Nie wieder Ferienhaus
schon zwei Campingtische mit vielen Schüsseln beladen worden. Annes griechischer Salat konkurrierte mit dem Nudelsalat von Wilma, Ullas Spezialität war ein Zaziki mit Gurken, das jede Tandem-Achse in der folgenden Nacht überflüssig machte. Josie hatte Pudding gekocht – richtig wie früher mit Haut drauf. Ob das jetzt alles so richtig zu Muscheln passte, wusste ich nicht. Aber es war mir auch ziemlich egal.
Unsere Windschutze waren zu einem Irrgarten aus Baumwollstoff umfunktioniert worden, den kein einziger Windhauch hätte durchdringen können. In der Mitte stand ein Doppelgaskocher, und darauf thronte Jans Kasserolle.
Er hat mir das Rezept anvertraut. Ich weiß nicht genau, ob ihn zwei bis drei Genever dazu verführten, seine Berufsehre zu verraten! Wahrscheinlich würde er es mir immer wieder aufschreiben, sei es, weil ich so ein netter Kerl bin oder weil der Holländer als solcher, was Muscheln angeht, auch eine Mission zu erfüllen hat.
Also: Zunächst muss man die Muscheln zwei Stunden mit klarem Wasser spülen, damit man nicht auf zu vielen Sandkörnern rumbeißt. Dann werden Wasser und trockener Weißwein in den Topf gefüllt – übrigens weniger Wasser als Weißwein –, außer Muscheln gibt man noch Zwiebeln, Sellerie, Knoblauch, Porree, Möhren, weißen Pfeffer aus der Mühle und Salz dazu, und lässt alles nur sieben bis acht Minuten kochen. Wenn sich die Muscheln öffnen, sind sie gut!
Man serviert die Köstlichkeit mit Stokbrood . Wenn Sie zu Hause keinen Warmen Bakker haben, also wenn Ihr Bäcker zu Hause Stokbrood nicht versteht, sagen sie einfach Baguette. Es ist nicht das Gleiche, aber es kommt dem schon ziemlich nahe.
Halt, bevor ich es vergesse! Vier Krebse waren noch mit im Topf. Jan erklärte uns genau, wie man sie isst. Auf De Grevelinge konnte man Rasenmäher leihen oder Fahrräder, aber ein Hummerbesteck?
Hilde war im büsingerschen Haushalt für sämtliche handwerklichen Arbeiten zuständig. Und Hilde war es, die die entscheidende Idee hatte. Kein Campinghaushalt verfügt über das notwendige Instrumentarium, um Meeresschalentiere zu öffnen, aber jeder nennt eine Rohrzange sein Eigen.
Das Bild, wie wir versucht haben, die Krebse mit der Rohrzange zu öffnen, möchte ich hier nicht näher beschreiben, ich erzähle lieber noch etwas über die Genever -Diskussion, die nach dem Essen entbrannte.
War nun der Jonge Genever oder der Oude Genever der adäquate Digestif nach einem Muschelfestmahl? Der Jonge Genever ist klar, nur einmal destilliert, er hat so fünfunddreißig Umdrehungen, und er wird eiskalt serviert. Der Oude Genever ist gelblich braun, etwas stärker und zweimal destilliert. Die in unserer Degustation befindliche Spirituose hatte schon sieben Jahre Lagerung auf dem Buckel, bevor sie nun unser Muschelfest abrunden sollte.
Ich sah die Möglichkeit, meine bei westfälischen Schützenfesten erworbenen Genever -Kenntnisse einzubringen:
»Aber es gibt doch auch noch den roten, den Bessen Genever !« Ich wurde aufgeklärt, dass das gar kein richtiger Genever ist, der hat nur 17 Vol% und ist eher was für das Vrouwvolk , also Weiberkram.
Es blieb also bei oud gegen jong . Oude oder Jonge Genever , das war wie Mercedes gegen BMW, das war wie Bayern gegen 60, da ging es um Weltanschauungen. Jeder wollte mich von seinem Hochprozentigen überzeugen, und ich konnte mir nicht einfach so eine Meinung bilden, ich musste als Außenstehender sehr diplomatisch vorgehen; ich probierte sie einige Male gegeneinander, wie oft genau, das entzieht sich dummerweise im Nachhinein meiner Erinnerung.
Ich glaube weiterhin, dass mir von den vielen Muscheln schlecht geworden ist, aber Anne ist felsenfest davon überzeugt, ich war hinterher einfach nur sternhagelvoll.
Das Waschhäuschen und die eiskalte Berechnung
Die Qualität eines Campingplatzes bemisst sich nicht nach der Anzahl an Leihrasenmähern oder der Verfügbarkeit von deutschen Tageszeitungen im Supermarkt. Es geht schlicht und ergreifend darum, ob man sich wohl fühlen kann. Und für das Wohlfühlen gibt es, wie die Mathematiker sagen, eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Voraussetzung. Die Waschhäuschen müssen erstens vorhanden, zweitens sauber und drittens nicht überfüllt sein.
Man kann es nicht anders sagen: Wir hatten Glück. Es gab vier Waschhäuschen auf De Grevelinge . Jedes war ausgerüstet mit zehn Duschen, in die man keine Marken einwerfen musste, zehn Toiletten, die zum Glück in einem separaten Raum
Weitere Kostenlose Bücher