Niedersachsen Mafia
Polizei seines Heimatlandes keine
spezifische Nachfrage starten werden.«
Frauke war erstaunt. Schwarczer hatte nichts gesagt, was nicht vor
Gericht verwendet werden durfte. Trotzdem hatte er Kasarow in Panik versetzt.
Der Mann musste fürchterliche Angst bekommen haben. Mit weit aufgerissenen
Augen hatte er Fraukes und Schwarczers Gespräch verfolgt.
»Was hat er erzählt?«, fragte Frauke.
»Er stammt aus Tschernjachowsk, das Sie vielleicht unter dem alten
Namen Insterburg kennen. Das liegt ziemlich in der Mitte der Oblast
Kaliningrad.«
»Sie meinen die russische Exklave Königsberg«, fuhr Putensenf
dazwischen.
»Kaliningrad«, wiederholte Schwarczer. »Er ist von Haus aus
Maschinenarbeiter, aber sein Betrieb hat schon lange Pleite gemacht. So kam es
ihm sehr gelegen, als ihm ein Job als Kurierfahrer angeboten wurde. Er
behauptet, keine Ahnung gehabt zu haben, was er dort transportierte. Für jede
Fuhre hatte er gültige Lieferpapiere. Zumindest ist er davon ausgegangen, denn
lesen konnte er sie nicht. Er ist nur ein einfacher Mann und hat Probleme,
andere Buchstaben als das kyrillische Alphabet zu lesen.«
»Halten Sie ihn für glaubwürdig?«, fragte Frauke.
Schwarczer nickte. »Schon.«
»Wer ist sein Auftraggeber?«
»Da wird es etwas kompliziert. Er arbeitet für einen weißrussischen
Auftraggeber aus Hrodna. Das ist eine Stadt, ungefähr so groß wie Bielefeld,
Bonn oder Mannheim, die fast direkt hinter der polnischen Grenze liegt. Als
Russe hat er keine Probleme, in Weißrussland zu arbeiten. Wie er dabei durch
das EU -Gebiet, das heißt über
Polen, kommt, wollte er mir nicht verraten.«
»Und wie heißt sein Auftraggeber?«
»Er kennt ihn unter dem Namen Igor Stupinowitsch.«
»Wie oft hat er die Strecke schon zurückgelegt?«
Schwarczer fragte den Russen, dann berichtete er: »Elf oder zwölf Mal.
Außerdem hat er Angst vor seinem Auftraggeber, denn in Polen, er sagt, bei
Olsztyn, also Allenstein, hat er sich regelmäßig mit seinem Schwager getroffen.
Dort haben sie auf der Rückfahrt stets etwas vom Gemüse umgeladen und mit nach
Hause genommen, um es dort auf eigene Rechnung zu verkaufen.«
Putensenf schüttelte den Kopf. »Das ist nicht zu fassen. Da betrügt
ein Ganove den anderen.«
»Hat Igor Dingsbums das nicht gemerkt?«, fragte Frauke.
Erneut fragte Schwarczer Kasarow. Dann erzählte er: »Nein. Igor
Stupinowitschs Leute hätten die Ware nur sehr nachlässig, fast überhaupt nicht
kontrolliert. Das hat ihn gewundert. Er musste das Gemüse ausladen, und dann
blieb es in einem Schuppen liegen. Einmal hat er bemerkt, dass bei seiner
Rückkehr immer noch die verwelkte Ware von der vorhergehenden Lieferung dort
lag.«
»Hat er sich auch etwas von den Medikamenten angeeignet, die er auf
der Hinfahrt transportiert hat?«
Schwarczer fragte den Russen. Mit angstvollem Blick antwortete der.
»Um Gottes willen«, übersetzte der Kommissar. »Zum einen hat Kasarow
nicht gewusst, was er nach Deutschland gefahren hat, zum anderen hatte man ihm
eingeschärft, dass es für ihn ungesund – wörtlich: ungesund! – wäre, wenn er
sich an der Lieferung vergreifen würde.«
»Für wen war das Motorrad bestimmt?«
Der Kommissar richtete die Frage an Kasarow. Dann berichtete er:
»Das ist die Maschine von Stupinowitsch. Das weiß er genau, weil der Chef
unheimlich stolz auf die Moto Guzzi ist.«
»So blöd kann auch nur ein Russe sein«, mischte sich Putensenf ein.
»Schickt sein Motorrad hierher, damit da jemand mit ermordet werden soll.«
Frauke ignorierte den Einwand des Kriminalhauptmeisters und sah
Schwarczer an. »Fragen Sie ihn, wo er die Arzneien abgeliefert hat.«
Der Russe begann, wort- und gestenreich etwas zu erklären.
Schwarczer schien mit der Antwort nicht zufrieden zu sein und hakte nach.
Schließlich nickte der Kommissar und erklärte: »Die Übergabe hat in Dübbekold
stattgefunden.«
Frauke sah Schwarczer ratlos an. »Muss man das kennen?«
»Das liegt im Wendland, an der Bundesstraße zwischen Dannenberg und
Lüneburg. Dort soll es ein Dorf namens Göhrde geben, von dem eine Nebenstraße
in ein Waldgebiet abzweigt. Da irgendwo im Wald verborgen liegt eine alte
Feldscheune. Das war der Treffpunkt.«
Frauke wies Schwarczer an, sich um das Protokoll und die Übersetzung
zu kümmern.
»Was ist mit Kasarow?«, fragte der Kommissar.
»Den behalten wir hier«, entschied Frauke, stand auf und verließ den
Verhörraum. Putensenf folgte ihr.
»Wie kommt es, dass Meister
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