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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Majestät wünsche sich mit ihm zu unterhalten, und so wurde er über das leere Parkett erneut zu dem Original der Ein-Kronen-Münze geführt.
    »Auf diese Begegnung habe ich mich wirklich gefreut«, begrüßte ihn der König ohne jede Vorrede, als Carl vor ihm stand und sich verneigt hatte.
    »Sie sind zu freundlich, Euer Majestät«, murmelte Carl.
    »Wie ich höre, arbeitest du neuerdings in der Kanzlei des Ministerpräsidenten«, fuhr der König fort, als interessierte er sich dafür.
    »Ja, das ist richtig. Der Ministerpräsident hat eine kleine sicherheitspolitische Gruppe eingerichtet, und dort vertrete ich den Nachrichtendienst«, erwiderte Carl mechanisch.
    »Es ist wirklich recht bemerkenswert«, sagte der König nach einer kurzen Denkpause, »wirklich recht bemerkenswert zu sehen, daß jemand wirklich diese Medaillen trägt.«
    Der König zeigte mit einem Kopfnicken auf Carls Brust.
    »Es heißt doch wohl immer noch Medaille des Königs für Tapferkeit im Feld?« fuhr der König fort, als hätte es ihn peinlich berührt, daß Carl nicht auf seinen ersten Hinweis reagierte.
    »Ja, Euer Majestät, es heißt noch immer so«, erwiderte Carl dümmlich. Er hatte das Gefühl, als wäre die Konversation nicht mehr real.
    »Du bist sicher der einzige, der die da trägt?« fuhr der König fort. Carl machte es plötzlich verlegen, daß er geduzt wurde, aber mit »Euer Majestät« antwortete. Gab es irgendein Detail des Zeremoniells, das er nicht kannte? Da reagierte er plötzlich mit dem Autopiloten der Oberschicht.
    »Verzeihung, Euer Majestät«, sagte er bemüht, »aber wie soll ich eigentlich antworten, wenn Euer Majestät mich duzen?«
    »Siez mich doch einfach«, erwiderte der König. »Also wie war das nun?«
    »Nun, Sie haben nicht ganz recht«, fuhr Carl fort, erleichtert, die Klippe genommen zu haben, »in unserer Zeit sind es drei Schweden, die diese Auszeichnung erhalten haben. Einer von uns ist vor kurzem getötet worden.«
    »Es war also dein Kollege, der in Palermo gestorben ist?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Aha. Aber wenn du jetzt in der Kanzlei des Ministerpräsidenten arbeitest, dürfte es wohl nicht mehr so viele Reisen geben?«
    Die Frage klang unschuldig, ließ Carl aber dennoch zögern. Durfte man dem Staatsoberhaupt des Landes etwas vorlügen?
    »Nein, normalerweise dürfte es jetzt nicht mehr so viele Reisen geben, das ist schon richtig. Aber trotzdem steht uns jetzt eine Reise nahe bevor«, erwiderte Carl. Er bereute die Antwort im selben Moment, in dem ihm aufging, daß die unvermeidliche Anschlußfrage schwer zu beantworten sein würde.
    »Und wohin geht es diesmal?« fragte der König mit aufrichtigem Interesse.
    »In ein Niemandsland, könnte man sagen«, erwiderte Carl eher aus Intuition als überlegt. »Wenn Sie entschuldigen, wird es ein bißchen schwierig für mich, auf Details einzugehen.«
    »Ja, ich verstehe«, sagte der König und machte den Eindruck, als verstünde er überhaupt nichts. »Dann wünsche ich viel Glück im Niemandsland. Nett, dich zu treffen.«
    Carl spürte, daß sich hinter ihm eine kleine Schlange von Leuten gebildet hatte, die man ebenfalls zu diesem Konversationsritual gebeten hatte. Er verbeugte sich leicht und zog sich zurück.
    Alexej Mordawin verbrachte während seines einwöchigen Urlaubs jeden Tag mehrere Stunden in der Schwimmhalle an der Tschelaskinsew-Straße, denn er hatte durch das Büro der Sowjetflotte in Seweromorsk eine Dauerkarte erhalten. Er war in seiner Jugend viel geschwommen, und wenn man ihn nicht zur Marine abkommandiert hätte, wäre vielleicht etwas aus ihm geworden, zumindest auf längeren Strecken. Dieses Vergnügen würde bedauerlicherweise wohl bald zu Ende sein, da die Schwimmhalle renoviert werden sollte. Es war auch dringend nötig, denn das Gebäude sah ziemlich heruntergekommen aus. Außerdem war das Wasser übermäßig stark gechlort. Wenn man keine Schwimmbrille trug, bekam man derart rote Augen, daß es auf allzu große Mengen dieser Chemikalie hindeutete, was wiederum ein Hinweis darauf war, daß sich auch allzu große Mengen von etwas anderem im Wasser befanden.
    Er schüttelte sich wie ein Eisbär, als er das Becken verließ, knurrte ein paar junge Leute an, die vom Rand ins Wasser sprangen, obwohl große Schilder dies ausdrücklich verboten, und begab sich in den Umkleideraum. Er sah aus wie eine große fette Ratte.
    Die Schwimmhalle würde für den Abend gleich geschlossen werden, und in den Umkleideräumen war es fast

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