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Niemand lebt von seinen Träumen

Niemand lebt von seinen Träumen

Titel: Niemand lebt von seinen Träumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zweimal.
    Jetzt erst spürte sie die Spannung, die auf ihr gelastet hatte. Nie hätte sie gedacht, daß ein Mensch so gemein sein könnte. Das Schönste, was Frank und sie verband, hatte dieser brutale Kerl zerstören wollen.
    Aber durfte sie deshalb seine Existenz vernichten? Wenn sie den Vorfall dem Kapitän erzählen würde, wäre Karl Mater das letzte Mal zur See gefahren.
    Susanne wollte keine Rache üben. Sie beschloß, Stillschweigen zu bewahren. Sollte Karl Mater nur eine Ausrede erfinden, um seinen Kameraden die Ursache der blutigen Striemen im Gesicht zu erklären.
    Sie konnte nicht wissen, daß der Abgewiesene von dieser Stunde an auf Vergeltung sann. Und daß ihr Edelmut dem Funker eines Tages die Möglichkeit liefern sollte, ihr zu schaden …

19
    Frank Barron brauchte nicht allzu lange zu warten. Nach kaum zwei Stunden sah er durch sein Fenster, wie draußen auf der Straße der schwere Wagen von Dr. Yenkins vorfuhr. Der Rechtsanwalt drückte dreimal auf die mehrstimmige Hupe. Barron nahm seinen Koffer in die Hand, warf sich schnell seinen gefütterten Trenchcoat über und eilte hinaus. Yenkins nickte ihm aus dem Auto zu und rief: »Schnell, lieber Frank – wir haben nicht viel Zeit. Wie ich dir sagte, wir müssen noch diese Nacht nach Akron.«
    Er riß den Wagenschlag auf. Kaum daß Frank saß, ruckte der Wagen wieder an und brauste durch die stillen, nächtlichen Straßen aus Cleveland hinaus.
    Im Schein der Armaturen und schwach erleuchteten Kontrolluhren stach Yenkins' Gesicht scharf und kantig von der Dunkelheit ab. Er hatte den Hut in den Nacken geschoben, eine Zigarette zwischen die Lippen geklemmt, und die Hände steckten wie üblich in seinen hellen Glacehandschuhen. Frank Barron blickte hinaus auf das unter ihnen wegrasende Band der Straße und schüttelte den Kopf.
    »Langsam sehe ich in allem keinen Sinn mehr, Percy«, meinte er zu dem schweigenden Yenkins. »Was sollen wir in Akron?«
    »Bekanntlich ist in Akron ein Flughafen«, sagte Yenkins und lächelte mit der Zigarette zwischen den Lippen.
    »Ja und? Willst du mir Amerika bei Nacht aus der Vogelperspektive zeigen?«
    »Das nur nebenbei! Wir werden auf dem Flugplatz eine Maschine der Ohio Steel-Werke startbereit vorfinden. McCray hat den Bordmechanikern und Piloten soeben telefonisch den Auftrag gegeben. Wir werden ein Wasserflugzeug nehmen, mit ausschwenkbaren Landrädern.«
    »Verrückt.«
    »Gar nicht! McCray war von meinem Plan begeistert und zögerte keine Minute, mir eine seiner Maschinen zur Verfügung zu stellen. Alles Weitere habe ich schon veranlaßt. Frag jetzt nicht. Du wirst schon sehen …«
    Langsam begann es in Franks Kopf zu dämmern. Immer klarer sah er den verwegenen Plan Dr. Yenkins' vor sich. Neidlos bewunderte er ihn und erkannte, daß dieser Mann in den gefährlichsten Lagen mehr Übersicht und Entschlußkraft hatte als er. Was er jetzt unternahm, grenzte an ein tollkühnes Kunststück, das in den USA ebenso selten war wie in dem guten, ruhigen, alten Europa.
    »Du willst Susanne abholen?« fragte er den Rechtsanwalt atemlos.
    Dr. Yenkins schüttelte zum größten Erstaunen Franks den Kopf.
    »Nein, wir werden sie erst einmal besuchen«, antwortete er ein wenig ausweichend. »Hole ich Susanne mit dem Flugzeug in die USA, nimmt sie in Akron oder sonstwo die Polizei in Empfang, die jedes landende Flugzeug aus Richtung Küste unter die Lupe nimmt. Wir machen lediglich einen kleinen Ausflug und werden deine Susanne auf der ›Giesela Russ‹ besuchen.«
    »Du bist ein toller Kerl – und ein unbezahlbarer Freund«, sagte Frank leise, aber eindringlich. Yenkins blickte ihn von der Seite an.
    »Keine Komplimente, lieber Frank. Das schickt sich unter Freunden nicht. Ich tue nur, was ich kann, um zwei Menschen, die es verdienen, glücklich zu machen! Und außerdem imponiert mir deine verteufelte Susanne. Ihre Fahrt über den Ozean als blinder Passagier – das wäre eine Sensation für unsere Presse, wenn wir damit nicht alles verderben würden!«
    Mit grell erleuchteten Scheinwerfern raste das Auto durch die Nacht. Die Bäume an den Seiten der Landstraße flogen wie Schatten an ihnen vorbei, und nur der Lichtkegel fraß sich zitternd durch die Dunkelheit, die hinter ihnen wieder zusammenschlug. Der Motor sang. Weich in der Federung schwang sich der Wagen über jede Unebenheit der Straße. Ein fahler Fleck am Horizont, der sich über den halben Himmel zog, deutete an, daß eine neue Stadt in der Ferne lag, der sie

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