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Niedersachsen Mafia

Niedersachsen Mafia

Titel: Niedersachsen Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Mitarbeiter verabschiedeten sich in den
Feierabend. Frauke liebte die späten Stunden, in denen man ungestört und
konzentriert arbeiten konnte.
    Heute beendete sie bereits um Viertel vor sechs ihre Tätigkeit, ließ
ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz des Landeskriminalamts zurück und machte sich
auf den Fußweg zur Lister Meile. Sie wählte den Weg durch die kleine Parkanlage
»Welfenplatz«. Ein paar Kinder tollten dort herum und spielten Fußball. Auf
einer Parkbank hatte sich eine Handvoll Männer zusammengefunden, die Bier
tranken, rauchten und sich lautstark über Möglichkeiten unterhielten, wie man
dem Sozialamt zusätzliche Mittel entlocken konnte. Im Vorbeigehen registrierte
Frauke, dass die Vorschläge sicher nicht ernst zu nehmen waren.
    In der Gretchenstraße passierte sie die Fenster der Pizzeria Italia
und nickte dem Chef zu, der hinter der großen Glasscheibe stand und die
Vorbereitungen für das Abendgeschäft traf.
    Die Lister Meile strotzte vor Urbanität. Ein Geschäft reihte sich
ans andere. Viele davon waren inhabergeführt und unterschieden sich wohltuend
von den Läden der großen Ketten, die überall gleich aussahen. Die Passanten
bildeten eine bunte Mischung aus Einheimischen, die ihren täglichen Bedarf
decken wollten, Menschen, die Vergnügen am Bummeln fanden, und auffallend
vielen Älteren, die auf den Bänken saßen und in stoischer Gelassenheit das
Treiben um sich herum verfolgten oder dem Wasserspiel des modernen Brunnens
zusahen. Auf diesem Stück war die Lister Meile keine Fußgängerzone, sondern
eine Einbahnstraße, die am gleichnamigen U-Bahnhof endete. Über das
kleinformatige rote Betonpflaster rollten nur wenige Fahrzeuge, auch wenn sich
auf den Parkstreifen unter dem grünen Dach der zahlreichen Bäume kaum freie
Plätze fanden. Frauke wunderte sich jedes Mal erneut über eines der seltenen
Hutgeschäfte, das hier noch residierte. Mehrere hölzerne Pavillons säumten die
Straße, die gastronomische Angebote vorhielten, sei es philippinisch,
chinesisch oder italienisch.
    Vor dem Haus mit der angebotenen Wohnung ging ein junger Mann, er
mochte Ende zwanzig sein und trug einen dunklen Anzug mit weißem Hemd, auf und
ab. Das Hemd war am Kragen geöffnet. Der Mann hatte dem Modetrend folgend die
Krawatte weggelassen. Unter den linken Arm hatte er eine blaue Pappmappe
geklemmt, während er sein Handy am Ohr hielt und mit rechts rauchte. Er lief
vor dem Eingang auf und ab und sah sich um.
    »Die Tante ist nicht da«, hörte Frauke ihn sagen. »Ob das wieder
eine Verarsche ist?«
    »Wenn Sie Eberlein sind, dann bin ich ›die Tante‹«, sagte sie und
blieb kurz vor ihm stehen.
    Verdutzt hielt er inne. »Ich muss jetzt Schluss machen«, stammelte
er ins Telefon. »Sind Sie Frau äh …«
    »Nein!«, entgegnete Frauke. »Nicht äh … Mein Name ist Dobermann.«
    »Äh … Mein Name ist Guggenberger. Herr Eberlein ist verhindert.«
    »Sehen Sie das als notwendiges Übel an? Oder wollen Sie mir die
Wohnung zeigen?« Frauke hatte sich über »die Tante« geärgert. Deshalb sah sie
keine Veranlassung, freundlich zu sein.
    »Ja … äh …« Guggenberger wies zur Haustür. »Darf ich vorangehen?«
    Umständlich kramte er aus einem Berg Schlüssel den passenden hervor
und ging voran. Frauke folgte ihm durch den unscheinbaren Eingang mit der
Milchglastür neben dem Herrenmodegeschäft, das das Erdgeschoss des Gebäudes
dominierte. Sie mussten einen langen schmalen Flur entlanggehen, bevor sie die
hölzerne Treppe erklimmen konnten.
    In der Wohnung roch es muffig. Offenbar war schon längere Zeit nicht
mehr gelüftet worden.
    »Wie lange steht die Wohnung leer?«
    »Ja … also … Schon länger«, wich Guggenberger aus.
    Die Wohnung strahlte die Gemütlichkeit von Altbauwohnungen aus. Mit
Ausnahme der Küche und des Badezimmers waren die drei Räume und der Flur mit
Holzdielen ausgelegt. Die Zimmer waren relativ klein, aber für eine einzelne
Person würden sie reichen, überlegte Frauke.
    Während sie die Wohnung inspizierte, folgte ihr Guggenberger und
pries fortwährend die Vorzüge der Immobilie an. Er wies auf das neue Bad hin,
die Verwendung natürlicher Materialien, den Vorzug der Wohngegend und die
energiesparenden Maßnahmen, die man vorgenommen hatte.
    »Wie hoch sind die Nebenkosten?«, fragte Frauke.
    Für einen Moment sah sie in Guggenbergers ratloses Gesicht.
    »Ich lasse Ihnen die letzten Abrechnungen zukommen«, versprach er
und sah dabei auf seine Armbanduhr.

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