Nie wieder Ferienhaus
heute wenigstens die Brötchen gebracht werden, das ist doch Urlaub!«
Es war sicherlich nur ein Scherz, ich lachte auch, aber trotzdem setzte sich in mein Kleinhirn neben die Frage »Warum will diese Frau so viele Kinder?« noch der Gedanke: »Mein erster Eindruck hat mich nicht getäuscht. Du bist doch eine dumme Kuh!«
Der Streichelzoo
Edda hatte ein kleines rothaariges Mädchen kennen gelernt, die Melanie aus Grevenbroich. »... und, Papa, die Melanie hat gesagt, um acht Uhr morgens und um acht Uhr abends füttert Wilhelma die Tiere!«
Anne und ich sahen uns an. »Das Mädchen kann gar nicht aus Grevenbroich kommen, die Wilhelma ist der Zoo in Stuttgart!« – »Vielleicht wohnen Oma und Opa in Stuttgart? Ich bin auch immer mit meinem Opa in den Zoo gegangen!«
»Papa, beeil dich, Melanie hat gesagt, es geht gleich los!«
Wir waren beide scheinbar noch nicht lange genug auf De Grevelinge ! Wilhelma war die Mutter von Wim, und um acht Uhr morgens und um acht Uhr abends fütterte sie die Tiere im Streichelzoo. Aber das machte sie nicht allein!
Mindestens siebenundzwanzig Kinder halfen, die mindestens siebenundzwanzig Tiere zu füttern. Das Erstaunliche dabei war, dass die siebenundzwanzig Tiere es durchaus zu genießen schienen. Unser ganz großes Manko an diesem Tag war, dass wir die Gepflogenheiten des Streichelzoos beim Frühstück noch nicht kannten, sonst hätten wir zwei Brötchen mehr gekauft. Unser Brötchenbestand war von den Familienmitgliedern ratzeputz vertilgt worden.
Edda war gar nicht erbaut davon, dass sie jetzt keine überzähligen Brötchen hatte, um das Hängebauchschwein, die kleinen Ziegen, die Kaninchen, die Meerschweinchen und die beiden Ponys damit vor dem sicheren Hungertod zu retten.
Ich konnte mir Wilhelma sehr gut in einer holländischen Frau-Antje-Tracht vorstellen. Sie hatte damals den Campingplatz mit aufgebaut, jetzt hatte sie ihn an den Sohn übergeben und genoss ihren wohlverdienten Ruhestand.
Normalerweise!
Nur um acht Uhr morgens und um acht Uhr abends, da betreute sie die Tiere, aber eben auch die Kinder. Sie sorgte schon dafür, dass jedes Kind etwas zum Verfüttern hatte, und sie erklärte Edda und Tristan, dass Antje wohl bald werfen werde.
Es ist nicht einfach mit den ganzen holländischen Mädchennamen, aber selbst ich hatte relativ bald verstanden, dass diese Antje jetzt nicht etwa eine Verwandte von Wilhelma war, sondern die Hängebauchschweinfrau, und auch Tristan hatte schnell kapiert, dass es wohl bald Babys geben würde. Aber warum diese Babys geworfen wurden, wohin so ein Hängebauchschwein seine Babys wirft, wie weit und wie hoch, das waren schon Fragen, die noch ausdiskutiert werden mussten.
Die Meerschweinchen wollten sich einfach nicht zeigen, die fanden ihre Behausung wohl gemütlicher als das Fütterungsstadion. Ganz anders die Zwergziegen, und Zwergziegen sind schon was Niedliches. Ich dachte tatsächlich darüber nach, ob sich nicht zweioder drei davon gut in unserem Reihenhausgarten machen würden.
Ich war mir sicher, dass es ein toller Abend war, bestimmt ein besonderes Urlaubshighlight für die Kinder. Das genau waren meine Gedanken, als Tristan beim Füttern und Streicheln von genau so einem kleinen Ziegenbock gebissen wurde. Er wurde so stark gebissen, dass ein Zahnabdruck nicht wirklich zu sehen war. Aber für ihn stand auf jeden Fall fest, dass er nie, nie wieder zu diesen Bestien ins Gehege gehen würde.
»Na gut, dann gehen wir halt nicht mehr zum Streichelzoo!«
Edda hatte da ganz andere Pläne. Sie wollte gar nicht mehr nach Hause, um die Geburt von Antjes Baby nicht zu verpassen.
»Nee, jetzt ist aber Schluss, ihr müsst langsam ins Bett, morgen ist auch noch ein Tag!«
Ich weiß nicht, warum kleine Mädchen den Zwang verspüren, sich hinzuwerfen und mit den kleinen Fäusten auf den Boden zu trommeln, um Eltern davon zu überzeugen, komplette Tagesabläufe umzuschmeißen. Sie tun es einfach! Und sie bleiben da einfach liegen.
»Edda, wir gehen jetzt nach Hause!« Keine Reaktion. »Wir kommen morgen früh sofort wieder hierher. Das dauert bestimmt noch, bis die Hängebauchschweinbabys kommen!« Keine Reaktion.
Man kennt das ja aus Supermärkten, Kleinkinder, die den gewünschten Schokoriegel nicht kriegen, können die Schlange an der Kasse ungefähr genauso langeaufhalten wie die Kassiererin, die immer vor mir die Rolle wechseln muss.
Das schönste Beispiel hatte ich mal in Köln-Rodenkirchen vor einem Spielwarengeschäft
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