Nie wirst du vergessen
nicht gemeldet. Dann rief ich vor zwei
Tagen noch einmal an und ..."
„Und auch da konnten Sie Mr. Winters nicht erreichen?"
Die Sekretärin schien nicht überrascht zu sein.
„Nein." Lauren
bekam das Gefühl, dass in der Kanzlei Winters & Täte etwas nicht stimmte,
Amanda Nelson schaute so seltsam drein.
„Ich muss ihn so schnell wie möglich sprechen",
bemerkte Lauren jetzt schon ein bisschen sanfter. „Aber das hören Sie bestimmt
sehr oft. Übrigens wurde Mr. Winters mir von meinem Anwalt Patrick Evans
empfohlen." „So?"
„Stört es Sie, wenn ich hier warte?"
Amanda zuckte die Schultern. „Ich glaube nicht, dass
er heute noch in die Kanzlei kommt."
„Nun, ich habe etwas Zeit", erwiderte Lauren.
„Also kann ich noch eine Weile bleiben."
Sie dankte dem Himmel für ihren Bankkollegen und
Freund Bob Harding, der ihr versprochen hatte, sich während ihrer Abwesenheit
um ihre Kunden zu kümmern.
Lauren warf mit einer energischen Kopfbewegung die
dichten kastanienbraunen Locken zurück und setzte sich in einen Sessel. Dann
nahm sie sich ein Wirtschaftsmagazin und fing an zu lesen. Sie war aufs
Äußerste angespannt, aber sie verbarg ihre Nervosität hinter vordergründiger
Ruhe.
Vorsichtig schaute sie sich über den Rand der Zeitschrift
um und stellte beruhigt fest, dass sich keine weiteren Besucher im Empfangsraum
befanden. Ihr fiel auf, wie abgetreten der Teppich neben Amandas Schreibtisch
war und dass die Sitzgruppe ihre besten Tage bereits hinter sich hatte. Die
einst so angesehene Anwaltskanzlei Winters & Täte kam ihr ziemlich
vernachlässigt vor. Und wieder stieg das unangenehme Gefühl in Lauren auf,
dass hier etwas nicht stimmte. Wenn sie nicht so verzweifelt gewesen wäre und
wenn nicht schon zwei andere Anwälte versagt hätten, wäre sie niemals
hierhergekommen. Doch ihr blieb gar nichts anderes übrig.
Bob Harding hatte gemeint, dass Zachary Winters der
einzige Mann in Portland sei, der ihr helfen könne.
„Es ist mir egal, was die anderen Leuten von ihm
halten, Lauren", sagte Bob nachdenklich. „Wenn überhaupt jemand deine
Kinder findet, dann Zachary Winters. Vielleicht sind seine Methoden nicht
immer ..."
„Moralisch?", warf Lauren ein.
Bob Harding rückte seine Brille und Krawatte zurecht.
„Nein, das habe ich damit nicht gemeint. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass
sich Zachary Winters stets ehrenhaft und tadellos verhält. Aber selbst wenn
seine Methoden nicht moralisch wären, wie du es nennst, würde dich das
zurückhalten?"
„Nein." In den neunundzwanzig Jahren ihres Lebens
hatte Lauren eine Menge durchgemacht. Sie war überzeugt, mit Winters fertig zu
werden, falls er doch nicht ganz so ehrenhaft sein sollte.
Aus ihren früheren Erlebnissen hatte sie einiges
gelernt. Ihr erster Anwalt, Tyrone Robbins, war ein eitler, egoistischer,
zweitklassiger Anwalt gewesen, der sich weniger für ihren Fall als für sie
selbst interessierte. Doch so bitter diese Erfahrung auch gewesen sein
mochte: Es hatte sich nichts an Laurens Entschlossenheit geändert, ihre Kinder
zu finden. Schlimmer als Tyrone Robbins konnte Winters gar nicht sein.
Eine Woche nach dem Gespräch mit ihrem Kollegen Bob
erwähnte auch ihr zweiter Anwalt, Patrick Evans, den Namen Zachary Winters.
Deutlich erinnerte sich Lauren an jedes Wort.
„Vor fünf Jahren hätte ich Ihnen keinen anderen als
Winters empfohlen", sagte Patrick Evans.
„Und jetzt?"
„Das kommt darauf an, wie wichtig Ihnen diese
Angelegenheit ist, Lauren."
„Ungeheuer wichtig. Schließlich handelt es sich um
meine Kinder."
„Dann sollten Sie sich mit Winters in Verbindung
setzen." Patrick Evans holte eine vergilbte Visitenkarte aus der
Brieftasche. „Hier, nehmen Sie sie. Aber denken Sie daran, dass sich mit
Zachary Winters einiges geändert hat. Vielleicht übernimmt er Ihren Fall auch
gar nicht."
Doch Lauren war mit der Visitenkarte in der Hand und
entschlossener denn je aus dem eleganten Büro von Evans, Peters, Willis &
Kennedy geeilt.
Von irgendwoher drang der leise Klang einer Wanduhr
an Laurens Ohr und brachte sie aus der Erinnerung in die Gegenwart zurück. Sie
warf einen Blick auf die Armbanduhr und stellte fest, dass sie bereits seit
vierzig Minuten auf den Anwalt wartete. Unruhig rutschte sie auf dem Sessel
hin und her und zog ihren Rock glatt. Plötzlich flog die Tür auf, und der Mann,
den Lauren seit zwei Wochen zu sprechen versuchte, betrat den Empfangsraum.
Sein braunes Haar war nass von Regen und Schweiß und
vom
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