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Niemand lebt von seinen Träumen

Niemand lebt von seinen Träumen

Titel: Niemand lebt von seinen Träumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gleichen Abend arrangierte es der Kapitän, daß Susanne mit dem Professor zusammentraf.
    Das Schicksal meinte es offenbar gut mit Susanne.
    Als sie in ihrer Hängematte aufwachte, brauchte sie erst eine gewisse Zeit, um sich zu besinnen, wo sie war. Dann stieg sie aus dem Netz, machte einige Kniebeugen, weil das ungewohnte Liegen ihre Beine steif gemacht hatte, stopfte ihre Bluse in die Samthose und zog ihre Schuhe an. Mit der Hand fuhr sie durch ihre Locken, um sie etwas zu ordnen, und kramte dann in dem Tabakskasten herum. Sie nahm ein Fläschchen Parfüm heraus, kühlte sich damit die Schläfen und tupfte mit den Fingerspitzen etwas hinter die Ohren. Dann riß sie die Tür auf und trat hinaus in den langen eisernen Gang, der in eine Treppe zum Zwischendeck mündete.
    Als sie an der letzten Tür vorbeikam, hörte sie jemanden in der Kajüte wirtschaften. Teller klapperten, man vernahm das Geräusch kochenden Wassers und das Tappen eines Schrittes.
    Susanne zögerte ein wenig, dann drückte sie die Tür auf und trat ein. Sie war in der Küche, und Jim, der Koch, sah ihr erstaunt entgegen. Er schnupperte das Parfüm, sah die Cordsamthosen und die Kreppsohlenschuhe und sprang eilfertig herbei.
    »Das gnädige Fräulein haben sich verlaufen! Zum Speisesaal geht es diese Treppe hinauf, den Gang geradeaus und dann rechts.«
    Susanne schüttelte den Kopf und trat an Jim vorbei in die Küche.
    »Ich glaube, ich esse lieber bei Ihnen. – Was gibt es denn?«
    »Besonders zu empfehlen ist heute abend die gebackene Leber mit Salat.«
    »Lecker!« Susanne beugte sich über den Herd und musterte die Leberstücke. »Haben Sie auch genügend Pfeffer dran?«
    »Ich bin bekannt für gutes Würzen, gnädiges Fräulein«, sagte Jim leicht beleidigt. Komische Nudel, dachte er dabei. Will in der Küche essen! Wenn eine Frau Geld hat und keinen Mann, ist immer ein Schräubchen im Gehirn locker. Aber wie sie will – mich stört es nicht.
    Susanne sah sich weiter in der Küche um und entdeckte den Berg ungespülten Geschirrs, der sich in einer großen Wanne türmte.
    Fragend schaute sie sich um.
    »Haben Sie eine Gummischürze hier?« fragte sie.
    »Ja.« Jim starrte sie an. »Was wollen Sie denn mit einer Gummischürze?«
    »Das Geschirr spülen«, meinte Susanne und nickte Jim aufmunternd zu.
    Dem Koch wurde es unheimlich. Daß eine Dame in die Küche kam, war schon allerhand. Daß sie bei ihm essen wollte, war ein Spleen – aber daß sie auch noch spülen wollte, das ging zu weit. Hilfesuchend sah er aus der Tür und wandte sich dann wieder Susanne zu.
    »Das ist doch nichts für Sie«, meinte er vorsichtig. »Man wird Sie im Speiseraum vermissen, gnädiges Fräulein. – Darf ich Sie hinaufführen?«
    Susanne hatte schon eine Schürze von einem Wandhaken genommen und ließ Wasser aus einem Heißwasserboiler in die Aufwaschbecken laufen.
    »Nennen Sie mich nicht immer gnädiges Fräulein«, meinte sie. »Ich muß mir hier meine Überfahrt verdienen, abarbeiten, wie man so sagt. Ich bin doch der blinde Passagier …«
    »Waaas?« Jim riß die Augen auf und sank auf einen Stuhl.
    Er schluckte tief.
    »Sie sind der Blinde … Au Backe.«
    »Was ist? Haben Sie Zahnschmerzen?« fragte Susanne.
    Jim schüttelte den Kopf. »Nein. Aber auf einmal Herzbeschwerden …«
    Susanne lachte und legte vorsichtig die Teller und Tassen in das heiße Spülwasser. Ihre Augen blitzten Jim an.
    »Das wird Ihnen Ihre Nelly oder Betsy oder Jeanne oder wie immer sie auch heißt, heilen, wenn Sie in New York an Land gehen …«
    Jim stierte Susanne an, als sei sie ein Weltwunder, und vergaß, daß jemand in das heilige Reich seiner Küche eingedrungen war und ihm sagte, die Leber sei nicht genügend gepfeffert. Er legte die Hände auf die Schenkel, sah Susanne zu, wie sie die Teller geschickt und schnell abspülte und nebenbei einmal nach der Leber sah, damit sie nicht zu sehr zusammenschrumpfte.
    »Ein tolles Weib«, murmelte Jim und konnte sich nicht entschließen, aufzustehen. Wie im Kino saß er auf seinem Stuhl und sah Susannes Arbeiten und Wirken zu.
    Da schreckte ihn Pit auf, der durch den Gang gepoltert kam.
    »Ist Susanne bei dir?« schrie er schon von weitem, und als er sie spülen sah, winkte er ihr zu. »Los, Susanne, laß den Kleinen seine Teller allein ablecken – der Alte will, daß du als Stewardeß die Passagiere bedienst. Zieh die Schürze sofort aus. Bei Jim ist das gefährlich – der jagt jeder Schürze nach …«
    Jims giftige Blicke

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