Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil
Laxsee und den Lelangen und den Großen See und die beiden Silarna durchgepflügt, so daß der Vater allen Grund
hatte, mit ihm zufrieden zu sein.
›Jetzt wollen wir einmal hingehen und sehen, was die anderen geschafft haben,‹ sagte der Vater. Der nächste von den Söhnen,
zu dem sie kamen – es war der fünfte in der Reihe – hatte den ganzen Jösser Bezirk und den Glasfjord umgepflügt. Der dritte
Sohn hatte den Värmele gepflügt, der älteste das Frykstal und den Tryksee, der zweitälteste das Älftal mit dem Klarelf. Der
vierte hatte harte Arbeit im Bergwerkdistrikt gehabt und hatte den Yegen und den Daglösee außer einer Menge anderer kleiner
Seen gepflügt. Der sechste hatte eine gar wunderliche Furche gezogen. Zuerst hatte er den Platz für den großen See Skagern
geschaffen, dann hatte er eine schmaleFurche gepflügt, die der Leteelf ausfüllte, und schließlich war er über die Grenze gekommen und hatte die kleinen Seen in
dem Westmanländischen Bergwerkdistrikt herausgegraben.
Als der Vater das Pflugland gesehen hatte, sagte er, soweit er es beurteilen könne, hätten sie alle ein so gutes Stück Arbeit
vollbracht, daß er damit zufrieden sein könne. Jetzt sei das Land keine Wildnis mehr, jetzt könne man darin leben und es bebauen.
Sie hätten viele fischreiche Seen und fruchtbare Täler geschaffen; Elfe und Bäche bildeten Wasserfälle, die Mühlen, Sägewerke
und Schmieden treiben könnten. Auf den Bergrücken zwischen den Furchen sei Platz zu Wäldern, wo Holz gefällt und Kohlenbrennerei
betrieben werden könne, und nun sei auch die Möglichkeit vorhanden, geebnete Wege zu den großen Erzlagern in dem Bergwerkdistrikt
anzulegen.
Die Söhne freuten sich, als sie dies alles hörten, aber nun wollten sie auch gern wissen, wessen Furche die beste sei.
›In einem Pflugland, wie dies hier,‹ sagte der Vater ›ist es von größerer Bedeutung, daß alle Furchen gut zueinander passen,
als daß die eine besser ist als die andere. Ich glaube, wer zu den großen, langen Seen in der Nordmark und im Dalsland kommt,
wird einräumen, daß er selten etwas Schöneres gesehen hat. Aber wenn er hernach die lichten, fruchtbaren Gegenden ringsum
den Glafsfjord und den Värmlen sieht, wird er sich doch freuen. Und wenn er sich dann eine Weile in den offenen, betriebsamen,
betauten Gegenden aufgehalten hat, wird es ihm ein Vergnügen sein, sie mit den langen, engen Tälern am Fryken und Klarelf
zu vertauschen. Und sollte er auchdieser überdrüssig werden, so wird es ihn erfrischen, die verschieden geformten Seen im Bergwerkdistrikt anzutreffen, die
sich dahinschlängeln und deren so viele sind, daß niemand alle die Namen behalten kann. Nach diesen Seen mit ihren zahlreichen
Buchten und Landzungen wird ihm eine so große Wasserfläche wie die der Skagern sicher eine freudige Überraschung sein. Und
nun will ich euch sagen, wie es mit den gepflügten Furchen, so geht es auch mit den Söhnen: Kein Vater freut sich, wenn der
eine besser ist als die anderen. Kann er aber mit gleicher Freude seinen Blick von dem Jüngsten bis zu dem Ältesten schweifen
lassen, so ist sein Herz voller Freude.«
XLVIII. Ein kleiner Herrenhof
Donnerstag, 6. Oktober.
Die Wildgänse flogen an dem Klarelf entlang, bis sie zu der großen Fabrik bei Munkefors kamen. Dann bogen sie nach Westen,
dem Frydstal zu, ab. Ehe sie noch den Frykensee erreicht hatten, begann es zu dunkeln, und sie ließen sich auf einem flachen
Moor eben in einem Bergwald nieder. Das Moor war ein vorzügliches Nachtquartier für Wildgänse, aber Niels Holgersen fand,
daß es kalt und ungemütlich war, und er hatte gern einen besseren Platz zum Schlafen gehabt. Während sie noch hoch oben in
der Luft gewesen waren, hatte er am Fuß des Bergrückens einige Höfe liegen sehen, und nun beeilte er sich, sie aufzusuchen.
Der Weg war länger, als er geglaubt hatte, und erwar mehrmals nahe daran, wieder umzukehren. Aber endlich wurde der Wald lichter, und er kam auf eine Landstraße, die am Waldessaume
entlang lief. Von der Straße führte eine schöne Birkenallee nach einem Herrenhofe, und er lenkte sogleich seine Schritte dahin.
Zuerst kam er auf einen Hofplatz, der von langen, roten Wirtschaftsgebäuden umgeben und so groß war wie ein Marktplatz. Als
er ihn durchschritten hatte, kam er auf einen zweiten Hof, und dort sah er das Wohnhaus mit einem Seitenflügel, und davor
einen Kiesweg und einen großen Rasen;
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