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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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war nicht in der Stimmung, sie zu schonen. ›Der Rappe ist heute schon
     fünf Meilen gelaufen,‹ sagte er, ›er wird wohl bald müde werden, und die Last ist auch nicht leichter geworden, seit du hinzugekommen
     bist!‹
    Die Schlittenkufen schurrten auf dem Eis, so daß es kreischte, aber trotzdem konnte er die Wölfe fauchen hören, und er war
     sich klar darüber, daß die Graubeine ihn nun eingeholt hatten. ›Jetzt ist es aus mit uns,‹ sagte er. ›Weder du noch ich hatten
     viel Freude davon, daß ich versuchte, dich zu retten, Finnen-Malene.‹
    Bisher hatte die Alte geschwiegen, wie jemand, der gewöhnt ist, sich ausschelten zu lassen. Jetzt sprach sie ein paar Worte.
     ›Ich kann nicht begreifen, warum du die Tonnen und Kübel nicht herunterwirfst, um die Last zu erleichtern. Du kannst ja morgen
     wiederkommen und alles aufsammeln.‹
    Der Mann aus Heide sah ein, daß dies ein vernünftiger Rat war und wunderte sich nur darüber, daß er selbst nicht eher daran
     gedacht hatte. Er ließ die Alte die Zügel halten, löste den Strick, der die Gefäße zusammenhielt und warf sie vom Schlitten.
     Die Wölfe waren ganz dicht hinter ihnen drein. Aber nun machten sie halt, um zu untersuchen, was da auf das Eis geworfen wurde,
     und der Schlitten bekam wieder einen kleinen Vorsprung.
    ›Wenn das nicht hilft, so kannst du doch wohl begreifen, daß ich mich freiwillig den Wölfen hinwerfe, damit du entkommen kannst,‹
     sagte die Alte. Gerade als sie das sagte, war der Mann im Begriff, einen großen, schweren Braubottich vom Schlitten herunterzuwerfen.
     Aber während er sich noch damit abmühte, hielt er plötzlich inne, als könne er sich nicht entschließen, das Gefäß hinunterzuwerfen.
     In Wirklichkeit aber waren seine Gedanken von etwas ganz anderem in Anspruch genommen. ›Ein Pferd und ein Mann, die gesund
     und stark sind, brauchen doch ein altes Weib um ihretwillen nicht von den Wölfen auffressen zu lassen,‹ dachte er. ›Es muß
     doch noch einen anderen Ausweg geben. Ja, es muß einen Ausweg geben. Das Schlimmste ist nur, daß ich ihn nicht finden kann.‹
    Er machte sich wieder mit dem Braubottich zu schaffen, hielt dann aber wieder damit inne und brach in ein lautes Lachen aus.
    Die Alte sah ihn erschreckt an und dachte, daß er verrückt geworden sei, aber der Mann aus Heide lachte über sich selbst,
     weil er bisher so dumm gewesen war. Nichts war ja einfacher, als sie alle drei zu retten. Er konnte nur nicht begreifen, daß
     ihm das nicht gleich eingefallen war.
    ›Höre jetzt gut zu, was ich dir sage, Malene,‹ begann er. ›Es war brav von dir, daß du dich den Wölfen freiwillig hinwerfen
     wolltest. Aber das tut nicht nötig, denn nun weiß ich, wie wir alle drei gerettet werden können, ohne unser Leben aufs Spiel
     zu setzen. Vergiß aber nicht, daß du, was ich auch tue, ruhig auf dem Schlitten sitzen bleibst und nach Linsäll hinabfährst.
     Dort weckst du die Leute und sagst ihnen, daß ich hier allein mit zehn Wölfen auf dem Eise bin, und bittest sie, zu kommen
     und mir zu helfen.‹
    Der Mann wartete nun, bis die Wölfe ganz nahe an den Schlitten herangekommen waren, dann wälzte er den großen Bottich auf
     das Eis, sprang selbst hinterdrein und kroch darunter.
    Es war ein mächtiges Gefäß, so groß, daß es einen ganzen Weihnachtsbräu fassen konnte. Die Wölfe sprangen daran in die Höhe,
     sie bissen in die Reifen und versuchten, den Bottich umzustürzen. Aber das Gefäß war zu groß und zu fest. Sie konnten des
     Mannes, der darunter lag, nicht habhaft werden.
    Der Mann aus Heide wußte, daß er in Sicherheit war, und er lag da und lachte über die Wölfe. Bald aber wurde er ernsthaft.
     ›Wenn ich jemals wieder in Not kommen sollte,‹ fügte er, ›so will ich an diesen Bräubottich denken. Ich will daran denken,
     daß ich weder mir selbst noch anderen Unrecht anzutun brauche. Es gibt immer einen dritten Ausweg, es handelt sich nur darum,
     ihn zu finden.‹«
    Damit endete Bataki seine Erzählung. Aber Niels Holgersen hatte jetzt schon gemerkt, daß der Rabe niemalsetwas erzählte, ohne eine ganz besondere Absicht damit zu haben, und je länger er ihm zuhörte, um so nachdenklicher wurde
     er. »Warum erzählst du mir eigentlich diese Geschichte?« fragte der Junge. – »Ach, sie fiel mir nur gerade ein, als ich hier
     stand und den Sonfjeld ansah,« sagte der Rabe.
    Sie flogen nun weiter, den Ljusnan hinab, und als eine Stunde vergangen war, kamen sie an das

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