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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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würde, wenn es einmal dazu käme: souverän, selbstsicher, mit lässig übereinandergeschlagenen Beinen und breiter Brust – berglerisch eben!
     
    »Herr Winterholler, die bisherigen Runden haben Sie mit Bravour gelöst!«
    »Herr Jauch, was ich ganz vergessen habe: Ich habe Ihnen auch etwas mitgebracht.«
    (Kamera auf Winterholler, Großaufnahme seiner Hände: ein Päckchen, das er auswickelt.)
    »Da bin ich aber gespannt, Herr Winterholler. Was ist denn das?«
    »Ein Stück Urgestein, das ich aus einer Eiswand der Annapurna II herausgebrochen habe.«
    (Jauch betrachtet den Stein und pfeift durch die Zähne.)
    »Sie waren auf dem Annapurna, Herr Winterholler?«
    »Herr Jauch, wenn ich Sie verbessern darf: Es heißt
die
Annapurna.«
    (Gelächter im Publikum, Applaus.)
    »Hier lernt man immer wieder was dazu.«
    »Ja, drei- oder viermal war ich im Himalaya, ich weiß nicht mehr genau, ich müsste mal nachsehen.«
    »Jetzt aber zur vierzehnten Frage, bei der es um fünfhunderttausend Euro geht.«
    (Aufstöhnen im Publikum. Ein Transparent wird hochgehalten: Auf zum Gipfel, Winterholler!)
    Die Kandidatin eierte immer noch herum, dass es ein Graus war. Mit viel Dusel hatte sie die fünfte Gewinnstufe geschafft. Jetzt die sechste Frage. Welches Gewürz gehört nicht in die Frankfurter Grüne Soße? Ist es a) Borretsch, b) Beifuß, c) Sauerampfer oder d) Pimpinelle? Babyeierleicht! Die Frau tippte auf Sauerampfer und schied aus.
     
    Johnny Winterholler steckte das Geld und den Zettel in einen Umschlag, diesen nochmals in einen Umschlag aus wasserdichter Folie. Morgen würde er auf dem Rückweg von der Hochplatte bei seinem Tresor vorbeischauen. Er nahm sich wieder das Lexikon vor und büffelte ein wenig. Welches Tier ist kein Rabe, welche Pflanze gehört nicht zu den Orchideen, welcher Edelstein wird nicht in Südafrika abgebaut. Der höchste Berg Polens, die zweitgrößte Stadt Tschechiens, welche Länder grenzen an die Ukraine, wie hieß der letzte Zar Russlands. Und warum bekam er so viel Geld für seine Klettereien?

10
    Leibniz’scher Jodler
    »Noch jemand Kaffee?«
    Im Polizeirevier des Kurorts war das Team der Mordkommission IV versammelt. Jennerwein thronte am Kopfende, Frau Dr.Maria Schmalfuß saß neben ihm und rührte unendlich lange in ihrer Tasse. Das war ihre Art und Weise, sich zu konzentrieren. Jennerwein hingegen massierte die Schläfenlappen mit Daumen und Zeigefinger. Mit dieser Technik hatte er sich schon die eine oder andere Idee aus dem Großhirn herausmassiert. Ludwig Stengele und Johann Ostler tuschelten und schwatzten, sie tippten immer wieder auf ihre Notizen und Skizzen, die sie vor sich ausgebreitet hatten – sie schienen bei ihrer Kletterei etwas herausgefunden zu haben. Nicole Schwattke, die westfälische Preußin, strich sich die Haare aus dem Gesicht, Franz Hölleisen machte Kaffee. Kommissar Jennerwein schlug spielerisch mit dem Finger ans Wasserglas. Das genügte. Augenblicklich trat Stille ein, und er eröffnete die Sitzung der Sonderkommission »Soko Hans«.
    »Tatsache ist«, begann er, »dass es keine Vermissung gibt, die zu einem Dreißigjährigen passt, der Hans heißt. Die Umstände legen den Verdacht auf Fremdverschulden nahe. Deshalb sitzen wir hier. Becker, bitte.«
    Der Angesprochene war Leiter der Abteilung Spurensicherung. Seine neue Kurzhaarfrisur betonte die abstehenden Ohren, er war begeisterter Frühaufsteher und bestand zur Hälfte aus Kaffee. Vor ihm lagen eigentlich immer mehrere durchsichtige Plastikbeutel mit allerlei Überraschungen.
    »Wie Sie sich vielleicht denken können, ist das der Inhalt des Rucksacks«, begann Becker.
    »Der Rucksack selbst –?«
    »– ist so brüchig und zerfasert, dass er fast auseinandergefallen ist. Ich habe ihn deshalb gar nicht erst mitgebracht. Aber wenn Sie die Fotos sehen wollen, bitte.«
    »Brüchig wegen der Verwitterung oder wegen seines Alters?«
    »Eher zweiteres. Es ist ein altmodischer Stoffrucksack, wie man ihn sich vielleicht noch vor – äh – sagen wir dreißig oder vierzig Jahren umgeschnallt hat. Ich kann mir keinen Bergsteiger denken, der so was heute noch trägt.«
    »Ich bin keine Spezialistin für Bergmode«, sagte Maria. »Aber die Kleidung des Opfers muss ebenfalls uralt sein. Vielleicht habe ich auch einen Trend verpasst, so etwas wie
Retro-Tracht
oder die
Trenkercord-Renaissance
 –«
    »Nein, wir haben das untersucht. Das ist keine auf alt getrimmte neue Kleidung, das sind wirklich alte

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