Nie Wirst Du Entkommen
Käfer.
Seward sah auf, sein Blick war wild. Anklagend. Der Schweiß klebte ihm das T-Shirt an den Körper. »Sie haben es ihr gesagt. Sie haben mir versprochen, dass Sie es nicht tun würden, aber Sie haben es doch getan!«
Tess hielt die Hände nach oben.
Ihr Herz hämmerte erneut zu schnell, aber diesmal war es Furcht. Wieder diese Frau. Die Frau, die ihre Stimme auf Cynthias Anrufbeantworter imitiert hatte, hatte auch ihn getäuscht. »Lassen Sie Gwen los, Malcolm.«
»Nein.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Sie wird mich verlassen. Und es allen sagen.« Er packte fester zu, riss seine Frau ein Stück vom Boden. »Niemand verlässt mich.«
»Niemand wird Sie verlassen, Malcolm.« Tess ließ ihre Stimme sanft klingen, melodisch, und sah, wie sein Körper erbebte. »Niemand wird irgendwas sagen.«
Er zitterte jetzt. Tränen strömten ihm über das Gesicht. »Sie haben es ihr gesagt. Sie haben Sie angerufen. Dabei haben Sie mir versprochen, dass Sie es niemals tun würden.« Er schluchzte, riss seine Frau hoch und presste sie mit dem Rücken gegen seine Brust. Gwen hatte zu kämpfen aufgehört. Sie hing in seinem Arm wie eine Stoffpuppe.«
»Nein, Malcolm. Ich habe nichts gesagt.«
»Sie wusste es. Sie
wusste
es.«
Tess Herz setzte aus. Wusste. Nicht weiß.
Wusste.
»Tun Sie ihr nichts. Bitte.«
»Sie hat gesagt, sie wird mich verlassen und es allen sagen. Dann würde ich alles verlieren.
Alles.
« Er verharrte reglos. »Niemand verlässt mich. Niemand sagt etwas.« Er sprach nun sehr deutlich. Sehr akzentuiert.
Dann drückte er ab. Der Schrei blieb in Tess’ Kehle stecken, als Gwen Sewards Körper zuckte, dann erschlaffte. Malcolm warf seine Frau zu Boden, und Tess, die vor Entsetzen erstarrt war, folgte mit ihrem Blick. Blut sickerte aus Gwens Schädel und durchtränkte den hellen Berberteppich. Gwen Seward regte sich nicht mehr. Sie war tot. Malcolm hatte seine Frau getötet.
Plötzlich war Tess wieder hellwach.
Verschwinde. Lauf.
Sie machte auf dem Absatz kehrt, aber er war schneller, und in einem Bruchteil einer Sekunde hatte er sie gepackt. Tess schlug und trat nach ihm, aber sein Unterarm schlang sich um ihre Kehle, und der Lauf der Pistole presste sich gegen ihre Schläfe. Seine Stimme, ganz nah an ihrem Ohr, war nun ganz ruhig.
»Niemand sagt etwas«, sagte er. »Gwen nicht. Und Sie auch nicht.«
Aidan ballte die Fäuste an den Seiten. Dieser verdammte Fahrstuhl bewegte sich zäh wie Kaugummi, und seine Innereien schienen sich verflüssigt zu haben. Murphy schwieg beharrlich, und seine Hände hingen ruhig herab. Aber seine Augen verrieten ihn. Schüsse. Geisel. Tess Ciccotelli.
Und wenn wir zu spät kommen? Lieber Gott, lass uns nicht zu spät kommen.
Endlich öffnete sich der Aufzug, und Aidan musste sich zwingen, nicht hinauszustürmen, sondern sich dem Ort des Geschehens vorsichtig zu nähern. Das Wohnhaus war wie ein Hotel aufgebaut, die Flure elend lang. Sechs Uniformierte standen mit gezückten Waffen links und rechts vor einer offenen Tür. Einer der Cops kam mit grimmiger Miene auf sie zu. »Ripley, Sir. Mein Partner und ich waren zuerst hier.«
»Wie ist die Lage?«, fragte Murphy.
»Er hat seine Frau in den Kopf geschossen und weigert sich, unsere Sanitäter hineinzulassen. Aber es sieht nicht so aus, als ob sie noch atmet.«
»Und der Doktor?«, fragte Aidan und hielt unwillkürlich die Luft an.
Ripleys Blick flackerte. »Er hält sie fest und drückt ihr eine Waffe an den Schädel.«
Aidan zuckte zusammen. Das Bild stand nur allzu lebhaft vor seinem inneren Auge.
Murphy schluckte hart. »Schon wieder.«
Ripley neigte den Kopf. »Bitte, Detective?«
»Sie ist schon einmal bedroht worden«, sagte Murphy rauh. »Von einem Insassen, für den sie ein Gutachten erstellen sollte.« Sie setzten sich in Richtung Wohnungstür in Bewegung. »Haben Sie einen Geiselspezialisten holen lassen?«
»Wir haben angerufen, aber er ist eine halbe Stunde Autofahrt entfernt.« Ripley blieb kurz vor der Tür stehen und senkte die Stimme. »Hinter ihm befindet sich ein großes Fenster. Wenn wir einen Scharfschützen im Gebäude gegenüber postieren, könnte der einiges erreichen. Wir haben diese Etage, darunter und darüber evakuieren lassen.«
»Ich rufe Spinnelli an«, sagte Murphy und entfernte sich ein Stück, damit man ihn nicht mehr hören würde.
Aidan streifte seinen Mantel ab. »Lassen Sie mich versuchen, mit ihm zu reden.«
Der Officer schüttelte den Kopf. »Ich glaube
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