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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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Pleite.»
    «Tut mir leid.»
    Sie zuckte die Schultern. «Kommt vor.»
    Sie küsste ihn noch einmal, und er schob sie sanft von sich.
    «Bist du müde?», fragte sie und sah ihm in die rot geränderten blauen Augen, die finster dreinblickten.
    «Ich fühle mich, als hätte mich ein Auto überfahren», sagte er, und sie lächelte.
    «Ich auch. Wie wär’s, wenn ich uns eine Wanne einlaufen lasse und wir uns einfach eine Weile darin entspannen, ehe wir in die Federn kriechen?»
    «Klingt gut.»
    Stephanie ging ins Bad und drehte den Wasserhahn auf. Das Wasser fing mit ein paar Sekunden Verzögerung an zu laufen. Zuerst prustete und spritzte es aus dem Hahn, während die Leitungen hörbar ächzten, aber dann, als hätte jemand dem ganzen System einen herzhaften Tritt versetzt, kam das Wasser in Fahrt und lief heiß in die Wanne. Die Fliesen waren rissig und teilweise gesprungen, aber das Bad war immer noch ein schöner Raum, obwohl es seine besten Zeiten eindeutig hinter sich hatte. Die Wanne war verfärbt, gelb an manchen Stellen und schwarz an anderen. Der Spiegel über dem Waschbecken hatte einen Sprung von einer Ecke zur anderen und wurde nur von dem breiten Goldrahmen zusammengehalten. Das Hotel gehörte einst zu den schönsten Häusern Kabuls, doch die Jahre des Krieges hatten seine Pracht zerstört, wie so vieles andere auch. Als die Wanne vollgelaufen war, stieg Clooney hinein, und Stephanie ließ sich zwischen seine Beine gleiten und lehnte sich an ihn. Die Wanne war tief und lang genug für sie beide, und sie saßen oft zur Entspannung darin, normalerweise mit einem Gin Tonic. Doch an diesem Abend war keinem von beiden nach Alkohol zumute. Clooney schlang seine Arme um sie und hielt sie fest.
    «Ist irgendwas passiert da draußen?», fragte er sie, wie er es immer tat.
    «Nein. Alles gut», antwortete sie ebenfalls wie immer, und Clooney wusste nie, ob er ihr glauben sollte. Sie liebte das Risiko und die Gefahr und war arrogant, und wenn er es sich erlaubte, sie tatsächlich in sein Herz zu schließen, dann hätte er aus Sorge um die zahllosen grässlichen Dinge, die ihr zustoßen konnten, schon längst den Verstand verloren. Bitte stirb nicht hier, Steph.
    «Das Leben hat mehr zu bieten als den Krieg», sagte er.
    «Das Thema schon wieder?»
    «Ich gehe bald.»
    «Das sagst du schon seit einer ganzen Weile.»
    «Ich beende nur noch dieses Projekt, dann bin ich weg», sagte er. «Du solltest auch darüber nachdenken, von hier zu verschwinden.»
    «Quatsch. Hier ist mein Platz.»
    «Willst du nicht manchmal auch was anderes für dich?»
    «Was? Einen Ehemann und Kinder? Willst du das?»
    «Hilfe, nein!», sagte er. «Ich dachte eher an eine Hängematte, ein kaltes Bier und einen Blowjob.»
    Sie lachte. «Das ist Urlaub für Perverse und kein Leben.»
    «Besser als das hier.»
    Sie drehte sich um und betrachtete sein müdes Gesicht. «Ich weiß nicht», sagte sie. «Ich finde das hier ziemlich nett.» Sie küsste ihn, wandte sich wieder um und ließ sich tiefer ins warme Wasser gleiten.
    Er streichelte ihren Arm. «Mir bleiben nur noch knapp zwei Wochen.»
    «Und du bist dir sicher?»
    «Ja.»
    «Wo willst du hingehen?»
    «Ich dachte an die Galapagosinseln, vielleicht für eine Weile in einer Strandhütte abhängen, von dort aus nach Südamerika, und dann sehe ich weiter.»
    «Denkst du darüber nach, dir dort einen Job zu suchen?»
    «Nein», sagte er. «Ich möchte nicht arbeiten.»
    «Nur zum Vergnügen. Schön für dich.»
    Wenn ein Vertrag auslief, hatte Clooney nie schon was Neues in Aussicht, aber wenn er wieder einsteigen wollte, gab es immer irgendwas – in der Regel im Zusammenhang mit einer großen Katastrophe. Denn am meisten Talent besaß er als Notfallkoordinator. Er hatte schon viele Teams an vielen Schauplätzen humanitärer Katastrophen angeführt, und manchmal waren sie als internationale Ersthelfer vor Ort. Deshalb war Clooney in seinem Leben bereits Zeuge der schlimmsten Verwüstungen und Zerstörungen geworden, zu denen die Natur in der Lage war. Außerdem hatte er hautnah die Kraft des menschlichen Geistes erfahren, sowohl im besten wie im schlimmsten Sinne, und unglaublich schöne sowie schlechte Zeiten durchgemacht. Er genoss das unbeschreibliche Hochgefühl, wenn sie einen Sieg errungen und unter außergewöhnlichen Umständen ein Leben gerettet hatten und dabei besondere Risiken eingegangen waren. Und er suhlte sich in den Tiefs, wenn zum Beispiel ein dreijähriges Mädchen vor

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