Hoffnung“, scherzte Ethan.
Lily erstarrte. Dann sah sie ihm zum ersten Mal seit ihrer Begegnung am Fluss wieder in die Augen. Ihre Mundwinkel zuckten amüsiert. „Vergleichst du dich etwa mit deinem Pferd?“
Nein, Lily war ganz und gar nicht schüchtern. Diese Erkenntnis löste etwas in Ethan aus.
„Oh, ja, wir haben viel gemeinsam“, erklärte er, bemüht, ernst zu bleiben.
Für einen Moment blieb Lily der Mund offen stehen, doch sie hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. „Also stimmen die Gerüchte tatsächlich …“, murmelte sie.
„Welche Gerüchte meinst du?“
„Dass du ein kleiner Charmeur bist, der es faustdick hinter den Ohren hat.“
Er grinste.
„Jetzt hast du mich enttarnt.“
„Wenigstens gibst du es zu.“
„Ehrlichkeit währt am längsten, findest du nicht?“
Sie überlegte einen Moment. „Meistens.“
„Meistens? Nicht immer?“, fragte Ethan überrascht.
Ein leichter Schatten glitt über ihr Gesicht. Er wäre ihm mit Sicherheit entgangen, wenn er sich nicht so auf sie konzentriert hätte.
„Das Leben ist zu kompliziert, um alle Dinge in Schwarz oder Weiß einzuteilen. Manchmal ist eine kleine Lüge besser als die Wahrheit.“
„Da muss ich dir widersprechen, Lily.“
„Ach ja?“ Stirnrunzelnd legte sie den Kopf auf die Seite. „Du glaubst also, man sollte immer die Wahrheit sagen?“
„Ja.“
„Das hätte ich gar nicht von dir gedacht“, spottete sie lächelnd.
Ohne es zu wollen, versteifte Ethan sich.
„Und warum nicht?“
„Ganz einfach: Deine Familie besteht ausschließlich aus Politikern.“
Sein plötzlicher Lachanfall ließ die Köpfe der beiden Pferde hochzucken. „Dann weißt du ja, woher meine Sehnsucht nach Ehrlichkeit kommt.“
Lily musste ebenfalls lachen.
In diesem Moment kam Brady mit Spider auf sie zu. „Na, das sieht ja schon viel besser aus als vorhin“, bemerkte er.
Prompt errötete Lily bei seinen
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