Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
Küchentisch gelegt, daß es spät werden könne, bis ich heimkam, sie solle sich keine Sorgen machen und, wenn Leute anriefen, die sie nicht sofort an der Stimme erkannte, sich absolut doof stellen.
    Babs hatte geschlafen und im Schlaf geredet. Von Beverly Hills, Tokio und ›Pu dem Bären‹. Ruth Reinhardt, Dr. Sigrand und ich hatten um ihr Bett gestanden, lange Zeit. Dr. Sigrand war wie ausgewechselt: Er behandelte mich wie einen Freund.
    »Und das neue Mittel?«
    »Sie erhält es doch erst seit heute früh, Monsieur Norton. Wir müssen warten.«
    »Aber der Zustand ist unverändert?«
    »Der Zustand ist schlechter geworden«, sagte Ruth Reinhardt. Die beiden Ärzte waren nun auch halbwegs ausgeschlafen und hatten neue Kräfte.
    »Ich muß zu Mrs. Moran …«
    Die beiden hatten geschwiegen.
    »Was soll ich ihr sagen?«
    »Sagen Sie ihr, es geht Babs, den Umständen entsprechend, besser«, sagte Sigrand. Das hatte ich dann auch gesagt, in der Rue Cavé, in der Klinik von Professor Delamare.
    »Ist das auch wirklich wahr, mein Wölfchen?« Sylvia lag da, immer noch mit dem Verband, aber die Augen waren frei, und die Augen ließen mich nicht los. Ich dachte, wie angenehm es gewesen wäre, wenn sie noch die Augenbinde gehabt hätte.
    »Wirklich und wahrhaftig.«
    »Schwörst du das?«
    »Ja.«
    »Bei deinem Augenlicht?«
    Das war schon weniger angenehm. In Situationen kommt man, mein Herr Richter. Was sollte ich antworten?
    »Natürlich auch bei meinem Augenlicht.«
    »Ach, mein Wölfchen, wenn du jetzt nicht bei mir wärst … Ich würde mich umbringen … Du tust alles … Du kümmerst dich um alles … So, als wäre Babs dein Kind …«
    »Na, das ist sie ja eigentlich auch«, sagte ich heroisch.
    Sie sagte mit einer Bitternis, die mir damals überhaupt nicht auffiel, die mir aber nun, da alles vorbei und zu spät ist, im Gehirn brennt: »Ich wünschte, Babs wäre dein Kind.«
    »Alles wird gut«, sagte ich. »Sie haben mir solche Hoffnung mit diesem neuen Mittel gemacht.« Wenn ich schon log, dann aber richtig! »Es ist ein Wundermittel. Du wirst sehen – noch ein paar Tage und Babs ist wieder okay.«
    »Ja. Alles wird wieder gut. Ach ja, ganz …« Dann war sie eingeschlafen. Ich hatte gebadet, als ich heimkam (heimkam!) nach dem Essen und nachdem ich Suzy alles erzählt und Bracken über alles informiert hatte. Ich kam aus dem Bad in das hypermoderne Wohnzimmer mit diesen Plastik-Möbeln, und da stand wahrhaftig auf einem kleinen Tischchen eine brennende Kerze, die Suzy auf einer Untertasse angeklebt hatte. Und Suzy stand davor und bewegte leise die Lippen.
    »Das arme Kind«, sagte Suzy. »Gott allein kann ihm noch helfen.«
    »Du glaubst an den Lieben Gott?«
    »Natürlich«, sagte Suzy.
    Ich sagte nichts, und plötzlich umklammerte sie mich wild und preßte sich an mich und schluchzte: »Ich weiß, ich müßte sagen: Was geht mich diese Babs an? Was geht mich deine Sylvia an? Wo die beiden doch nie zulassen werden, daß wir miteinander glücklich werden … auch wenn Babs stirbt! Aber so will ich nicht mit dir glücklich werden! Babs darf nicht sterben!«
    »Nur vielleicht idiotisch werden«, sagte ich.
    »Sprich nicht so!« schrie Suzy.
    »Hast doch selber so gesprochen gestern!«
    »Ach, das war … da habe ich … Verstehst du denn nicht, daß ich dich liebe , du Idiot?«
    »Natürlich verstehe ich das, mon p’tit chou.« Ich trug nur einen Bademantel. Suzy hatte alle meine Anzüge, die Wäsche und auch alles aus den Koffern von Babs liebevoll ausgepackt und in ihre Schränke gehängt. Jetzt sagte sie: »Wenn du sehr große Angst hast … und unglücklich bist … und erschöpft … wird dir dann jedesmal auch so komisch? Ich weiß, das ist blöd, aber ich werde es jedesmal, was soll ich machen?«
    Zwei Minuten später waren wir dann also im Bett, und es war alles so verrückt und ohne jedes Maß, wie es immer war, in dieser Nacht vielleicht noch mehr. Ich schlief zuletzt ein. Um sechs Uhr weckte mich Suzy.
    »Was … was ist?«
    »Ich kann nicht schlafen, mon petit chou.«
    »Na, dann laß wenigstens mich schlafen!«
    »Nein. Du mußt aufstehen.«
    »Aufstehen?«
    »Ja. Und ins Hôpital Sainte-Bernadette fahren. Du mußt da sein, wenn sie die Morgenvisite machen, und die machen sie um acht. Wir müssen doch wissen, wie Babs die Nacht verbracht hat«, sagte Suzy. Sie sagte ›wir‹.
    Also stand ich auf, und wir frühstückten, und dann ging ich durch Kälte und Finsternis zur

Weitere Kostenlose Bücher