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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Kleidungsstücke vom Leib, legten sie auf einen großen Haufen und erhielten von Luigi anschließend je eine Tasche, die mit einer Nummer versehen war. In den Taschen befanden sich Zivilkleidung, Ausweise, Geld und Toilettenartikel. Sie zogen sich schnell um und rasierten sich im Eiltempo, was infolge von Streß und der mehrtägigen Bartstoppeln ein paar Schnittwunden zur Folge hatte. Anschließend gingen sie zu einem der zwei geparkten Leihwagen hinaus und verschwanden, während Luigi in dem großen eisernen Ofen Feuer machte, ihn mit einem besonderen Brennstoff füllte und die militärischen Kleidungsstücke nach und nach verbrannte.
    Matti Heiskanen tat das gleiche in dem offenen Kamin, und Åke Stålhandske zog sich dann ebenso um wie die vier, die schon verschwunden waren. Anschließend begannen sie, sich sorgfältig zu rasieren und zu waschen.
    Die Kollegen waren auf dem Weg nach Rovaniemi, wo sie im Großen Hotel Zimmer gebucht hatten. Sie sollten dort den Abend verbringen und saufende Schweden spielen. Am nächsten Tag sollten sie ihren Leihwagen zurückgeben und auf verschiedenen Wegen nach Schweden zurückkehren. In ihrem Gepäck befanden sich Papiere, aus denen hervorging, daß sie vor zwei Tagen nach Nordfinnland geflogen waren. Wahrscheinlich waren sie schon jetzt außer Reichweite.
    »So, was machen wir jetzt?« fragte Luigi, als sie wieder Zivil trugen und die beiden Feuer allmählich verglommen. Luigi kam es vor, als hätte er erst jetzt Zeit zum Nachdenken.
    »Wir sollten in Stockholm anrufen und erzählen, was passiert ist. Dann fahren wir zu der Kneipe in Ivalo, wo du wie befohlen hoffentlich schon einen Tisch bestellt hast«, erwiderte Åke Stålhandske mit bemühter Ruhe. Dann griff er nach dem Handy und rief Samuel Ulfsson an, der schon seit Stunden neben seinem Telefon saß und auf die entweder sehr gute oder katastrophale Nachricht wartete. Die Nachricht, die er erhielt, lag irgendwo in der Mitte. Abgesehen davon, daß man Carl Hamilton gefaßt hatte, war alles gutgegangen.
    Ich möchte gern wissen, warum er selbst abgestiegen ist? Warum hat er keinen namenlosen Kollegen dagelassen? dachte Samuel Ulfsson und rief den Verteidigungsminister an.
    Carl war unterdessen zur finnischen Grenzstation in Raja-Jooseppi nahe der russischen Grenze gebracht worden. Dort hatte man ihm Handschellen angelegt und auf finnisch angeschrien, bis man einen jungen Wehrpflichtigen gefunden hatte, der ein wenig schwedisch sprach.
    Carl erklärte fast arrogant, er habe nicht viel Zeit für Diskussionen. Er sei Schwede, soviel könne er sagen. Es gehe also nicht an, ihn einfach auf die russische Seite zurückzuschicken. Im übrigen habe er keine Informationen zu geben, sondern wolle nur einen bestimmten Wunsch äußern, nämlich daß irgendein Offizier hier am Ort sofort mit dem Chef der finnischen Sicherheitspolizei Kontakt aufnehme.
    Zunächst lehnte der Chef der Grenzstation alle Vorschläge von Carls Seite ab. Er wollte das Verhör des einzigen Gefangenen, den man von der Gruppe erwischt hatte, vor der die russischen Kollegen gewarnt hatten, persönlich durchführen. Hier werde keine Sicherheitspolizei angerufen, hier würde nur auf Fragen geantwortet.
    Als der Offizier damit nicht von der Stelle kam, wurde Carls Rat befolgt, und wenn auch nur aus Mangel an besseren Alternativen.
    Es dauerte eine Weile, den Chef des Sicherheitsdienstes unten in Helsinki zu finden. Doch als es geschafft war und es dem Offizier gelungen war, sein Anliegen vorzutragen, brauchte der Chef der Sicherheitspolizei ebenfalls nicht viele Sekunden, um zu verstehen, was geschehen war. Und auch nicht viele weitere Sekunden, um in entschiedenem Tonfall zu befehlen, man solle Carl sofort freilassen und dürfe ihm keine weiteren Fragen stellen.
    Der Chef des Grenzpostens weigerte sich empört. Man habe die Spur des Schneemobils verfolgt und ein Loch im Eis gefunden, aus dem man nicht weniger als sechs geladene Maschinenpistolen gefischt habe, dazu einiges an rätselhafter militärischer Ausrüstung. Nach den anderen Personen werde jetzt mit allen verfügbaren Mitteln gefahndet, und die Sicherheitspolizei habe keinerlei Befehlsgewalt über die Tätigkeit der Grenztruppen.
    Nach kurzer fruchtloser Diskussion darüber, wer wessen Chef war, versprach der inzwischen recht erregte Chef der Sicherheitspolizei unten in Helsinki, er werde schon, wenn der Herr Grenzschutzkommissar nur die Geduld aufbringe, kurz an seinem Telefon zu warten, jemanden zu fassen

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