Nie wirst du vergessen
„Er
und Joshua Täte gehören zusammen. Ihnen ist doch klar, worum es geht, nicht
wahr? Selbst wenn das nicht Winters' Absicht gewesen sein sollte, sieht es doch
so aus, als hätte er Ihren Fall erst übernommen, nachdem er erfuhr, dass sein
Partner die Masons vertritt. Das ist eine äußerst unangenehme Angelegenheit.
Sie verstehen, was ich meine, oder?"
„Sie sind vermutlich der Ansicht, dass es sich um
einen Interessenkonflikt handelt."
Es freute West, dass Lauren so schnell begriffen
hatte. „Das wäre durchaus möglich. Ist es Winters bekannt, dass Sie bei der
Northwestern Bank angestellt sind?"
„Ja."
„Auch, dass Sie die Treuhandabteilung leiten?"
Lauren nickte stumm. Sie war blass geworden.
„Weiß er auch, dass Sie für den Mason-Fonds verantwortlich
sind?"
Diese Frage hatte Lauren befürchtet. Sie war ihr schon
den ganzen Nachmittag durch den Kopf gegangen. „Ich glaube nicht. Nein, Mr.
West, das konnte er nicht wissen. Jedenfalls nicht von mir. Ich habe es nie
erwähnt."
„Aber die Erben des Mason-Fonds ... Wie heißt doch
gleich der Kerl, der die Klage gegen uns eingereicht hat? Ach ja, Hammond
Mason. Er hat vielleicht mit Winters gesprochen, bevor er Täte zum Anwalt
nahm. Möglicherweise weiß Winters es auch direkt von Joshua Täte, oder er hat
vielleicht die Unterlagen bei ihm gesehen. Ihr Name erscheint ja auf vielen
Briefen der Bank."
Lauren umklammerte die Sessellehne. „Das wäre
möglich."
West setzte die Brille ab und rieb sich die Augen.
„Sie verstehen doch, worum es geht. Wir müssen vor Gericht und beweisen, dass
wir uns nichts haben zuschulden kommen lassen. Nur so können wir gegen diese
lächerliche Klage angehen."
„Aber falls herauskommt, dass Zachary Winters mein
Anwalt ist, würden sich die Vorstandsmitglieder und die Aktionäre aufregen.
Das befürchten Sie, nicht wahr, Mr. West?"
„Aufregen ist noch milde ausgedrückt. Falls wir
verlieren - was ich für höchst unwahrscheinlich halte -, müssten wir zwei
Millionen und die Kosten des Verfahrens zahlen. Dann würde man bestimmt eine
genaue Untersuchung verlangen."
„Und all das nur, weil ich Winters mit meiner Angelegenheit
betraut habe", sagte Lauren leise.
„Genau."
„Sie möchten also, dass ich mir in meiner Sache einen
anderen Anwalt nehme?"
George West lächelte. „Das würde vieles erleichtern,
Lauren."
Kalter Schweiß perlte auf Laurens Stirn. Nein, sie
konnte Zachary Winters nicht aufgeben und sich einen anderen Anwalt besorgen.
Und sie wollte es nicht. Außerdem war sie fest überzeugt, dass er sie nicht
ausnutzen würde.
„Nach dem bestehenden Recht können Sie nicht
verlangen, dass ich Mr. Winters den Auftrag entziehe", sagte sie so ruhig
wie möglich.
„Das ist mir durchaus bewusst."
„Wollen Sie sagen, dass mein Job gefährdet ist?"
„Ich möchte nur, dass Sie es sich gründlich überlegen.
Sie haben eine leitende Stellung und eine große Zukunft vor sich. Treffen Sie
keine übereilten Entscheidungen, die das alles infrage stellen könnten. Im
nächsten Monat sind Sie für eine Beförderung vorgesehen. Noch steht dieser
Maßnahme nichts im Wege."
Lauren zitterte vor hilfloser Wut. War denn die ganze
Welt gegen sie? „Es geht um meine Kinder, Mr. West. Ich werde alles tun, um sie
zurückzubekommen. Sie sind mir das Allerwichtigste."
„Und Ihr Job bei uns?"
„Steht erst an zweiter Stelle."
„Ich verstehe Ihre Gefühle und bewundere Sie für
Ihre Stärke, Lauren. Aber ich muss an meine Aktionäre
denken, die von mir erwarten, dass ich ihre Interessen wahrnehme und dass
meine Mitarbeiter ihr Bestes tun."
„Also soll ich den Anwalt wechseln, obwohl mir Winters
von Patrick Evans empfohlen wurde", sagte Lauren verbittert.
West rieb sich das Kinn. „Sie wissen ja wohl alles
über Winters, und der Skandal um ihn scheint Sie nicht zu stören?"
„Nein." Laurens Augen blitzten empört auf. „Winters'
Privatleben interessiert mich nicht. Mich interessiert nur, dass er meine
Kinder findet."
„Ganz gleich, welchen Preis Sie dafür bezahlen müssen?"
„Ja, Mr. West. Sie kennen mich und wissen; dass ich
nichts tun würde, was dem guten Ruf der Bank schaden könnte. Aber ich will
meine Kinder wiederhaben. Und dafür setze ich mich mit aller Kraft ein."
George West stand auf und deutete damit an, dass die
Unterredung beendet war. „Danke, dass Sie mit mir gesprochen haben,
Lauren", sagte er höflich.
„Gern geschehen", erwiderte sie verstört und ging
zur Tür. Zorn stieg in
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