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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Trotzdem hat er das gleiche Wissen. Aber stimmt es eigentlich, daß er so eine Art Linksextremist ist?«
    »Darüber nachzudenken habe ich noch gar keinen Anlaß gehabt«, sagte der Verteidigungsminister amüsiert. »Falls ja, wäre es wohl nicht sehr gefährlich. Ich meine, so unter uns Pastorentöchtern können wir doch zugeben, daß so manches der besseren Gehirne des Landes einen solchen Hintergrund hat.«
    »Ja, aber das muß auch unter uns Pastorentöchtern bleiben«, erwiderte der Ministerpräsident spitz. »Du kennst doch sicher die Geschichte. Hast du denn nicht gehört, was er vor einem Jahr vor dem Verfassungsausschuß gesagt hat? Du warst doch dabei.«
    »Ja, es war schon ein Fest, wie er diesen Kommunisten sozusagen von links eingeseift hat. Ich war wie gesagt ja selbst dabei. Ja, Herrgott nochmal, er sagte, die einzige Organisation, der er je angehört habe, sei die Clarté gewesen. Und aus diesem Grund betrachte er die Linkspartei der Kommunisten als sozialimperialistisch , obwohl er das Wort nicht direkt verwendete. Außerdem erklärte er, nie die Kommunisten gewählt zu haben. Na ja, so was vergißt man nicht. Es war jedenfalls ziemlich komisch.«
    »Komisch oder nicht: Was bedeutet so etwas heute?«
    »Das mußt du ihn schon selbst fragen, ob es irgendeine Bedeutung hat. Ich meine, Hamiltons Kompetenz und seine Loyalität gegenüber der Flagge dürften ja wohl über jeden Zweifel erhaben sein.«
    »Ja, er ist unleugbar ein über jeden Verdacht erhabener Bürger«, stimmte der Ministerpräsident zu. »Du hast recht. Ich frage ihn selbst, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Aber jetzt im Ernst. Wenn , mit Betonung auf wenn , wir diese Operation durchführen müssen, kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß wir Hamilton die operative Verantwortung übergeben müssen.«
    »Wir verfügen beim OP 5 jetzt über vier Mann, die, was Ausbildung und Training angeht, den genau gleichen Hintergrund haben. Er ist einer davon«, sagte der Verteidigungsminister. »Das läßt uns nicht sehr viel Spielraum. Ich meine, wenn wir diese Sache durchziehen müssen, was ja wohl der Fall sein kann, müssen wir das Beste einsetzen, was wir haben. Alles andere wäre doch unverantwortlich.«
    »Ja«, erwiderte der Ministerpräsident, streckte sich und gähnte. »Entschuldige, es ist gestern abend spät geworden. Essen mit Journalisten, du weißt schon. Ja, ehrlich gesagt geht es um eine Verantwortung, die so verdammt groß ist, daß wir alles auf die Beine stellen müssen, was wir haben. Das Bedauerliche an der sowohl taktisch wie moralisch richtigen Linie ist, daß wir damit auch Gefahr laufen, uns einen qualitativ schwer zu ersetzenden Verlust einzuhandeln. Ich meine, es ist nicht so, als würden wir ein paar Flugzeuge verlieren. Wir setzen dann ein ganzes Kompetenzfeld aufs Spiel.«
    »Das wir aufs Spiel setzen müssen, wenn die Finnen sich zurückziehen.«
    »Genau! Kommt Zeit, kommt Rat. Ich glaube verstanden zu haben, daß Koivistos Zögern etwas damit zu tun hat, wie er die Zusammenarbeit auf russischer oder sowjetischer Seite verankern soll oder auf beiden Seiten. Habe ich recht?«
    »Ja, das ist auch mein Eindruck«, bestätigte der Verteidigungsminister.
    »Dazu gibt es nicht viel zu sagen. In der gleichen Situation würden wir auch so denken, nicht wahr?«
    »Ja. Gorbatschow oder Jelzin, das ist die Frage.«
    »Was für Verbindungen hast du?«
    »Primakow. Der war Sicherheitspolitiker, wie es hieß, taucht jetzt aber plötzlich als Spionagechef auf. Er hat den Staatsstreich überlebt und dürfte auf der richtigen Seite stehen.«
    »Und Primakow kann uns sozusagen weiter oben einführen?«
    »Ja, ich glaube schon.«
    »Die Frage ist also nicht, ob, sondern wann wir mit den Russen Kontakt aufnehmen sollen.«
    »Dann kommen wir vielleicht den finnisch-russischen Verhandlungen in die Quere, denn ich nehme an, daß es welche gibt.«
    »Ja, davon werden wir wohl ausgehen müssen. Aber dreh die Sache doch mal um. Stell dir vor, die Finnen springen fünf vor zwölf ab. Dann stehen wir da mit unserem Talent. Sollen wir Hamilton und die Jungs dann einfach auf die Reise schicken, ohne erst nachzudenken? Na ja, du verstehst schon.«
    Anders Lönnh grübelte eine Zeitlang. Wie immer lag so etwas wie unumstößliche Logik in dem, was der Ministerpräsident sagte. Außerdem war dies sein Lieblingsgebiet, abgesehen davon, daß er sämtliche Flugzeugtypen der Welt kannte.
    »Wir kommen in Moskau doch nicht gut mit Spionage

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