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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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streichelte ihre Wange.
    «Können wir doch», antwortete sie, umarmte ihn fester und flüsterte ihm ins Ohr, dass alles gut werden würde.
    Als sie das zweite Mal in dieser Nacht erwachte, stand eine Schwester neben ihrem Bett und überprüfte einen der zahlreichen Schläuche. Eve fühlte sich bleischwer, und ihr war übel. Die messerscharfen Schmerzen lauerten dumpf betäubt unter der Oberfläche, und sie wusste sofort, wo sie war.
    «Wie spät ist es?», fragte sie.
    «Kurz nach drei Uhr morgens», sagte die Schwester.
    «Wo ist Lily?»
    «Sie ist zu Hause. Zur Frühschicht ist sie wieder da.»
    «Okay.»
    «Kann ich Ihnen irgendwas bringen?»
    «Ben», sagte Eve und glitt zurück in den Schlaf.
     
    Lily erschien etwas früher zur Arbeit und sah auf dem Weg ins Schwesternzimmer kurz bei Eve vorbei. Sie schlief und sah friedlich aus. Möge es lange andauern. Tag zwei nach der OP war oft der schlimmste. Bleib, wo du bist, Eve . Sie machte sich an die Arbeit und bat ihre Kolleginnen, sie zu holen, sobald Eve aufwachte. Wie sich herausstellte, ließ Eve sich Zeit, bis Lily am späten Vormittag wieder an ihrem Bett stand und sich die Krankenakte ansah, ehe sie die Augen aufschlug.
    «Guten Morgen», sagte Lily, ohne den Blick von der Akte zu heben. «Du hattest eine gute Nacht.»
    «Dann haben wir eindeutig unterschiedliche Ansichten darüber, was eine gute Nacht ausmacht.»
    «Es freut mich, dass es dir wieder besser geht», sagte Lily und lächelte.
    «Ben?»
    Lily sank der Mut. Sie war auf dem Weg zur Station kurz auf der Intensivstation gewesen, und Bens Nacht war alles andere als gut gewesen.
    «Unverändert», sagte sie.
    «Kann ich ihn sehen?»
    «Nein, Eve. Unmöglich.»
    «Wegen seiner Frau», sagte Eve in einem Tonfall, der ihre Resignation verriet. O Gott, seine Frau!
    «Weiß sie es?», fragte sie. Die Vorstellung, wie die Frau, die er geheiratet hatte und die sie nur lächelnd von irgendwelchen Urlaubsfotos kannte, panisch in der Gegend herumtelefonierte, um ihren Mann zu finden, war unerträglich.
    «Sie ist bei ihm», sagte Lily.
    Eve seufzte erleichtert. «Ich gehöre nicht dorthin.»
    «Ganz zu schweigen davon, dass du zwei gebrochene Beine hast, eine zerschmetterte Schulter und genug Metall im Körper, um es mit dem Terminator aufzunehmen. Du gehst nirgendwo hin.»
    «Aber in erster Linie gehöre ich nicht dorthin», sagte Eve. Es klang unerträglich traurig.
    Lily sagte nichts.
    «Wie lange?», fragte Eve mit einer Geste auf ihren kaputten Körper.
    «Wochen.» Lily blieb vage.
    «Wie viele Wochen?»
    «Jeder heilt in seinem eigenen Tempo. Das kann ich nicht beantworten.»
    «Eine ungefähre Hausnummer?»
    «Immer noch so penetrant, wie ich sehe.»
    «Bitte!»
    «Die Verletzung deiner Schulter ist am gravierendsten. Adam hat sie praktisch neu aufgebaut. Vielleicht müssen sie noch mal operieren, und das würde dann ungefähr einen zusätzlichen Monat bedeuten. Dein rechtes Bein ist im Gips, das braucht etwa acht Wochen, dein linkes Bein braucht ebenfalls mindestens zwei Monate, zusätzlich zur Physiotherapie.»
    «Was ist mit meinem Gesicht?», wollte Eve wissen.
    «Na ja, im Augenblick siehst du schlimm aus, aber das verheilt wieder.»
    «Danke sehr.»
    «Gern geschehen.» Lily zog sich den Besucherstuhl ans Bett. «Ich habe dein Telefon gefunden. Es war in deiner Jackentasche. Ich könnte Danny anrufen.»
    «Danny lebt nicht mehr.»
    Lily machte ein betroffenes Gesicht. Ihr wurde das Herz schwer, und Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie fühlte sich, als hätte ihr jemand in den Magen geboxt. Als vor all den Jahren ihre Freundschaft zerbrochen war, hatte Lily noch mehr verloren als ihre beste Freundin. Sie hatte den Mann verloren, der für sie fast so was wie ein Vater gewesen war, und Clooney obendrein.
    «Oh, Eve, das tut mir so leid!»
    «Ja, danke.»
    «Wenn ich das gewusst hätte …» Lily verstummte, denn sie hatte es nicht gewusst, und selbst wenn … Hätte sie tatsächlich den Mut aufgebracht, bei seiner Beerdigung zu erscheinen? Vielleicht – schließlich war es Danny.
    Lily brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Eve sah den Schmerz in ihrem Gesicht, und sie verstand sie gut. Lily hatte Danny genauso geliebt wie sie selbst. Auf einmal sah sie Danny vor sich, wie er die winzige Lily durch die Luft wirbelte, während sie «Schneller, Danny, schneller!» schrie. Ein paar Minuten lang schwiegen sie beide.
    «Was ist mit Clooney?», fragte Lily dann.
    «Der ist in

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