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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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hatte das Bedürfnis, mit ihr über etwas sehr Wichtiges zu sprechen. Pjotr schlief in seinem Zimmer. Doch genau in diesem Augenblick stellte sie die Teetasse hin und fragte, ob sie nicht ins Bett gehen sollten. Darauf antwortete er nur mit Gesten. Er empfand es als angenehm, den ihn bedrängenden Fragen so zu entkommen.
    Ebenso angenehm erschien es Carl, mit Luigi über dessen bevorstehenden Einsatz zu sprechen. Offiziell sollte Luigi im Auftrag des Generalstabs bei der Fallschirmjägerschule in Karlsborg Erkundigungen einholen. Möglicherweise würde man den Zweck des Auftrags durchschauen. Diese Gefahr bestand sowohl bei Luigi wie bei dessen früheren Offizierskameraden und Ausbildern. Sie würden natürlich unschwer erkennen, daß er nach fünfjährigen Studien in Kalifornien nicht in den aktiven Offiziersdienst eingetreten war, um in dem großen roten Ziegelhaufen am Lidingövägen eine Art Laufbursche zu werden; solche Karrieren führten nur wenige Fallschirmjägeroffiziere in Versuchung.
    Sie würden vermuten, daß er genau dort arbeitete, wo er es tatsächlich tat. Doch das war kein Nachteil. Das würde vermutlich nur das Interesse wecken, irgendwie zu helfen.
    Überdies schlug Carl gegen Ende seines Vertrags vor dem unfehlbar höflich zuhörenden Luigi einen anderen Kurs ein. Luigi würde ohnehin verstehen, daß es um mehr als eine Übung oder ein Experiment ging. Schon die Möglichkeit, jede beliebige Ausrüstung bei allen nur denkbaren Spezialisten der westlichen Welt zu besorgen, mußte erkennen lassen, daß es sich um etwas Ernstes handelte. Luigi konnte sich gewiß auch denken, daß sie nicht drei Wochen lang in den nordschwedischen Bergen operieren und überleben sollten.
    »Die Lage ist folgende«, sagte Carl schließlich, nachdem er sich entschlossen hatte, Luigi ungefähr die Tatsachen mitzuteilen. »Unser Auftrag lautet, eine Gruppe aufzustellen, die eine solche Operation durchführen kann. Ich nehme an, daß du das schon vermutet hast. Und um welchen Staat hoch oben im Norden es sich handelt, dürfte auch nicht allzu schwer zu erraten sein. Aber erstens ist es noch keineswegs sicher, daß es zu einer Operation kommt, sondern wir sollen uns nur in Bereitschaft halten. Zweitens geht es um eines unserer gegenwärtig sensibelsten Geheimnisse. Und drittens sollen wir unter deinen Kollegen dort unten sechs mögliche Kandidaten für einen freiwilligen Auftrag finden, und du bist unser Talentsucher. Um als solcher auftreten zu können, mußt du genau das wissen, was ich dir gesagt habe, aber nicht mehr. Verstanden?«
    »Ja, verstanden. Wann sollen wir in Aktion treten?« erwiderte Luigi, als hätten sie über etwas Alltägliches gesprochen.
    »Spätestens Mitte November. Wir haben also noch reichlich Zeit«, erwiderte Carl. »Ach ja, da ist noch etwas. Eine Kleinigkeit, aber immerhin. Du trittst dort unten in Uniform auf wie alle anderen. Ohne dabei irgendwelche internationalen Auszeichnungen zur Schau zu stellen. Ist das ebenfalls verstanden?«
    Carl lächelte, als er eine kleine Wolke des Mißvergnügens über Luigis Stirn huschen sah. Das wäre natürlich etwas gewesen, die alten Chefs und Ausbilder zu besuchen und dabei so etwas wie die Ehrenlegion zu zeigen.
    »Ja, auch das ist verstanden«, erwiderte Luigi, ohne seine Enttäuschung verbergen zu können.
    »Vergiß nicht, daß du in geheimen Diensten arbeitest. Es soll geheim bleiben, daß du in Italien operiert hast«, erklärte Carl begütigend.
    »Ich frage mich, ob so mancher sich das nicht selbst ausrechnen kann. Immerhin gibt es bei den Streitkräften nicht viele, die italienisch sprechen«, wandte Luigi fast provozierend ein.
    »Durchaus möglich«, entgegnete Carl mit plötzlicher Kälte.
    »Unsere Vorschriften sind jedoch für deine Sicherheit und die deiner Kameraden da. Sie müssen befolgt werden. Sie sind nicht flexibel, und ich bin es auch nicht. Solltest du jemals gezwungen sein, vor dem Verfassungsausschuß öffentlich auszusagen oder so etwas wie ein Papagei der Streitkräfte zu sein, der im Fernsehen auftreten darf, was Gott verhüten möge, würden andere Regeln gelten. Ich glaube, das war alles für heute, Hauptmann Svensson!«
    Carl erhob sich, als wäre er plötzlich mehr als irritiert. Luigi sprang erschrocken auf, worauf Carl ihm die Hand reichte.
    »Viel Glück, Hauptmann Svensson«, sagte Carl in dem gleichen harten Tonfall, als sie sich die Hand gaben. Dann wies er auf die Tür.
    Als Luigi sie erreicht hatte, hielt Carl ihn

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