Niemand kennt mich so wie du
dich selbst zu quälen.»
«Okay», sagte er lächelnd. «So hart war das gar nicht.»
«Ich bin noch nicht fertig. Du bist wie ich – wir sind eigensüchtig und unstet. Wir machen, was wir wollen und wann wir es wollen. Wir langweilen uns schnell und stellen uns selbst immer an erste Stelle. Sehen wir der Wahrheit ins Gesicht: Wir zwei sind erwachsene, verzogene Kleinkinder, echte Arschlöcher, und in deinem Fall wird es Zeit, andere an die erste Stelle zu setzen, und das macht dir Angst.»
Er lachte. «Das schaffe ich. Simone macht es mir leicht», sagte er.
«Gut», antwortete Eve und lächelte. «Dann wird alles gut.»
«Und was ist mit dir? Hast du auch vor, das verzogene Kleinkind endlich hinter dir zu lassen?»
«Nein», sagte sie.
«Auch gut.»
Gar und Paul verfolgten die Snookerpartie im Fernseher über der Bar, und Clooney war in seine eigenen Gedanken versunken. Er dachte an Lily. Er machte sich Sorgen um sie. Sie verwelkte vor seinen Augen. Sie rannte ihr ganzes Leben lang durch die Gegend und kümmerte sich um alle anderen, nur nicht um sich selbst. Er wollte sie in weiche Watte packen, sie füttern und baden und sich um sie kümmern. Er dachte ständig an sie und musste den Drang bekämpfen, sofort zu ihr nach Hause zu fahren und sie vor dem Mann zu retten, den sie nie hätte heiraten dürfen. Clooney kannte Declan nicht und hatte keine Ahnung, wozu er fähig war, aber er wusste, dass Eve ihn hasste und dass Declan der Grund war, weshalb die Mädchen zwanzig Jahre lang nicht miteinander gesprochen hatten. Ihm war klar, dass Lily sich an einem Scheideweg befand. Entweder entschied sie sich für Declan, oder sie entschied sich für sich selbst. Beim letzten Mal, als sie vor der gleichen Entscheidung gestanden hatte, war Clooney dabei gewesen, und damals hatte sie sich für Declan entschieden. Wer wird es diesmal sein, Lily?
Während Clooney in seine eigenen Gedanken versunken mit Gar und Paul in einem Pub saß, während sie tranken, Snooker schauten und ab und zu ein paar Worte wechselten, erreichte Lilys Krise den Höhepunkt.
Scotts Wagen war liegen geblieben und stand in der Werkstatt seines Großvaters, bis sie Zeit hatten, gemeinsam einen Blick darauf zu werfen. Lily hatte versprochen, ihn abzuholen, und als sie endlich dort eintraf, war es bereits nach sieben. Scott und sein Großvater lagen beide gut gelaunt unter zwei Autos. Das Radio lief. Lily hatte ein seltsames Gefühl, als sie die Werkstatt betrat. Sie war nicht mehr hier gewesen, seit sie ein junges Mädchen war. Es sah zwar noch genauso aus wie früher, doch die Atmosphäre hatte sich völlig verändert. Fast beinahe synchron rollten Scott und sein Großvater unter ihren Fahrzeugen hervor. Sie glichen einander wie ein Ei dem anderen, von Kopf bis Fuß verdreckt, teilten sie sich einen Lumpen, um sich die Hände abzuwischen. Dabei lächelten sie und unterhielten sich zwanglos. Der trostlose Ort aus Lilys Erinnerung schien einer anderen Welt anzugehören. Sie lehnte dankend eine Tasse Kaffee ab und hatte es eilig fortzukommen.
Scotts Großvater lächelte sie an.
«Es ist schön, dich mal wieder hier zu sehen», sagte er.
«Danke, Mr. Donovan», antwortete sie.
«Wie oft soll ich es dir noch sagen? Nenn mich Jack.»
Lily würde sich nie daran gewöhnen, ihren Schwiegervater mit seinem Vornamen anzusprechen. Zu lange war er Mr. Donovan für sie gewesen, das Ungeheuer, mit dem sie nicht zu sprechen wagte.
«Er würde einen guten Mechaniker abgeben», lobte er seinen Enkelsohn, und Scott grinste. «Aber ich nehme an, sein Vater hätte was dagegen.»
«Ich bin mir sicher, dass er Scott in jeder Wahl unterstützen wird», sagte sie.
«Das bezweifle ich», sagte Scott, und er und sein Großvater grinsten sich an. «Dazu ist Dad ein viel zu großer Snob.»
«Dein Vater ist das, wozu dein Großvater ihn gemacht hat!», fuhr Lily ihn an. Es war ihr plötzlich unerträglich, dass ihr Sohn und sein Großvater sich über Declan lustig machten. Wie kannst du es wagen? Du hast ihn zerstört! Es ist deine Schuld, dass er so kaputt ist. Es ist deine Schuld, dass ich versuche, ihn zu heilen, seit ich sechzehn Jahre alt bin. Es ist deine Schuld, dass er nie wirklich eine Chance hatte. Lily fing an zu weinen.
Scott und Jack sahen sich an, und keiner wusste, was er sagen sollte. Eilig trocknete Lily sich die Augen und scheuchte ihren Sohn in den Wagen. Er verabschiedete sich von seinem Großvater, und der winkte ihnen nach.
Im
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