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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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können, ja? Damit sie nach fünfzehn Jahren allein aufs Klo gehen können und nicht einfach, wo sie liegen oder hocken, alles unter sich lassen, ja? Großer Gott, was für eine Besserung!« Pause. Dann: »Krepieren lassen! Das ist human! So schnell es geht! Gott weiß, daß ich die Nazis hasse, aber wenn sie in einem Punkt recht gehabt haben, dann bei der Euthanasie von diesen Kretins …« Wieder Pause. Ich mußte mich setzen. Meine Knie waren plötzlich wie aus Pudding. Ich verschüttete meinen Drink.
    Eine verzerrte, unkenntlich gemachte Männerstimme erklang: »Guten Tag, liebe Mrs. Moran. Sie wissen, wann Sie dies und sehr viel mehr in Monte-Carlo gesagt haben. Ich habe Ihnen hier nur eine sehr kleine Kostprobe geschickt. Ich besitze den ganzen Text. Ich denke doch, es wäre Ihr Ende, liebe Mrs. Moran, wenn irgend jemand Dritter hörte, was Sie da nach Ihrer rührenden weltweiten Fernsehansprache in der Garderobe zu Mister Kaven gesagt haben. Meinen Sie nicht auch, liebe Mrs. Moran?«
    »Dieser verfluchte Hund, wenn ich …«, sagte Bracken.
    »Halt’s Maul«, sagte Sylvia. Ich sah, daß ihre Hände zitterten, nein richtig flogen! Sie war jetzt kreideweiß im Gesicht.
    »Ach ja, ganz sicherlich wäre das Ihr Ende«, fuhr die verzerrte Männerstimme fort. »Wissen Sie, liebe Mrs. Moran, ich habe ein weiches Herz. Ich will Sie wahrhaftig nicht ins Unglück stürzen. Aber weil ich ein so weiches Herz habe, hatte ich so viel Unglück. Ich bin arm. Ich habe Schulden. Ich brauche Geld. Ein Vorschlag zur Güte: Sie kaufen mir die Originalbänder ab. Sofort. Es eilt sehr. Sie bezahlen fünfzigtausend Dollar – das ist doch wirklich kulant! –, und nach Erhalt schicke ich Ihnen die Bänder. Nun werde ich Ihnen erklären, wie ich das Geld haben will und wohin …«
    Diese Erklärung war lang, kompliziert und genial. Das Geld ging über Anwälte, die von nichts wußten, aus Amerika nach Europa, dort in die Schweiz zu anderen Anwälten, die auch von nichts wußten, und, über ein Treuhandkonto, auf ein Konto in Liechtenstein. Ich will Sie nicht langweilen, mein Herr Richter. Das war idiotensicher für den Mann, der die Bänder hatte.
    Bracken stoppte das Gerät. Ließ die Spule zurücklaufen. Wir hörten uns das noch zweimal an. Wir tranken jeder auch noch zwei Martinis. Sylvia weinte. Ich sagte, das einzig richtige wäre, sofort die Polizei anzurufen. Bracken sagte: »Du doofes Arschloch, dann ist gleich alles aus!«
    Nachmittags überwies er, wie verlangt, fünfzigtausend Dollar.
    Fünfzigtausend Dollar!
    Eine Woche später kamen die Bänder. Zwei große Spulen. Der ganze Text. Sechs Wochen später kam wieder ein Päckchen mit einer kleinen Spule. Das Ganze wie beim ersten Mal. Nur daß die Männerstimme sagte: »Ich habe wirklich sehr viel Unglück, liebe Mrs. Moran. Fünfzigtausend genügen nicht. Ich brauche mehr. Ich habe nichts auf der Welt – außer ein paar Bändern, auf die ich die Originalbänder überspielt habe. Wenn ich also noch einmal um fünfzigtausend Dollar bitten dürfte. Auf dem gleichen Wege. Ich danke Ihnen, liebe Mrs. Moran. Viel Glück für Sie. Und bitte um sofortige Überweisung. Andernfalls – Sie verstehen. Ein armer Mann hat eben keine Wahl.«
    Na ja, Rod überwies wieder fünfzigtausend Dollar.
    Dann war drei Monate Ruhe.
    Bis wieder eine kleine Spule kam. Dieselbe Sache. Er hatte immer noch soviel Unglück, der Scheißkerl. Und, wie es sich traf, hatte er noch zwei Bänder, auf die er die originale Konversation überspielt hatte …
    Sehen Sie, mein Herr Richter, das war die scheußliche Lage – in vier Punkten.
    Erster Punkt: Wir hatten die besten Privatdetektive engagiert, sofort natürlich. Sie waren bis nach Wien geflogen. Keiner hatte auch nur die kleinste Spur gefunden, die darauf hindeutete, wer der Erpresser war.
    Zweiter Punkt: Nach dieser dritten Sendung war uns klar, daß das ewig so weitergehen würde. Vielleicht hatte der Kerl noch hundert Bänder, vielleicht fünfzig, höchstwahrscheinlich eines – das Original . Von dem konnte er den Dialog auf immer neue Bänder überspielen, solange er lustig war, und der war sicher noch lange lustig.
    Dritter Punkt: Sylvia mußte zahlen. Wenn sie nicht zahlte und die Sache an die Öffentlichkeit kam, war sie erledigt. Aber total. Fix und fertig. Für alle Zeit. (Allein die allmächtigen amerikanischen Frauenvereine!) Hatte sich leider sehr schlimme Dinge geleistet, da in der Garderobe von TMC, mein geliebtes

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