Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters
dann wiederholten sich deren chemische Eigenschaften in periodischen Abständen, was es erst zu nutzen und dann zu begreifen galt.
Von »Atomgewicht« sprachen die Chemiker seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts, nachdem dem Briten John Dalton aufgefallen war, dass er die Verbindungen, auf die sich Elemente einließen, am besten erklären konnte, wenn er annahm, dass sie aus Grundbausteinen (Atomen) bestanden, die verschieden groß oder schwer waren. Dalton und seinen Nachfolgern gelang damit etwas Großartiges: Sie verwandelten abstrakte Ideen über unteilbare letzte Gebilde – Atome – in konkrete Bausteine der chemischen Elemente und sprachen von nun an gezielt und direkt etwa von Wasserstoff- und Goldatomen.
In den folgenden Jahren ordneten die Chemiker diesen elementaren Atomen Massen oder Gewichte zu, die sich relativ zueinander bestimmen ließen. Als kleinstes Atom – als Atom mit der minimalen Masse oder dem geringsten Gewicht – identifizierte Dalton den Wasserstoff, dem er willkürlich das Atomgewicht 1 zuordnete. Nach geeigneten Messungen konnte er dann etwa von Gold sagen, dass sein Atomgewicht bei 79 liege, da es um diesen Faktor schwerer war. Anfangs nahmen die Chemiker noch an, die schweren Elemente bildeten sich dadurch, dass sich der leichte Wasserstoff mehrfach zusammenballte – beim Gold demnach 79-mal –, aber niemand wusste zu sagen, wie die Natur dies bewerkstelligen konnte oder dabei vorgehen würde.
Unabhängig davon hatte Dalton mit seinen atomaren Vorleistungen der chemischen Wissenschaft eine umfangreiche Aufgabe gestellt, die es schwungvoll in Angriff zu nehmen galt: die Atomgewichte aller anderen bekannten Elemente in Relation zum Wasserstoff zu ermitteln. In den nachfolgenden Jahrzehnten ist dies in erstaunlichem Umfang und äußerst präzise geschehen und hat uns letztlich das Periodensystem in seiner heute bekannten Form beschert.
Bild 2
Das Periodensystem der Elemente
Als Mendelejew und Meyer sich der zu ihren Lebzeiten wachsenden Zahl bekannter Elemente mit ihren verschiedenen Atomgewichten zuwandten, bemerkten sie, dass sie damit eine Reihe mit steigenden Zahlen bilden konnten, die sich aber nicht nur linear fortsetzte, sondern sich, bedingt durch die chemischen Eigenschaften der Grundstoffe, periodisch fassen ließ. So gibt es eine Gruppe von Elementen, die auf verwandte Weise reagieren und die man deshalb als Leicht- oder als Alkalimetalle bezeichnet. Es handelt sich dabei um weiche Feststoffe, die sich mit einem Messer durchschneiden lassen; ihr Name leitet sich von dem arabischen Wort »al-qalya« für »Pottasche« ab, die alte Bezeichnung für aus Pflanzenaschen gewonnenes Kaliumcarbonat (diese hat sich bis heute im englischen »Potassium« für Kalium, eines der Alkalimetalle, gehalten). Zu den bekannten Leichtmetallen zählen neben Kalium auch Lithium, Natrium, Rubidium und Cäsium. Jedem dieser Stoffe folgte in der von Mendelejew und Meyer aufgestellten Reihe ein Element, das zur
Gruppe der sogenannten Erdalkalimetalle gerechnet wurde. Hierzu zählen Beryllium, Magnesium, Calcium, Strontium und Barium, die sich ebenfalls chemisch bestens vergleichbar verhalten und demnach zusammenhängen.
Beim Betrachten der zahlreichen Befunde kamen Mendelejew und Meyer auf die Idee, die bekannten Elemente sowohl in Reihen als auch in Spalten anzuordnen. Als das Periodensystem allmählich erkennbar wurde, kamen jedoch auch viele Schwierigkeiten ans Tageslicht, die nach einer Erklärung verlangten. Zum einen waren die einzelnen Perioden verschieden lang, und zwischen ihnen lagen Elemente, die nur wenig Verwandtschaft zeigten. Die »Seltenen Erden« (Lanthanoide) passten nirgendwohin, und an einigen Stellen schien die Grundlage der Anordnung gestört. Jod und Tellur zum Beispiel oder Kobalt und Nickel mussten ihrem chemischen Charakter nach entgegen ihrem Atomgewicht eingestuft werden. Dies rief die grundsätzliche Frage hervor, ob es wirklich das Atomgewicht sei, mit dem das System sich fassen ließe. Vielleicht musste man eine andere Ordnungszahl finden, die das System bedingte. Und wer erklärte, warum die Periodenlängen gerade als das Doppelte von Quadratzahlen auftreten, als 2, 8, 18, 32? Hier musste es einen physikalischen Zusammenhang geben, den es zu suchen und zu finden galt – weniger mittels der Logik eines korrekten Systematikers und mehr mit der Kreativität eines verrückten Künstlers, wie Niels Bohr es im Herzen war.
Es war eine Sternstunde der Wissenschaft,
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