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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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so überrascht, daß er sich ein paar Schritte rückwärtsziehen ließ, und die wilde Gans wurde frei. Die hob sich mit Mühe in die Luft empor. Einer ihrer Flügel war verletzt, so
     daß sie ihn kaum gebrauchen konnte, und außerdem konnte sie in der dunklen Nacht nichts im Walde sehen, sondern war so hilflos
     wie ein Blinder. Deswegen konnte sie dem Jungen in keiner Weise helfen, sondern strebte einer Öffnung im Laubdach zu und flog
     wieder nach dem See hinab.
    Reineke aber stürzte sich über den Jungen. »Krieg' ich die eine nicht, so will ich den andern haben!« sagte er, und man konnte
     es seiner Stimme anhören, wie wütend er war. »Das bilde dir nur ja nicht ein,« sagte der Junge und war ganz mutig, weil er
     die Gans gerettet hatte. Er hielt sich noch immer am Fuchsschwanz fest und schwang sich daran auf die andere Seite hinüber,
     wenn der Fuchs ihn zu fangen suchte.
    Das war ein Tanz im Walde, so daß die Buchenblätter aufwirbelten. Reineke drehte sich unaufhörlich herum, aber der Schwanz
     drehte sich mit, und der Junge hielt sich daran fest, so daß der Fuchs ihn nicht kriegen konnte.
    Der Junge war so froh über sein Glück, daß er anfangs nur lachte und sich über den Fuchs lustig machte, aber Reineke war beharrlich,
     wie es alte Jäger zu sein pflegen, und der Junge wurde allmählich bange, die Sache könne damit enden, daß ihn der Fuchs erwischte.
    Da gewahrte er eine kleine, junge Buche. Die so dünn wie eine Gerte in die Luft geschossen war, um schnell in die freie Luft
     über dem Laubdach zu gelangen, das die alten Buchen über ihr aufgebaut hatten.Schnell ließ er den Fuchsschwanz los und kletterte in die Buche hinauf. Reineke Fuchs war so eifrig, daß er noch eine ganze
     Weile hinter dem Schwanz her weiter tanzte. »Jetzt brauchst du dir nicht die Mühe zu machen und noch länger zu tanzen,« sagte
     der Junge.
    Aber der Fuchs konnte den Schimpf nicht ertragen, daß er so einen kleinen Knirps nicht zu bewältigen vermochte, und er legte
     sich unter den Baum und hielt Wache.
    Der Junge fühlte sich gar nicht behaglich, wie er dort rittlings über einem dünnen Zweig saß. Die kleine Buche reichte noch
     nicht bis an das hohe Laubdach hinan. Er konnte nicht auf einen andern Baum hinübergelangen, und er wagte nicht, von dem Baum
     hinunterzuspringen.
    Es fror ihn, so daß er ganz steif wurde und nahe daran war, den Zweig loszulassen, und er war so schrecklich müde, aber er
     wagte nicht, sich hineinzusetzen, aus Furcht, herunterzufallen.
    Es war gar nicht auszudenken, wie unheimlich es war, so zu nächtlicher Zeit draußen im Walde zu sitzen. Er hatte bisher nie
     gewußt, was es heißt, daß es Nacht war. Es war als sei die ganze Welt versteinert und könne nie wieder Leben gewinnen.
    Und dann fing es an zu tagen, und der Junge freute sich, denn jetzt sah alles wieder so aus wie sonst, nur fand er, daß die
     Kälte noch schneidender wurde, als sie in der Nacht gewesen war.
    Als die Sonne endlich aufging, war sie nicht gelb, sondern rot. Der Junge fand, sie sähe so böse aus under grübelte nach, worüber sie wohl böse sein könne. Vielleicht darüber, daß die Nacht es so kalt und dunkel auf der Erde
     gemacht hatte, während die Sonne fort war.
    Die Sonnenstrahlen kamen in großen Bündeln herbeigeeilt, um zu sehen, was die Nacht Schlimmes angerichtet hatte, und es sah
     so aus, als wenn alle Dinge erröteten, wie wenn sie ein schlechtes Gewissen hätten. Die Wolken am Himmel, die seidenglatten
     Buchenstämme, die kleinen ineinandergeflochtenen Zweige des Laubdaches, der Reif, der das Buchenlaub am Waldboden bedeckte,
     alles erglühte und errötete.
    Aber es kamen immer mehr Strahlenbündel durch die Luft dahergeeilt, und bald war all das Unheimliche in der Natur in die Flucht
     getrieben.
    Die Versteinerung war geschwunden, und es kam so erstaunlich viel Lebendes zum Vorschein. Der Schwarzspecht mit dem roten
     Nacken begann mit dem Schnabel gegen einen Baumstamm zu picken. Das Eichhörnchen hüpfte mit einer Nuß aus seinem Nest heraus,
     setzte sich auf einen Zweig und machte sich daran, die Nuß zu knacken. Der Star kam mit einer Wurzelfaser geflogen, und im
     Wipfel des Baumes sang der Buchfink.
    Da begriff der Junge, daß die Sonne zu diesen kleinen Geschöpfen gesagt hatte: »Jetzt könnt ihr erwachen und aus euern Nestern
     herauskommen! Jetzt bin ich hier, jetzt braucht ihr vor nichts bange zu sein!«
    Vom See her konnte man die Schreie der wilden Gänse hören,

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