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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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verlängerter One-Night-Stand gewesen. Sie kehrte nach London zurück. Doch in den beiden gemeinsam verbrachten Tagen war etwas geschehen, und sobald sie wieder zu Hause war, rief sie ihn an. Im ersten Jahr sahen sie sich nur selten. Er kam zweimal nach London, um sie zu besuchen, sie kam zweimal nach Irland, und einmal trafen sie sich in Paris. Im zweiten Jahr arbeitete sie möglichst oft in Irland, und sie verbrachten einen Monat zusammen in Kuba. Dann kam der Moment, als es ernst wurde. Paul erkannte in dem Augenblick, als ein Abschied unmöglich erschien, dass er sich verliebt hatte. Er überlegte, nach London zu ziehen, aber Simone hatte die Nase voll von der Modelszene – mit neunundzwanzig galt sie bereits als uralt, und die Jobs wurden langsam weniger. Sie hatte in fünf Jahren fünf Kurse absolviert. Styling – gefiel ihr nicht. Make-up – nichts für sie. Frisuren – definitiv nicht. Fotografie – langweilig. Dann landete sie durch Zufall in einem Kurs für Hundefriseure und war Feuer und Flamme. Während eines Shootings war sie mit dem Fotografen ins Gespräch gekommen, der ihr von einem Auftrag in Cornwall erzählte. Das Shooting fand in einem Hundesalon mit zugehöriger Hundepension samt Fotostudio statt. Als große Hundefreundin, die in ihrem Leben nie genug Stabilität für ein Haustier gehabt hatte, war Simone fasziniert gewesen, und nach zwei schlaflosen Nächten voller Phantastereien über ihr eigenes Hundesalon-Hundepension-Hundefotostudio meldete sie sich zu dem ersten Ausbildungskurs an, den sie finden konnte, und sie war begeistert. Simone pendelte monatelang zwischen Irland und dem Rest der Welt hin und her. Dann fand sie den perfekten Standort, um ihre neue Existenz aufzubauen, und nun würde sie mit Paul zusammenziehen.
    Es gab nur ein Problem. Er hatte weder seiner Familie noch seinen Freunden je etwas von Simone erzählt. Für sein Umfeld war Paul immer noch schwul. Er hatte Simone seine Bisexualität gestanden, und das gleich am ersten Abend, weil er geglaubt hatte, er würde sie sowieso nie wiedersehen. Für Simone war das kein Thema gewesen – im Gegenteil, sie hatte ihm erzählt, dass sie selbst schon ab und zu mit Frauen rumgemacht hatte, auch wenn es nie zum Äußersten gekommen war. «Das war einfach nicht ich», meinte sie. Sie verstand, weshalb er sie weder seiner Familie noch seinen Freunden vorgestellt hatte, und solange sie im Ausland lebte, störte sie sich auch nicht daran, weil ihr die gemeinsame Zeit zu kostbar war. Doch jetzt lagen die Dinge anders. In knapp einem Monat zog sie mit ihm zusammen, und mehr noch: Sie würden bald zu dritt sein.
    An dem Morgen, als sie ihm von ihrem Verdacht erzählte, schwanger zu sein, genossen sie in einem Londoner Hotel gerade ein Frühstück im Bett. Sie erwähnte es so beiläufig, als würde sie ihn um die Butter bitten.
    «Die Croissants sind wirklich gut.»
    «Ja, nicht wahr?»
    «Ich glaube, ich bin schwanger.»
    Ein breites Grinsen erstrahlte auf seinem Gesicht. «Das finde ich wirklich toll», sagte er und ließ sein Croissant fallen.
    «Ich auch.»
    Sie umarmten und küssten sich, und als sie sich voneinander lösten, bat er sie, seine Frau zu werden.
    «Von Herzen gern», sagte sie, und damit war die Sache klar.
    Sie besorgten sich in der nächsten Drogerie einen Schwangerschaftstest und kehrten ins Hotel zurück. Simone pinkelte aufs Stäbchen, während er nervös wartete, schon ganz der werdende Vater. Das Stäbchen färbte sich augenblicklich rosarot. Simone trug sein Kind in sich, und als sie den Test hochhielt und «Treffer!» rief, weinte er, als wäre er selber eines.
    Sie einigten sich auf eine schlichte Hochzeit im September in ihrem Lieblingshotel in Westport. Dann wäre sie noch nicht hochschwanger. Simones Familie und ihre Freunde kannten Paul bereits. Er hatte in den letzten Jahren so viel Zeit in London verbracht, dass die allgemeine Bestürzung groß war, als bekannt wurde, dass Simone nach Irland gehen würde statt andersherum. Doch Paul hatte dort einen guten, hochdotierten Job und ein großes Haus in wunderschöner Lage, während sie so gut wie arbeitslos war, sich im Umbruch befand und etwas Neues anfangen wollte. Aber sie machte sich Gedanken, wie Pauls Familie und seine Freunde die Neuigkeiten aufnehmen würden, und er sorgte sich fast noch mehr. Wie nimmt man eigentlich ein Outing zurück?
    Paul hatte sich erst mit Mitte zwanzig ernsthaft mit seiner Bisexualität auseinandergesetzt. Auf der Suche nach

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