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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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nicht, die hätte sie nie, wenn wir den Namen der Schule bekanntgeben würden. Nur soviel: Babs geht nach Amerika. Und zu dem Thema Ruhe: Babs ist schon viel zu lange mit uns herumvagabundiert, sie ist müde und erschöpft. Das hat sich herausgestellt, als sie plötzlich eine Brille brauchte. Ja, eine Brille! Die Erschöpfung hat ihren Augen geschadet. Eine vorübergehende Erschöpfung selbstverständlich, bald schon wird Babs ihre Brille nicht mehr brauchen. Aber Sie verstehen jetzt gewiß alle, warum wir nicht sagen können, wohin Clarissa, ihr treues Kindermädchen, sie nun bringt, zusammen mit mir.«
    »Zusammen mit Phil«, sagte Sylvia und legte wieder ihre Hand auf die meine. Sie war so schweißfeucht wie vorhin im Ankleideraum.
    Mein Stichwort!
    Ich stand auf und sagte: »Ich werde Babs nun holen, damit sie sich von Ihnen allen verabschieden kann, meine Damen und Herren.«
    Dann ging ich über das Podium auf den schwarzen Vorhang zu. Meine Knie waren wie aus Pudding, mein Herr Richter. Ich hob den Vorhang. Da sah ich sie alle – Ärzte, Detektive, Schminkmeister, meinen Freund, den Direktor des LE MONDE, Pierre Maréchal, Clarissa, Babs, Ruth.
    Ruth blickte mich starr an.
    Maréchal hob beide Hände über den Kopf und schüttelte sie wie ein Boxer. Clarissa trug ein violettes Kleid. Sie führte Babs zu mir, so weit, daß sie zwei Schritte auf das Podium herauskam und für alle sichtbar wurde. Babs hinkte doch. Bei den zwei Schritten war das nicht zu merken für die Reporter, denn Clarissa ging außen. Nun (alles, alles genau besprochen) bückte ich mich, eben wie ein Mann in übergroßer Liebe zu einem Kind, und hob Babs hoch, hielt sie auf einem Arm, sie saß da richtig. Sie war so benommen von den vielen bunten Pillen des Dr. Lévy, daß sie sich nicht wehrte. Sie war tot wie eine Puppe. Eine sehr schöne Puppe. Ich ging über das Podium zurück, Babs im Arm, bis zu Sylvia. Schritt vor Schritt. Das alles war lebensgefährlich, absolut lebensgefährlich. Die Ärzte hatten gewarnt. Sylvia hatte gefleht, das Kind nicht zu zeigen. Aber Joe und seine Anwälte, allen voran Lejeune, waren unerbittlich geblieben. Das Kind mußte noch einmal vorgezeigt werden! Ich denke, alle da an dem Tisch und alle da hinter dem Vorhang sprachen ihre Gebete, zu welchen Göttern immer.
    Kreuzfeuer der Fotoblitze. Gleißendes Scheinwerferlicht. Viele klatschten. Sylvia lächelte. Joe lächelte. Bracken lächelte. Ich lächelte. Dann geschah das Grausigste: In Erinnerung an sehr viele ähnliche Gelegenheiten, die sich in Babs’ armes Gehirn offenbar eingegraben hatten, hob sie den rechten Arm und winkte den Reportern zu und lachte.
    Und lachte!
    Die Puppe Babs lachte, das kunstvoll schön geschminkte, arme, verzerrte Gesicht, das nun aussah wie das der gesunden Babs, lachte! Hinter der superschicken Brille sah man die schielenden Augen fast nicht, so sehr spiegelten die Gläser.
    Was für ein Fressen für die Reporter!
    Was für ein Glück für uns!
    Alle am Tisch standen auf und klatschten Babs zu: Die Mutter, Rod, Joe, der ganze Saal klatschte. Ich zählte derweilen die Sekunden. Vier Minuten, hatte Ruth mir gesagt. Keinesfalls länger. Als ich nach vier Minuten Babs wieder vom Podium trug, wurden Proteste laut. Das war mir egal. Nur raus aus dem ›Blauen Salon‹.
    Da war der Vorhang, Clarissa hielt ihn auf. Rein in den Nebenraum. Ich ließ Babs auf eine Couch gleiten. Im nächsten Moment, mein Herr Richter, im nächsten Moment begann sie wüst um sich zu schlagen, um sich zu treten. Ruth und die französischen Ärzte eilten zu ihr. Ich wußte, sie würden sich um Babs kümmern. In Orly stand die SUPER-ONE-ELEVEN startklar. Alle hier waren informiert: Babs mußte in dieser Maschine mit Ruth und einem französischen Arzt und den beiden Schwestern sofort nach Nürnberg zurück. Und ich mußte in den ›Blauen Salon‹ zurück.
    »Ich rufe an, nachts«, sagte ich leise zu Ruth. Sie nickte.
    Ich eilte auf das Podium. Ich setzte mich neben Sylvia. Legte einen Arm um sie. Das Liebespaar des Jahrhunderts eben. Die nächste Stunde schien kein Ende nehmen zu wollen. Wir mußten diese Konferenz fortsetzen, bis wir sicher waren, daß Babs sich in der Luft befand, daß die SUPER-ONE-ELEVEN gestartet war. Glücklicherweise hatten die Reporter noch viele Fragen: Wie es mit dem KREIDEKREIS gehe, aber auch wegen des Films SO WENIG ZEIT. Ein Sprecher trat vor, den sie gewählt hatten. Zu meiner Freude war es wieder Claude Parron von AFP. Es

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