Niemand kennt mich so wie du
verlasse, meinen Dad, Clooney, dich, die Clique! Aber ich denke, wir kriegen das schon hin. Wir werden uns schreiben, und zu Weihnachten sehen wir uns alle wieder. Außerdem bleibe ich ja auch nicht für immer in London. Ich weiß, dass ich traurig und einsam sein werde, aber ich werde es trotzdem schaffen. Aber wenn ich darüber nachdenke, dass ich Ben verlassen muss, habe ich das Gefühl, ich müsste sterben. Es ist so dumm und übertrieben und erbärmlich, weil ich ihn ja erst so kurz kenne, aber bei dem Gedanken, ihn zu verlieren, bleibt mir die Luft weg. Das gefällt mir nicht. An so einem Punkt wollte ich diesen Sommer definitiv nicht stehen. Trotzdem ist dieser Sommer (mal abgesehen von den letzten zwei Wochen und Bens Oma, möge sie in Frieden ruhen) der beste Sommer meines Lebens. Noch drei Wochen. Kommst du wenigstens rechtzeitig nach Hause, um Auf Wiedersehen zu sagen?
Bitte schreib mir. Ich vermisse dich.
Eve
MORGEN KOMMEN UNSERE NOTEN RAUS!!!
KANNST DU DAS GLAUBEN!?
***
Als Lily Daisy abholen wollte, war sie bereits weg. Declan war ihr zuvorgekommen. Sie fuhr zu Jack Donovans Werkstatt und traf ihn dort alleine an. Declan hatte von Scott verlangt, zu Hause zu bleiben und sich um seine Schwester zu kümmern.
«Er ist nicht untätig gewesen», sagte Lily.
«Stimmt es, was Scott gesagt hat? Verlässt du Declan?», wollte Jack wissen.
«Ja.»
«Für einen anderen Mann?» Er sagte es weder boshaft noch verurteilend.
«Für mich selbst.»
«Ist er so, wie ich es war?», fragte er und sah sie direkt an. Seine Augen bohrten sich wie ein Laserstrahl in ihre, und sie konnte den Blick nicht abwenden.
«Nein und ja wahrscheinlich. Er hat die Kinder nie angerührt.»
«Und dich?»
«Ein- oder zweimal», sagte sie und senkte den Blick.
«Seiner Mutter habe ich nie etwas getan», sagte er beinahe flüsternd und wischte sich an einem alten Handtuch die Hände ab. Er deutete auf die beiden schäbigen Stühle, auf denen er und Scott immer ihre Mittagspause verbrachten. Sie setzte sich, und er nahm gegenüber Platz.
«Du hast neulich abends gesagt, er wäre das, wozu ich ihn gemacht hätte», sagte er.
Sie nickte. Sie hatte es nicht vergessen.
«Was soll ich sagen? Ich war ein schrecklicher Vater und habe furchtbare Dinge getan, aber irgendwann muss Declan selbst die Verantwortung dafür übernehmen, wer er ist und was er tut.»
«Plötzlich sind Sie der Dalai Lama», sagte Lily kopfschüttelnd. «Ich kann mich noch gut daran erinnern, in welchem Zustand Declan oft war, wenn Sie mit ihm fertig waren. Ich erinnere mich an die Blutergüsse, die Verletzungen und seine Tränen. Ich habe gehört, wie er im Schlaf Ihren Namen schrie. Klar, Sie haben recht, wir sind mehr als die Summe unserer Erfahrungen in der Vergangenheit, und diese reichen zur Entschuldigung nicht aus. Aber manchmal, wenn Declan besonders grausam, paranoid und brutal ist, dann sehe ich ihn an und sehe Sie, als würden Sie direkt vor mir stehen. Er ist Ihr Sohn, Mr. Donovan. Er ist, was Sie aus ihm gemacht haben, genetisch und in sozialer Hinsicht. Mag sein, dass Sie nicht mehr der Narziss oder Tyrann sind, der Sie mal waren, oder vielleicht sind Sie es nur auf eine andere Weise. Selbst wenn Sie sich durch die Anonymen Alkoholiker von Grund auf geändert haben, oder weil Sie glauben, Gott oder Frieden oder den tieferen Sinn Ihres Lebens gefunden zu haben, dann freue ich mich für Sie. Aber glauben Sie bitte nicht, wir beide könnten jemals Verbündete sein.»
Sie stand auf und wischte sich den Hosenboden ab.
Er erhob sich ebenfalls. «Verstehe», sagte er und machte sich wieder an die Arbeit, und Lily verließ die Werkstatt.
Clooney wartete in dem Café ein paar Häuser weiter. Es hatte sich seit ihrer Jugend und der Zeit, als Eve hier gearbeitet hatte, sehr verändert. Er hatte ihr einen Kaffee bestellt. Sie erzählte ihm, dass Scott zu Hause bleiben musste.
«Was hat er vor?», wollte Clooney wissen.
«Er versammelt seine Truppen», antwortete sie.
Adam hatte angerufen und berichtet, dass Declan sich ein paar Tage freigenommen hatte. Lily musste unbedingt nach Hause, um ein paar Sachen zu holen. Ihr war klar, dass Clooneys Anwesenheit ihrem Mann nur einen willkommenen Vorwand liefern würde, um sie vor den Kindern erneut fertigzumachen, aber sie war viel zu verängstigt, um alleine zu gehen.
Sie parkten vor dem Haus und blieben noch einen Moment im Auto sitzen, bis Lily all ihren Mut zusammengenommen hatte. Sie öffnete
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