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Niemand lebt von seinen Träumen

Niemand lebt von seinen Träumen

Titel: Niemand lebt von seinen Träumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vor Rührung. Gierig zog er an der Zigarette und inhalierte den Rauch. Seine Lippen zitterten dabei.
    Nach einem kurzen Klopfen trat eine dunkelhaarige Sekretärin ein. In der Hand hielt sie eine dünne Mappe.
    Als sie sie auf den Schreibtisch legte und Bill Bluet sie aufschlug, warf Frank seine Zigarette weg und beugte sich weit vor.

8
    »Na, wat haste denn jetzt mitjebracht, Puppe?«
    Johnny, der Matrose, der außenbords an der ›Giesela Russ‹ hing und mit einem dicken Pinsel weiße Farbe über einige abgeblätterte Stellen strich, drehte sich lachend um. Susanne Braun stand auf dem Laufsteg, der zum Schiff hinaufführte und schaute zu ihm hinüber. Unter ihr plätscherte das Wasser, über ihr gellte die Sirene und liefen die Matrosen über Deck. Kohlentrimmer und Ladearbeiter schafften die letzten Waren an Bord – die wenigen Passagiere lagen auf dem Sonnendeck oder standen neben dem kleinen Schwimmbecken an der Reling und blickten an Land.
    »Was willste denn haben?!« rief Susanne keck zurück. »Ova oder Old Joe? Habe auch Camel da und 'nen tollen Priem für die steife See!«
    Johnny lachte und winkte mit dem Pinsel. »Hast Glück, dat ich pinsle! Sonst wärste nicht mehr 'ne ungeküßte Maid!«
    Lachend betrat Susanne das Deck. Es fängt ganz gut an, dachte sie froh. Man denkt wirklich, ich verkaufe Zigaretten! Jetzt rasch ein Versteck gesucht, bis der Kahn ausgelaufen ist, dann bin ich auf der Reise zu Frank und zu meinem Glück …
    Auf der Treppe zum Oberdeck traf sie auf einen Mann, der einen Goldstreifen am Ärmel seiner Jacke hatte. Er nickte Susanne zu und hob den Finger der rechten Hand.
    »Beeil dich, Kleine, in einer halben Stunde laufen wir aus! Dann mußt du von Bord sein, sonst kommst du vor New York nicht wieder an Land!«
    Er lachte und ging weiter.
    Susannes Herz klopfte bis zum Hals. Bis New York nicht wieder an Land, schrie es in ihr. Das ist ja wunderbar, das ist ja herrlich, das will ich ja nur. Sie lief die Treppe hinauf, verkaufte bei zwei älteren Herren eine Schachtel Zigaretten und vier Zigarren, bediente sogar den Kapitän, den dicken Kim Brake, mit einem Päckchen Krüllschnitt und rannte dann hinüber zu den Ladeluken, an denen die Trimmer die letzten Vorbereitungen zur Ausfahrt trafen.
    Den Tabakskasten auf den Rücken schiebend, kletterte sie schnell eine Eisentreppe hinab und befand sich plötzlich in einem weiten Raum, der mit Kisten und Ladeballen vollgestellt war. ›New York‹ war in dicken schwarzen Buchstaben auf das Holz gemalt worden. Baltimore, Norfolk und Savannah stand auf den anderen Kartons. Das Schiff fuhr also auch in den Süden Amerikas hinunter in die Nähe von Florida.
    Vorsichtig wand sich Susanne zwischen den Kistengassen hindurch und suchte sich ein Versteck in dem Lagerraum. Hinter einem Berg von Ballen fühlte sie sich einigermaßen sicher. Vorsichtig rückte sie einen Stoffsack, der anscheinend Passagieren gehörte, zurecht und setzte sich darauf. Den Tabakskasten stellte sie auf den Boden und strich sich die Locken aus dem Gesicht.
    Geschafft, dachte sie. Der erste Schritt ist getan. Wenn sich gleich in ein paar Minuten die Schiffsschrauben drehen, die Ankerkette rasselt und durch den großen Leib des Dampfers ein Zittern läuft, wenn das Wasser draußen an die Bordwand klatscht und man das Meer rauschen hört, dann habe ich das Schwerste hinter mir; bin ich erst einmal unter der Fackel der Freiheitsstatue in der größten Stadt der Welt, kann mir nichts mehr passieren … und dann wird Frank in New York sein und versuchen, mich in die USA hineinzubekommen!
    Angespannt lauschte sie auf das Laufen über ihr. Die Trimmer und Schlepper verließen das Schiff, die Sirene heulte erneut auf, durch den stählernen Leib lief ein feines Zittern und Stampfen; die großen Maschinen liefen an und trieben die Schrauben langsam durch das aufschäumende, quirlende Wasser.
    Auf Deck stand Steuermann Jens Vondel neben dem Rudergast Johnny, dem Matrosen, der die Richtung der Fahrt einstellte.
    »Ist das Zigarettenmädel von Bord?« fragte er Johnny. Der sah seinen Steuermann groß an. Das Fallreep wurde eingezogen, die Taue vom Kai gelöst, die Ankerketten rasselten laut ins Innere des Schiffes.
    »Habe sie nicht gesehen«, meinte er. »Wohl reinkommen! Dann war ich ja nicht mehr am Reep. Aber die Kleine ist bestimmt von Bord!«
    Jens Vondel brummte etwas in seinen Seemannsbart und beobachtete das Hinausnavigieren aus dem Hafen, das Kapitän Kim Brake am

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