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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zuviel Chlor in die Augen bekam, wie etwa in seiner Jugend, wenn es noch keine Schwimmbrillen gegeben hatte, konnte man es manchmal erleben. Er hatte oft wie ein rotäugiges Kaninchen ausgesehen, als er als Junge vom Schwimmtraining nach Hause gekommen war. Aber jetzt hatte er seine Schwimmbrille die ganze Zeit aufgehabt.
    Es pochte noch intensiver in der Hinterbacke, und er begann ein Unwohlsein zu fühlen, das ihn an Seekrankheit erinnerte.
    Er blieb stehen, stützte sich an einer Hauswand ab und keuchte, als litte er unter Atemnot. Das war aber unmöglich. Er war die ganze Zeit langsam gegangen.
    Als das Licht plötzlich verschwand und ihm schwarz vor Augen wurde, obwohl er spürte, daß er sie offenhielt, begann er zu verstehen.
    Er beschloß wütend, sich bis zu Jelena nach Hause durchzukämpfen, um ihr wenigstens noch zu sagen, daß in einer der Keksdosen auf dem Küchenregal neunundneunzigtausend Dollar lagen. Er ging taumelnd einige Meter weiter, aber da er nicht mehr atmen konnte, brach er zusammen und fiel zu Boden. Als er den kalten Schnee an der Wange spürte, begriff er, daß er sich nie mehr erheben würde.

8
    »Wenn ich es recht verstehe«, sagte Verteidigungsminister Anders Lönnh und fingerte an Carls schriftlicher Zusammenfassung der Lage herum, »ist die Sache klar.«
    Er sah sich fragend um. Angesichts dessen, was klar zu sein schien, war er erstaunlich munter. Die drei Männer, die in dem englischen Ledersofa versanken, nickten eine stumme Bestätigung. Es hatte den Anschein, als gäbe es nicht mehr viel zu diskutieren.
    »Koivisto hielt dies natürlich für eine ausgezeichnete Lösung«, fuhr der Verteidigungsminister mit einem vielsagenden Lächeln fort. »Einmal entgeht er mit seinen Leuten einigen Mühen, zum andern, glaube ich, sieht er auch ein, daß wir qualifizierter sind als sie.«
    »Gerade das kann ich bei meiner Kenntnis unserer finnischen Kollegen kaum glauben«, wandte der Oberbefehlshaber scharf ein und erntete einen verletzten Blick des Verteidigungsministers, der ihn sofort zurückzucken ließ.
    »Aber ich kann mir gut vorstellen, daß sie das Vorhaben politisch in einem sehr viel komplizierteren Licht sehen als wir selbst«, erklärte er sofort begütigend.
    »Politisches Licht?« fragte der Verteidigungsminister amüsiert. »Was ist das, politisches Licht? Na ja, wir sind jedenfalls selbst der Meinung, für diesen Job am besten geeignet zu sein. Was sagst du, Hamilton?«
    »Bei allem Respekt vor den Finnen glaube ich doch behaupten zu können, daß wir zumindest besser ausgerüstet sind und vermutlich auch eine bessere Technik zur Verfügung haben«, erwiderte Carl vorsichtig.
    »Na ja, dann können wir ja wohl loslegen?« sagte der Verteidigungsminister in einem weichen Tonfall. »Ab morgen steht euch ein Flugzeug zur Verfügung. Wann könnt ihr hochfliegen?«
    »Das hängt vom Wetter ab«, erwiderte Samuel Ulfsson. »Im Augenblick herrscht Hochdruck. Es ist klares Wetter, und außerdem gibt es eine Menge Nordlicht. Die Komplikationen würden wir gern vermeiden.«
    »Nordlicht?« fragte der Verteidigungsminister verwundert.
    »Was hat das mit der Sache zu tun? Und hat gutes Wetter etwa irgendwelche Nachteile?«
    »Nun ja«, sagte Samuel Ulfsson peinlich berührt, weil er seinem Chef Selbstverständlichkeiten erläutern mußte. »Das Nordlicht stört unsere Funkkommunikationen. Wir brauchen unbedingt guten Funkkontakt, vor allem in der einleitenden Phase, falls wir beispielsweise unsere Jungs auf Grund unerwarteter Komplikationen sofort herausholen müssen. Außerdem sind dichte Wolken wirklich besser geeignet, wenn wir ein Luftlandeunternehmen starten wollen.«
    »Na schön, das löst ihr am besten selbst«, fuhr der Verteidigungsminister unbeeindruckt fort. »Und wie ist die Lage unten in Karlsborg?«
    »Gut«, erklärte Carl. »Mein Stellvertreter ist seit gestern dort und hat sich noch einmal die gesamte Ausrüstung angesehen. Sechs Fallschirmjäger stehen bereit. Bevor wir losfliegen, werde ich diese Gruppe auf vier Mann verkleinern.«
    »Ihr wollt diese Operation mit nur sechs Mann durchführen?«
    fragte der Verteidigungsminister und hob die Augenbrauen.
    »Ist das nicht ein wenig knapp bemessen?«
    »Nein«, entgegnete Carl. »Ich vermag keinen Kampfauftrag zu sehen, der mehr Personal erfordert, denn die Expedition, die wir antreffen werden, besteht aus nicht mehr als zwölf Mann. Was wir mit sechs Mann nicht schaffen, schaffen wir auch nicht mit mehreren. Es würde

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