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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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keinen geringen Nutzen von den Adlern. Räuber waren sie freilich, aber sie hielten
     andere Räuber fern.
    Einige Jahre vor der Zeit, als Niels Holgersen mit den Wildgänsen umherreiste, stand die alte Führergans Akka von Kebnekajse
     eines Morgens unten in dem Felsental und sah zu dem Adlerhorst hinauf. Die Adler pflegten kurz nach Sonnenuntergang auf die
     Jagd hinauszuziehen, und in allen den Sommern, die Akka in dem Tal gewohnt hatte, war sie jeden Morgen auf dem Posten gewesen
     und hatte acht gegeben, ob die Adler im Tale bleiben würden,um dort zu jagen, oder ob sie nach anderen Jagdgefilden hinausflogen.
    Sie brauchte nicht lange zu warten, bis die beiden stattlichen Vögel die Felsplatte verließen. Schön, aber schreckeinflößend
     schwebten sie in die Luft hinaus. Sie schlugen die Richtung nach dem Flachlande ein, und Akka atmete erleichtert auf.
    Die alte Führergans war jetzt zu alt, um Eier zu legen und Junge auszubrüten, und sie pflegte sich im Sommer die Zeit damit
     zu vertreiben, daß sie von einem Gänsenest zum anderen ging und Ratschlage in bezug auf das Ausbrüten und Aufziehen der Jungen
     erteilte. Sie hielt außerdem Ausguck nach den Adlern wie auch nach den Bergfüchsen, den Eulen und allen den anderen Feinden,
     die möglicherweise den Wildgänsen und ihrer Brut nachstellen konnten.
    Um die Mittagszeit spähte Akka abermals nach den Adlern aus. Das hatte sie nun alle die Sommer, die sie dort im Tal gewohnt
     hatte, jeden Tag getan. Sie konnte es ihrem Fluge immer gleich ansehen, ob sie eine gute Jagd gehabt hatten, und dann fühlte
     sie sich in bezug auf ihr Volk beruhigt. Heute aber sah sie die Adler nicht zurückkehren. »Ich muß alt und stumpfsinnig geworden
     sein,« dachte sie, nachdem sie eine Weile gewartet hatte. »Jetzt müssen die Adler doch längst nach Hause gekommen sein.«
    Am Nachmittag lugte sie wieder zu der Felswand hinauf und erwartete, die Adler auf dem schroffen Vorsprung sitzen zu sehen,
     wo sie ihre Nachmittagsruhe zu halten pflegten; und am Abend, um die Zeit, wo sie ihr Bad imBergsee zu nehmen pflegten, spähte sie wieder nach ihnen aus, aber es gelang ihr nicht, sie zu entdecken. Wieder jammerte
     sie, daß sie alt werde. Sie war es so gewohnt, daß die Adler auf dem Felsgrat über ihr hausten, daher konnte sie es sich gar
     nicht denken, daß sie nicht wieder zurückgekehrt sein sollten.
    Am nächsten Morgen war Akka rechtzeitig wach, um nach den Adlern auszulugen. Aber auch jetzt gewahrte sie sie nicht. Dahingegen
     vernahm sie in der Morgenstille einen Schrei, der wütend und klagend zugleich klang und aus dem Adlerhorst zu kommen schien.
     »Ob da oben im Adlernest wirklich ein Unglück geschehen sein sollte?« dachte sie. Sie breitete die Flügel aus und stieg so
     hoch, daß sie in das Adlernest hineinsehen konnte.
    Da oben entdeckte sie nichts von dem Adlerpaar. In dem ganzen Nest war nur ein halbnacktes Junges, das da lag und nach Nahrung
     schrie.
    Akka senkte sich langsam und zögernd zu dem Adlerhorst hinab. Es war ein unheimlicher Ort! Man konnte gleich sehen, was für
     Räuber da hausten. In dem Nest und auf der Felsenplatte lagen gebleichte Knochen, blutige Federn, Hasenköpfe, Vogelschnäbel
     und mit Federn bekleidete Schneehühnerfüße. Auch der junge Adler, der mitten in allen diesen Überbleibseln lag, sah widerlich
     aus mit seinem großen, weit aufgesperrten Schnabel, seinem plumpen, flaumigen Körper und seinen unfertigen Flügeln.
    Schließlich überwand Akka ihr Grauen und ließ sich auf den Rand des Nestes nieder, sah sich dabei aber unruhig nach allen
     Seiten um, denn sie erwartete jeden Augenblick, die alten Adler heimkehren zu sehen.
    »Gut, daß endlich jemand kommt!« rief der junge Adler. »Schaff' mir gleich was zu essen!«
    »Na, na, so große Eile hat es wohl nicht!« sagte Akka. »Erzähle mir erst, wo dein Vater und deine Mutter sind!«
    »Ja, wenn ich das nur wüßte! Sie sind gestern morgen fortgeflogen und haben mir als einzige Nahrung für die Zeit ihrer Abwesenheit
     nur eine Wanderratte dagelassen. Daß die längst verzehrt ist, kannst du dir doch wohl denken. Es ist unverschämt von Mutter;
     mich so liegen und hungern zu lassen.«
    Nun begriff Akka, daß die alten Adler wirklich erschossen sein mußten, und sie dachte bei sich, wenn sie das Junge jetzt verhungern
     ließe, so würde sie in Zukunft die ganze Räuberbande los sein. Aber sie konnte sich doch nicht entschließen, so ein verlassenes
     Junges

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