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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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noch Zorn, noch Eile, sondern setzte seine Worte mit Bedacht: »Liz, du gehörst hierher.«
    Sie stand von ihm abgewandt, sah mit einem Male erschöpft aus, als friere sie trotz der Decke, die sie verletzlich und zart erscheinen ließ. »Ich bin es leid, Wyatt.«
    Das einsetzende Schweigen war unangenehm. Ich habe mein Leben darauf aufgebaut, weiterzugehen, wegzugehen, dachte Wyatt. Es ist einfach, man muss sich nur umdrehen und Schritt für Schritt die Straße hinuntergehen. Würde Liz ihn aufhalten oder ihm Glück wünschen? Wie auch immer, es lief auf Enttäuschung hinaus. Er hatte sie enttäuscht. Aber sie war nicht rachsüchtig. Wyatt kam sich plötzlich so schäbig vor, weil er versucht hatte, sich davonzumachen. Sein Kopf drohte zu zerspringen, hinter den Augen spürte er ein heftiges Stechen. Er lehnte sich zurück und schloss die Augen.
    Â»Du bist noch nicht fit genug.«
    Â»Da könntest du Recht haben«, sagte er.
    Liz Reddings Kampfeslust stahl sich zurück.
    Â»Ich will dich.«
    Â»Wir sind zu verschieden.«
    Â»Nein, sind wir nicht. Ich habe die Asahi-Juwelen.«
    Er schlug die Augen auf. »Wo?«
    Sie deutete mit dem Kopf in eine unbestimmte Richtung. »In meinem Koffer. Ich bin zurück zur Yacht und habe sie gefunden. Ich beabsichtige, sie zu behalten, Wyatt. Ich beabsichtige, die Fassungen einschmelzen zu lassen und die Steine zu verkaufen.«
    Â»Es sind Imitationen.«
    Sie lachte. »Hat dir Heneker das erzählt? Ich wusste, dass er mit gezinkten Karten spielt. Er wollte sich nach beiden Seiten absichern. Wirst du festgenommen, bekommt seine Versicherung die Asahi-Sammlung zurück. Schnappt man dich nicht und kann er mit dir ins Geschäft kommen, speist er dich mit einer Mini-Belohnung für die angeblichen Imitationen ab und steckt sich den Rest in die eigene Tasche.«
    Sie machte eine Pause. »Wyatt, komm mit mir«, sagte sie schließlich.
    Dickköpfig verharrten sie beide in Schweigen, warteten auf einen Ausweg. Wyatt dachte: Wie viel Berechnung steckt hinter ihren Schritten? Ähnelt sie mir oder hat das, was ich getan habe, meine Rückzüge, sie vorsichtig werden lassen? Stellen sich Zweifel ein, hält man sich an Bekanntes. Wyatt kannte sich, sie kannte er nicht. Aber er fing an, sie kennenzulernen, und das war ihm schon lange nicht mehr passiert. Er versuchte zu grinsen und sagte: »Hier können wir nicht bleiben.«

    DREIUNDDREIßIG

    Die Fahrt nach Belgrave dauerte fünfzig Minuten, doch als Raymond dort eintraf, musste er feststellen, dass Chaffeys Haus verrammelt und verriegelt war — die Vorhänge zugezogen, kein Auto, kein Lebenszeichen weit und breit. Er sah unter Blumentöpfe und bemooste Ziersteine, fand aber keinen Ersatzschlüssel. Die Tür war abgesperrt, die Fenster waren vergittert und an den Scheiben klebten Aufkleber einer Sicherheitsfirma. Unwahrscheinlich, dass Chaffey Schiss bekommen und das Weite gesucht hatte, nur weil der Job geplatzt war.
    Als Nächstes versuchte er es mit Chaffeys Büro. Das ganze Gebäude war dicht. Samstag eben.
    Raymond fühlte sich verfolgt. Auf der Fahrt nach Hastings hatte er das Empfinden, Waffen zielten auf seinen Rücken, Hunde hefteten sich an seine Fersen, jeden Augenblick erwartete er, von Scheinwerfern gestoppt und von Gummiknüppeln auf den Boden gezwungen zu werden. Doch er überstand die Fahrt unbeschadet.
    Er fragte sich, wie er mit Vallance umgehen solle. Ihn noch länger hinhalten? Ihm die Gemälde als Sicherheit anbieten? Ihm anbieten, als Angestellter an Bord zu arbeiten? Ihn noch hinzuhalten, das schien Raymond die beste Variante zu sein. Ihm war klar, dass er die Gemälde in den nächsten Wochen, womöglich sogar in den nächsten Monaten nicht würde versilbern können.
    Andererseits hatte er sehr wohl Zugriff auf Bares. Wyatt musste irgendwo richtig Schotter versteckt haben, vielleicht unter den Dielen seines Hauses in Tasmanien. Und er hatte noch die eine oder andere Rechnung mit Wyatt zu begleichen, die alte offene Wunde und die jüngste Scheißaktion: Die ganze Sammlung ist in ihren Händen und Wyatt schmeißt hin, als zählten weder Risiken noch Gewinn, noch harte Arbeit.
    Als er im Schritt-Tempo an Vallance’ Wohnung vorbeifuhr, sah er heruntergelassene Jalousien und jede Menge Zeitungen auf den Stufen. Eine neuerliche Panikattacke kündigte sich an. Vallance hatte

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