Nie Wirst Du Entkommen
da.« Er entfernte sich ein paar Schritte und blickte aufs Display. Tess Ciccotelli!
»Was ist?«, fragte er ohne Einleitung.
»Sie müssen kommen.« Sie klang atemlos und beinahe panisch. »Ich habe wieder einen Anruf bekommen.«
»Murphy«, rief Aidan scharf. »Wir müssen los. Wer ist es diesmal, Tess?«
»Malcolm Seward.«
Aidan, der sich bereits in Bewegung gesetzt hatte, blieb abrupt stehen, so dass Murphy gegen ihn stieß. »Der Football-Spieler?« Nicht nur irgendein Football-Spieler. Eine Legende! Malcolm Seward war einer ihrer
Patienten?
»Ja. Bitte, Detective, beeilen Sie sich. Hier ist die Adresse.«
Er klemmte das Handy zwischen Schulter und Ohr und kritzelte die Adresse auf seinen Notizblock unter die Namen der vier Frauen. Es handelte sich um eine teure Wohngegend, nicht weit von Ciccotellis Wohnung entfernt. »Wo sind Sie jetzt?« Er hörte ein Auto hupen und Reifen quietschen und etwas, das sich anhörte, als ob Ciccotelli »Arschloch« gezischt hätte, »Tess? Alles in Ordnung?«
»Ja, alles okay, keine Sorge. Ich laufe gerade in das Wohnhaus rein. Siebter Stock. Machen Sie schnell.«
»Tess, warten Sie! Warten Sie auf uns!« Aber sie hatte schon aufgelegt. »Los, Murphy«, sagte er, und sie begannen zu laufen.
Ihr Herz hämmerte. Wild. Sein Rhythmus bestimmte ihr Tempo, als sie die Glastüren von Sewards Wohnhaus aufstieß.
Der verdatterte Portier reagierte Sekunden zu spät. »Moment! Sie können da nicht einfach hoch!«
»Ich bin Ärztin!«, keuchte sie mit einem Blick über die Schulter. »Das ist ein medizinischer Notfall.« In diesem Augenblick glitt eine Aufzugtür zur Seite, und nach einem winzigen Zögern sprang sie hinein und hämmerte auf die Taste für den siebten Stock. Das Heulen von Sirenen durchdrang das Pochen in ihrem Kopf, als die Tür sich schloss. Die Polizei war fast da. Nur noch einen Block entfernt.
Nur sieben Etagen. Nur noch sechs. Sie fixierte die Digitalanzeige und zählte ihre Herzschläge, während der Fahrstuhl aufwärtsstieg.
Malcolm Seward, ein Football-Spieler mit einer ungeheuren aufgestauten Wut. Sie sog mühsam Luft in die brennenden Lungen. Der Team-Arzt hatte ihn zur Therapie geschickt, nachdem er in einem Streit, der abseits des Spielfelds und zum Glück abseits jeder Kamera stattgefunden hatte, einem anderen Spieler das Gesicht zerschlagen hatte.
Sie hatte rasch erkannt, was sein Problem war, obwohl er Monate gebraucht hatte, bevor er so weit gewesen war, es auszusprechen.
Die Fahrstuhltür öffnete sich, und Tess taumelte in den Flur. Sewards Wohnung war leicht auszumachen, denn es drang wildes Gebrüll gemischt mit entsetzten, schrillen Schreien in den Korridor.
»Nein. Lieber Gott, nein! Malcolm! Bitte!« Eine Frau schrie.
Er sagt, er will sie umbringen.
Aber sie war noch nicht tot.
Ich bin noch nicht zu spät.
Die Metalltür hing verbeult in ihren Angeln. Sie starrte sie einen Moment an, versuchte, sich zu sammeln. Er hatte die Tür eingeschlagen.
Wo sind die Cops? Sie hätten vor mir hier sein müssen.
Aber sie waren noch nicht da, und die Schreie hatten aufgehört. Nun war nur noch ein entsetztes Wimmern zu hören, was sogar noch schlimmer war.
»Bitte, Malcolm.« Das Flüstern der Frau war angestrengt, heiser. »Bitte, ich verlasse dich nicht. Ich sage nichts.«
»Du lügst. Du miese Schlampe. Lüg mich nicht an.«
»Ich lüge nicht. Ich …« Ein ersticktes Kreischen.
Tess konnte nicht länger warten. Sie drückte die Tür ganz auf und erstarrte. Nicht weit vom Eingang entfernt stand Malcolm Seward, eins sechsundneunzig geballte Muskelmasse und brodelnder Zorn, der seine zierliche Frau mit dem Unterarm an ihrer Kehle auf den Boden drückte. Die andere Hand presste ihr eine Pistole an die Schläfe.
Ihr Name,
überlegte Tess panisch.
Wie heißt sie? Gwen.
Tess zwang sich zum Atmen, zur Ruhe. Was nicht leicht war angesichts der Tatsache, dass Gwens Augen aus den Höhlen quollen. Ihre kleinen Hände krallten sich in seinen Arm, aber es hatte keine Wirkung. Nun sah sie Tess direkt an und flehte lautlos um Hilfe.
»Malcolm«, sagte Tess so ruhig, wie es ihr möglich war. »Lassen Sie sie los. Ich kann Ihnen helfen, wenn Sie sie loslassen.«
Gwen rang keuchend um Luft und begann, wild mit den Beinen zu strampeln. Aber der Mann war wie ein Fels; auf dem Spielfeld stürmte er mit dem Ball unterm Arm auch dann noch weiter, wenn drei Kolosse von Männern an ihm hingen. Seine zarte Frau war als Gegnerin nicht bedeutender als ein
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