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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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denke ich.«
    »Das denke ich nicht! Lieben Sie Sylvia Moran, Herr Norton?«
    »Ich … Selbstverständlich liebe ich Sylvia!«
    »Selbstverständlich lieben Sie Sylvia nicht ! Haben sie nie geliebt! Werden sie nie lieben! In der Lage, in der Sie sich ihr gegenüber befinden, ist Liebe unmöglich«, sagte Ruth Reinhardt. Ich schwieg. »Also wissen Sie auch nichts von ihr. Nicht das Entscheidende. Nicht, wie sie wirklich ist.«
    »Aber Sie wissen es?«
    »Ich glaube, ich kann es mir gut vorstellen«, sagte Ruth Reinhardt. »Sylvia Moran ist ein weltbekannter Begriff. Eine Gütemarke. Schon dadurch eine ungewöhnliche Frau, ein ungewöhnlicher Mensch. Die Welt und auch Sie – ja, ja, Herr Norton, auch Sie, glauben Sie mir – kennen von Sylvia Moran nur das, was sichtbar ist, die Rolle, die sie spielt, ihr Leben lang, die sie spielen muß als ein so großer Star. Wie soll ich das bloß ausdrücken? Ich, Sie, die ganze Welt sieht nur das Plakat Sylvia Moran, das, was an den Litfaßsäulen und vor den Kinos hängt, sieht nur das Farbfoto auf der Illustrierten und das Bild auf dem Fernsehschirm … das Äußerliche …« Sie hat recht, dachte ich erschrocken. Ich weiß wirklich nur Äußerlichkeiten von Sylvia. Die gespenstische Szene in der Klinik von Professor Delamare fiel mir ein, als sie ihren Schmuck befingert hatte, ohne ihn sehen zu können. »Diese Frau kann gar nicht mehr so sein, wie sie will! Doktor Sigrand war ungerecht gegen Sylvia Moran – die Erklärung dafür kennen Sie. Man muß sich aber bemühen, nicht ungerecht zu sein. Man muß immerfort versuchen, Erklärungen zu finden, Erklärungen und Entschuldigungen, Herr Norton.«
    Ich weiß nicht, was über mich kam, ich sagte zu einer Frau, die ich kaum kannte, über eine Frau, von der ich lebte: »Aber ich bitte Sie, was Sylvia da in der Garderobe gesagt hat, das war doch einfach widerlich!«
    Darauf antwortete Ruth Reinhardt: »Manche Menschen benehmen sich widerlich, weil sie unglücklich sind, Herr Norton.«
    »Sie können diesen Haßausbruch entschuldigen?«
    »Ich kann ihn entschuldigen und verstehen, Herr Norton. Man hat Frau Moran praktisch gezwungen, diese Ansprache zu halten – ja, ja, man hat sie gezwungen! Sie und dieser Mister Bracken und die Filmgesellschaft in Hollywood und was weiß ich, wer noch alles. Man hat sie gezwungen zu sprechen, ohne sie auch nur zu fragen, ob sie einverstanden ist mit dem, was sie sprechen sollte, ob das auch ihre Meinung war. Und vergessen Sie nicht, Herr Norton, Babs war damals ein gesundes Kind!«
    »Und jetzt hat Babs ausgerechnet die Krankheit, von deren Folgen Sylvia so abgestoßen war!«
    »Sylvia Moran ist ein Star! Sie muß tun, was man ihr sagt, ob sie will oder nicht! Ist das nicht einfach entsetzlich, Herr Norton? Was gibt es da alles, wenn Frau Moran sich weigert, zu tun, was ihr das Studio oder sonst wer vorschreibt? Angst vor dem Weitergehen der Karriere, die weitergehen muß! Angst, zurückzufallen! Angst vor Intrigen! Keine Rollen mehr! Was noch, Herr Norton? Gewiß noch vieles andere! Es ist entsetzlich, in welcher Lage sich Sylvia Moran befand – gar nicht zu reden davon, wie entsetzlich die Lage ist, in welcher sie sich jetzt befindet. Und immer weiter wird sie das Plakat sein müssen! Das Plakat, Herr Norton!«
    Sehen Sie, mein Herr Richter, das war der Zeitpunkt, in dem ich sie kennenlernte, diese ›Welt nebenan‹, diese Menschen im Dunkeln. »Sie kam also, am Ende mit ihrer Beherrschung, in die Garderobe nach dem Auftritt«, sagte diese Ärztin, deren Worte mich mehr und mehr beeindruckten. »Beschämt, weil ihr der Grad ihrer Abhängigkeit klargeworden war, trotz aller Berühmtheit – man ist um so abhängiger, je berühmter man ist! –, nun, und Sie wissen selber, was Menschen, die sehr beschämt sind oder die man sehr beschämt hat, dann werden – sie werden aggressiv! Und das und nichts anderes ist Frau Moran geworden. Ich kann sehr gut verstehen, Herr Norton, daß jemand wie Sylvia Moran, deren Existenz von einem bestimmten Image abhängt – in diesem Falle auch noch zusammen mit Babs –, den Gedanken an behinderte Kinder nicht erträgt, und sei es einfach bloß aus Aberglauben, aus Furcht, etwas herbeizuziehen! Ich bitte Sie, vom Image Sylvia Morans hängt ja auch ihr Einkommen, hängen ihre Gagen, hängen Sie ab. Sie entschuldigen. Ich sage nur die Wahrheit, Sie sind nicht beleidigt, wie?«
    »Gewiß nicht.« Ich war es auch nicht. Nicht bei dieser Frau.
    »Und

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