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Niemand hört dich schreien (German Edition)

Niemand hört dich schreien (German Edition)

Titel: Niemand hört dich schreien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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musste sie doch herauskommen.
    Und dann, kurz nach neun, trat sie aus dem Haus. Sie trug Jeans, einen weißen Parka mit fellbesetzter Kapuze und eine dunkle Sonnenbrille. Das Haar hatte sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden. Selbst in legerer Kleidung wirkte sie gut angezogen, und sie bewegte sich mit einer Eleganz und Grazie, die sie von ihren meisten Geschlechtsgenossinnen unterschied. Sie war eine tolle Frau. Unter anderen Umständen hätte er versucht, etwas mit ihr anzufangen.
    Aber das würde er nicht tun.
    Sie war zu wertvoll.
    Neulich abends hatte er sie überrumpelt, und sie war alarmiert gewesen. Verständlich, sogar klug. Er war froh, dass er sich die Zeit genommen hatte, ein paar Kartons wegzuwerfen. Das hatte genügt, um die Cops davon zu überzeugen, dass seine Angaben korrekt waren.
    Diesmal wollte er keine Szene. Also hatte er gewartet, bis es Tag war.
    Die Morgenluft war kalt, aber er bemerkte es kaum noch, als er jetzt die Straße überquerte.
    Sie schaute nach rechts und links. In diesem Moment machte er sie mit einem Winken auf sich aufmerksam. »Hallo, Nachbarin.«
    Kendall blieb stehen und lächelte. »So sehen wir uns wieder. Aber das ist ja naheliegend.«
    Coles Schultern verkrampften sich. »Wieso das?«
    »Wir sind doch Nachbarn.«
    »Stimmt.«
    »Was treibt Sie an einem kalten Samstag denn so früh aus dem Haus?«
    Er zuckte die Achseln. »Das Frühstück. Möchten Sie nicht mitkommen?« Als sie zögerte, fügte er hinzu: »Kommen Sie schon.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Seit ein paar Monaten arbeite ich so viel, dass ich kaum rauskomme. Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich mehr als ein Fertiggericht zu mir genommen habe.«
    »Dann müssen Sie mitkommen.«
    Kendall zuckte die Schultern. »Na gut. Ein nettes Frühstück mit einem gut aussehenden Mann ist genau die Ablenkung, die ich brauche.«
    Er ließ seine weißen, ebenmäßigen Zähne aufblitzen. »Prima. Ganz in der Nähe gibt es ein Café, das zu meinem zweiten Zuhause geworden ist. »
    » O’Malley’s? Guter, starker Kaffee und tolle Omeletts.«
    Sie gingen ein Stück die Straße entlang, bogen dann rechts ab und gingen weiter bis zur nächsten Ecke. In einem großen Fenster, das von der morgendlichen Kälte beschlagen war, blinkte die rote Neonreklame von O’Malley’s . Das Café war vierundzwanzig Stunden geöffnet und bediente einen steten Strom von Gästen. Der heutige Morgen bildete keine Ausnahme. Mehr als die Hälfte der dreißig Tische war besetzt.
    Cole hielt Kendall die Tür auf. Über ihnen klingelte ein Glöckchen. Dann führte er sie an dem Schild, auf dem stand, man möge sich selbst einen Platz aussuchen, vorbei zu einem Tisch im hinteren Bereich. Ein paar Gäste erkannten Kendall, ein Pärchen gaffte, und ein Mann zeigte mit dem Finger auf sie. Sie war gewöhnt, dass man sie erkannte, und er merkte, dass es ihr gefiel.
    Alle Tischplatten waren mit Fotos von Richmond beklebt und zur schnellen Reinigung mit Kunstharz versiegelt. In der Ecke stand eine Jukebox, und weiter hinten gab es eine Bar.
    Eine rothaarige Kellnerin kam zu ihnen an den Tisch. Sie warf Kendall einen kurzen Blick zu, und ein gelangweilter Ausdruck des Wiedererkennens trat in ihre Augen, was Cole verriet, dass sie die Fernsehmoderatorin hier öfters sah.
    Dann schaute sie zu Cole, und ein warmes Lächeln ließ ihr Gesicht aufleuchten. »Wieder mal hier?«
    Cole lehnte sich zurück, als wäre er Stammkunde. »Ihrem Lächeln kann ich einfach nicht widerstehen, Faye.« Es zahlte sich immer aus, nett zur Bedienung zu sein.
    Die ältere Frau verdrehte angesichts der plumpen Schmeichelei die Augen, doch man merkte, dass sie sie genoss. »Möchten Sie das Gleiche, was Sie gestern hatten?«
    Cole warf nicht einmal einen Blick auf die Karte. »Ja, bitte.«
    »Ich nehme Tee, Toast ohne alles und ein Eiweißomelett«, sagte Kendall.
    Fayes Lächeln schwand. »Kommt sofort.«
    Kendall wartete, bis Faye gegangen war, und meinte dann: »Anscheinend haben Sie mächtig Eindruck auf sie gemacht.«
    »Ich unterhalte mich gern mit den Leuten. Faye und ich sind vor ein paar Tagen ins Gespräch gekommen.«
    Faye brachte Kendalls Tee und für Cole einen Kaffee. Einen Augenblick lang zögerte die Kellnerin, so als hoffte sie, Cole würde noch etwas sagen. Als er das nicht tat, ging sie zu einem anderen Tisch weiter.
    Kendall schwenkte ihren Teebeutel in der Tasse. »Und wie gefällt Ihnen Richmond bis jetzt?«
    Er nahm drei Tütchen Zucker, riss sie

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