Nie Wirst Du Entkommen
heute am besten übernachten sollte.
Bei mir.
Und zu seinem maßlosen Erstaunen war dieser Wunsch nicht rein sexuell bedingt. Tatsächlich wollte er vor allem, dass sie in Sicherheit war.
Dann
erst wollte er sie nackt. Er schaffte es, ernsthaft zu nicken. »Das ist wohl das Beste.«
Ihre Freunde sahen gerade die Nachrichten, als sie eintraten. Beide sprangen augenblicklich auf die Füße. Jon Carter durchquerte das Wohnzimmer mit zwei langen Schritten und zog sie in seine Arme, und diese besitzergreifende Geste passte Aidan gar nicht.
Er ist nur ein Freund.
Tess hatte es ihm gesagt, und wahrscheinlich glaubte sie auch daran, aber es war für Aidan sehr offensichtlich, dass der gute Dr. Carter das nicht ganz so sah. Endlich löste der Mann sich von Tess und schnitt ein Gesicht. »Gott, Tess, du siehst aus, als ob du mit mir in der OP warst. Und du riechst auch so. Was hast du im H …« Er brach ab, als Tess sich versteifte. Carters entsetzter Blick richtete sich auf Aidan, der bestätigend nickte.
Carter wurde blass. »Dann ist es also wahr.«
»Es ist von ihr«, sagte Tess dumpf. »Es klebte an ihm, und als er mich packte …«
Carter legte ihr den Arm um die Schulter. »Ab in die Dusche, Liebes.«
Sie machte sich von ihm los. »Ja, aber nicht hier, Jon.«
Carter zog die Brauen zusammen. »Und warum, bitte schön, nicht?«
Aidan trat vor. »Was genau haben Sie in den Nachrichten gesehen?«
»Dass ein dritter Patient von Tess erst seine Frau, dann sich selbst getötet hat«, meldete sich Amy Miller zu Wort. »Und dass Tess der Presse verraten hat, dass er homosexuell ist.« Sie hob das Kinn und starrte Aidan herausfordernd in die Augen. »Aber wir wissen, dass das nicht stimmt.«
»Er glaubt mir, Amy, aber einige meiner Patienten werden das wahrscheinlich nicht tun«, sagte Tess, und Miller richtete ihren Blick voller Unbehagen auf ihre Freundin. Aidan fiel wieder ein, was Tess gestern Abend gesagt hatte.
Ich bin mir nicht sicher, ob sie noch meine Anwältin ist.
Sie hatten Streit gehabt, Tess und diese Amy, und nun war die Atmosphäre im Raum mit unausgesprochenen Worten aufgeladen. »Ich werde mir heute Nacht ein Hotelzimmer nehmen. Ich sage euch, wo ich bin, wenn es so weit ist.«
Miller nickte, die Kiefer zusammengepresst. »Wahrscheinlich ist das das Beste.« Sie warf Aidan einen misstrauischen Blick zu. »Brauchst du immer noch eine Anwältin?«
»Nein.« Sie schluckte und räusperte sich. »Aber ich brauche ganz sicher eine gute Freundin.«
Und bei diesen Worten machte Amy es Dr. Carter nach, war mit wenigen Schritten bei Tess und schlang ihre Arme um sie. Sie hielten sich eine lange Weile umarmt. »Jon hat recht, Tess« sagte Amy, als sie sich schließlich löste. »Du solltest besser jetzt duschen. Ich packe dir ein paar Sachen.«
Tess schüttelte den Kopf. »Ich möchte mir wirklich erst ein Zimmer nehmen. Wenn ich erst mal unter der Dusche war, falle ich sofort ins Bett.«
Aidans Blut rauschte pulsierend in seinen Ohren, während sie mit ihrer Anwaltsfreundin in ihr Schlafzimmer ging. Sie wusste ja nicht, wie exakt sie ausgedrückt hatte, was seine überaktive Libido sich gerade ausgemalt hatte.
»Sie wissen, dass sie das nicht getan hat«, sagte Carter und riss ihn damit wieder in die Realität.
»Ich darf mit Ihnen nicht darüber reden, was ich weiß oder nicht«, erwiderte Aidan knapp. Dann veranlasste ihn eine wenig nette Regung dazu, eine Handgranate in die Unterhaltung zu werfen. »Immerhin könnten Sie in diese Sache verwickelt sein.«
Carter starrte ihn ungläubig an. »Sie haben ja den Verstand verloren.«
»Was für eine Glück, dass eine Psychiaterin in der Nähe ist.«
Plötzlich warf Carter den Kopf zurück und lachte. »Sie sind gut, Reagan. Einen Augenblick lang hatten Sie mich wirklich.« Noch immer lächelnd schüttelte er den Kopf. »Sie glauben, dass Tess und ich …?« Er beendete den Satz nicht. »Tja, sind wir nicht.« Er wurde plötzlich wieder sehr ernst. »Aber sie ist eine sehr, sehr gute Freundin, und ich will nicht, dass ihr etwas geschieht.«
»Da sind wir einer Meinung.«
»Ist sie in Gefahr, Detective?«
»Im Moment nicht, nein.« Aidan hob die Schultern. »Ich bin nur vorsichtig.«
Carter nickte. »Das sollten Sie wohl auch sein.« Abrupt drehte er sich um und zog eine Schublade eines der Tischchen auf, die hinter Tess’ Sofa standen. Er fühlte sich hier ganz wie zu Hause, bemerkte Aidan düster. Carter holte ein Blatt Papier heraus und
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