Niedersachsen Mafia
Treffen vereinbart.«
Frauke fragte nach Ort und Zeit.
»In Lüneburg vor der Industrie- und Handelskammer Am Sande. Um
Viertel vor zwölf.«
»Wir werden da sein«, sagte Frauke. »Wir müssen anschließend zwei
Observationsteams bereitstellen, die Blechschmidts Partner verfolgen. Außerdem
brauchen wir Fotos, wenn möglich Tonaufnahmen und so weiter.«
»Ich werde mich umgehend mit dem MEK in Verbindung setzen«, versprach Heidenreich.
»Und kein Wort davon zu Blechschmidt«, mahnte Frauke. »Das würde den
Mann nur nervös machen. So professionell wie die Gegenseite vorgeht, möchte ich
nichts riskieren.«
»Wann soll der Zugriff erfolgen?«, fragte Heidenreich nach.
»Kein Zugriff. Der Kurier nützt uns nichts. Wir müssen wissen,
welche Logistik hinter den Lieferungen steckt. Das MEK soll nur observieren. Im Zweifelsfall sollen die Leute
den Kontakt abreißen lassen. Wenn wir uns nichts anmerken lassen, wird es
später zu einem weiteren Kontakt kommen. Haben Sie das verstanden?«
Heidenreich bestätigte es. Dabei klang er eine Spur beleidigt, weil
Frauke ihn wie ein kleines Kind behandelt hatte.
»Sein Problem«, murmelte Frauke vor sich hin und beschäftigte sich
bis Dienstschluss mit dem Durcharbeiten von Protokollen und Berichten.
FÜNF
Frauke hatte eine unruhige Nacht verbracht. Immer wieder war sie aus
leichtem Schlaf hochgeschreckt. Jedes Geräusch im Hotel hatte Irritation
ausgelöst.
Sie hatte ihre Dienstwaffe durchgeladen auf den Nachttisch gelegt
und sich nicht allein auf die abgeschlossene Tür verlassen, sondern ein Glas
auf die Türklinke gestellt. Außerdem hatte sie die Beleuchtung angelassen. Doch
weder in der Nacht noch auf dem Weg zu ihrer neuen Wohnung war ihr etwas
aufgefallen.
Sie hatte ein unbestimmtes Gefühl im Nacken verspürt, als sie die
Haustür aufschloss und unwillkürlich auf den Fleck eingetrockneten Blutes auf
dem Pflaster blickte.
Im Hausflur hatte sie ihre Waffe gezückt und vorsichtig um die Ecken
gelugt. Doch sie traf niemanden an, auch keine Hausbewohner. Die Wohnung war
ebenfalls rein.
Die Möbelleute waren pünktlich und hatten das Bett zügig
zusammengebaut. Auf die Montage des Tisches und der Stühle verzichtete Frauke.
Anschließend fuhr sie ins Landeskriminalamt. Auf dem Flur begegnete sie Thomas
Schwarczer. Er räusperte sich.
»Es gibt einen Hinweis, den wir einem Zufall verdanken. Ein
Autofahrer ist von einer Streife angehalten worden, weil er nach Meinung der
Beamten am Kreisverkehr in der Bückeburger Allee einem anderen Fahrzeug die
Vorfahrt genommen hat. Der Mann hat fürchterlich geschimpft und behauptet, er
hätte überhaupt nichts falsch gemacht im Unterschied zu jenem Idiot – das war
wörtlich – auf dem Motorrad, der ihn am Deisterplatz geschnitten hätte. Da
hätten zwei Leute auf dem Motorrad gesessen, und der Sozius hätte zudem mit ›so
einem langen Ding‹ herumhantiert. Der Autofahrer meint, es wäre eine Stange
gewesen. Den Streifenbeamten fiel auf, dass der Pkw-Fahrer eine Moto Guzzi
erwähnte. Da wäre er sich sicher gewesen, betonte er nach Rückfrage. Ein
Kennzeichen hat er sich nicht gemerkt.«
»Wo war das?«, fragte Frauke.
»Am Deisterplatz«, wiederholte Schwarczer und zeigte die Örtlichkeit
auf dem Stadtplan an. »Von dort zweigt die Bornumer Straße ab, die unter
anderem zum Großmarkt führt.«
»Das muss gestern gewesen sein«, sagte Frauke verärgert. »Warum
erfahren wir das erst jetzt?«
Schwarczer zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Mich hat
die Meldung vor zwei Minuten erreicht.«
Frauke sprang auf. »Kommen Sie«, forderte sie ihn auf. »Wir fahren
sofort zum Großmarkt.«
Sie hatte Schwarczer das Steuer überlassen und konnte dabei
feststellen, dass er Hannover wie seine Westentasche kannte. Er ordnete sich
frühzeitig auf der richtigen Spur ein, fuhr zügig, ohne dabei draufgängerisch
oder riskant zu wirken.
Auf dem Großmarkt herrschte das übliche Gedränge. Es war schwierig,
einen Parkplatz auf der weiträumigen, überdachten Fläche zu finden. Schwarczer
hatte Glück und fand eine Möglichkeit, als ein Pkw mit Anhänger aus einer Lücke
herausrangierte.
Für Außenstehende schien alles ein unkoordiniertes Durcheinander zu
sein. Alle wuselten wie in einem Ameisenhaufen durcheinander. Frauke konnte
keinen Plan erkennen, und doch funktionierte es. Es war ein eingespieltes
Chaos, wo reibungslos ein Zahnrad ins nächste griff.
Der Stand des italienischen Gemüseimporteurs glich denen
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