Niemand kennt mich so wie du
doch sie zog sich ihr Höschen ohne fremde Hilfe hinunter und bestand darauf, ihr Geschäft allein zu verrichten. Erst als sie «Oh nein! Ich habe Scheiße an den Fingern! Ich habe Scheiße an den Fingern!» kreischte, tauchte die Schwester auf und wusch ihr mit antibakterieller Seife gründlich die Hände.
Die Botschaft ist in allen Sprachen gleich!
Operite ruke
Lavarsi le mani
Lávese las manos
Xin jay rura tay
Hände waschen
Als es richtig heiß wurde, schob Clooney sie in den Krankenhauspark, und dort saßen sie dann stundenlang, beobachteten die Leute, genossen die Sonne, den Duft von Blumen und Gras und die Gesellschaft des anderen. Eve machte von Tag zu Tag Fortschritte. Ihre Bewegungen wurden zusehends fließender, und sie setzte ihren gesunden Arm äußerst kreativ ein. Adam bestätigte, dass ihre Genesung extrem schnell vonstattenging. Er war noch immer besorgt wegen der Kopfschmerzen, doch ihre Schulter machte bemerkenswerte Fortschritte, und nach dem Widerwillen der ersten beiden Wochen hatte Eve zu einer stillen Übereinkunft mit ihren beiden Therapeuten gefunden. Sie arbeitete unermüdlich an ihrer Schulter und dem linken Bein. Sie verbrachte immer mehr Zeit außerhalb des Bettes in ihrem elektrischen Rollstuhl. Sie rollte durch die Korridore und schwatzte hier und da mit Marion, Abby und all den anderen Schwestern, die sie inzwischen kannte. Um die Cafeteria machte sie einen weiten Bogen, weil Lily einmal erwähnt hatte, dass sie sich dort häufig mit Declan treffe, und Eve blanken Horror davor hatte, ihm versehentlich in die Arme zu laufen. Clooney brachte ständig Köstlichkeiten aus ihrem Lieblingsfeinkostladen mit, und wenn ihr nicht zufällig schlecht von dem Gestank aus dem Lüftungsschlitz war, gegen den offensichtlich niemand etwas unternehmen konnte, veranstalteten sie an schönen Tagen Picknicks im Park und bei schlechtem Wetter im Wintergarten. Ihre Freunde kamen und gingen, wenn auch im Laufe der Zeit nicht mehr so häufig wie zu Beginn, doch selbst als die Besuche nachließen, sah Eve die meisten von ihnen noch zweimal pro Woche.
Simone war eine Offenbarung. Eve war Paddy zwar nie begegnet, aber Gina hatte angedeutet, dass er Paul sehr ähnlich war – ruhig, verschlossen, manchmal sogar kalt. Gina hatte den Verdacht, dass Paddy sie und Gar nicht mochte, und sie hatte recht. Paddy hatte nichts gegen sie – sie hatten nur einfach nichts gemeinsam. Das wusste Eve, weil Paul es in einem der seltenen redseligen Augenblicke zugegeben hatte. «Aber dich hätte er gemocht», sagte er.
Simone war jedenfalls ein offenes Buch. Sie benahm sich Gina gegenüber so charmant, dass Gina völlig hingerissen war. Zudem war Simone eine Augenweide, doch in ihren Zügen lag eine Weichheit, die Eve von anderen Models ihres Ranges nicht kannte. Sie freute sich außerordentlich, Pauls Freunde kennenzulernen, auch wenn sie ein bisschen enttäuscht darüber war, dass Gar nicht kommen konnte. Gina erfand eine erbärmliche Ausrede und wurde puterrot dabei. Es war für alle offensichtlich, dass sie log. Gina war eine schrecklich schlechte Lügnerin. Sie machte es immer viel zu kompliziert, erfand riesige Geschichten ohne Anfang, Mitte oder Ende. Der Anfang war nicht schlecht, doch dann verlor sie sich in Gestammel und Gemurmel. Paul war so gnädig und unterbrach sie mit einem Kompliment zu ihrem Kleid. Gina errötete wieder, weil ihr klar war, dass sie die Ausrede vermasselt hatte. Simone empfand Mitleid mit ihr, umarmte sie und sagte, wie froh sie sei, sie endlich kennenzulernen, und dass Paul ihr schon so viel von Gina erzählt habe. Das brachte Gina noch mehr in Verlegenheit. Entweder war Simone eine sehr viel bessere Lügnerin als sie, oder sie meinte es ernst, und Gina beschloss, Letzteres zu glauben. Simone wusste offensichtlich so gut wie alles über Pauls Freunde. Selbst Clooney erschrak, als sie sich mit ihm über die Orte unterhielt, an denen er gewesen war, und über seine Arbeit dort. Simone war entweder eine Politikerin im Körper eines Models mit fotografischem Gedächtnis, oder Paul hatte sich ihr gegenüber mehr geöffnet als bei seinen Freunden all die Jahre über, die sie einander jetzt kannten. Er wirkte in ihrer Gegenwart unglaublich entspannt – er berührte sie, lehnte sich an sie, lachte häufiger und redete mehr und in längeren Sätzen. Es war interessant zu beobachten. Gina und Simone verstanden sich blendend. Sie waren sich unglaublich ähnlich, und es war klar, dass sich
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