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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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mit einer amerikanischen Handbewegung nach außen. Das sollte heißen, daß er den Protest akzeptierte.
    »Also«, sagte er. »Ich habe es wie folgt angestellt. Als ich noch ein sehr grüner Junge und am verliebtesten war, falls man so etwas überhaupt messen kann, und allein in San Diego war, als einsamer Schwede, du weißt schon, habe ich sie so sehr angelogen, daß ich sie verlor. Das war klug und richtig, und ich habe mich richtig verhalten. Aber der Preis war teuflisch hoch. Und ich bin nicht sicher, ob es diesen Preis wert gewesen ist.«
    »Damals brauchtest du doch gar nicht so viel zu lügen?«
    »O doch. Die Hälfte der Zeit unten in San Diego, das war nicht so schlimm. Aber die andere Hälfte oben in Ridgecrest auf der Sunset Farm, was habe ich da wohl getan? Sie glaubte, ich hätte eine andere. Ich konnte sie nicht vom Gegenteil überzeugen und es gleichzeitig natürlich nicht vermeiden, die Hälfte meiner Zeit dort oben zu verbringen.«
    »Und du hast nie etwas gesagt.«
    »Nein.«
    »Das war ein hoher Preis.«
    »Ja. Aber diese Frau werde ich bald heiraten. Wenn auch um den Preis einer Scheidung und eines Streits um das Sorgerecht und um ein Kind, das zwar mein Kind ist, aber trotzdem nicht meins. So kann es einem ergehen, wenn man immer nach den Spielregeln lebt. Was gedenkst du zu tun?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Åke Stålhandske zögernd, denn er fragte sich gerade, ob er das soeben Gesagte einfach unerwidert lassen sollte. »In erster Linie kann ich wohl gratulieren. Brauchst du einen best man ?«
    »Das würde vielleicht aussehen«, entgegnete Carl lächelnd.
    »Der vermeintliche Schiffsmakler würde danach zu Hause eine Menge zu erklären haben. Aber ich danke dir für die gute Absicht.«
    »Was soll ich sagen, ich weiß noch nicht, wie ich das handhaben soll«, fuhr Åke Stålhandske in ruhigem Tonfall fort, »aber es wird wohl schon so sein, wie du sagst, es ist keine Kuh auf dem Eis. Ich bekomme einen neuen Job in unserer sogenannten Reederei, und dann werden wir sehen. Es wird nur schwer sein, etwas zu erklären, wenn ich auf Dienstreisen gehe, bei denen man nicht zu Hause anrufen kann.«
    »Das ist eine spätere Frage. Das wird erst dann aktuell, wenn ihr zusammen wohnt, und so weit ist es ja noch nicht«, entgegnete Carl kurz.
    »Und jetzt zu der anderen Methode«, fuhr Åke Stålhandske ebenso knapp fort. »Du sagtest, du hättest es mit beiden Methoden probiert. Du hast also auch die Wahrheit gesagt?«
    »Aber ja«, erwiderte Carl kühl, »aber das lag wohl daran, daß ich auf eine Weise öffentlich geworden bin, die hier in der Firma nicht üblich ist. Du weißt doch, ich mußte zum Beispiel vor dem Verfassungsausschuß aussagen. Und im Fernsehen mußte ich mehr sagen, als ich zu Hause je gesagt hatte, und damit war alles heraus.«
    »Aber wenn das Fernsehen nicht gewesen wäre, wenn du nicht an die Öffentlichkeit gegangen wärst, hättest du weiterhin so getan, als wärst du Computerfachmann?«
    Carl lächelte, bevor er antwortete. Dabei ahmte er unbewußt Tessies Kopfbewegung nach, die beim Lächeln den Kopf immer in den Nacken warf.
    »Mitten ins Schwarze, Hauptmann, Verzeihung, Major Stålhandske, mitten ins Schwarze. Jetzt kommen wir zum Kern der Sache. Nein, das hätte ich nicht. Ich hätte erzählt, was ich tue, aber ohne allzu viele berufsmäßige Details. Ich glaube offen gestanden nicht, daß ein anderer Weg überhaupt gangbar ist.«
    »Erst soll ich also Schiffsreeder oder so was spielen, und dann kriecht die Wahrheit allmählich ans Licht?«
    »Ungefähr so. Das ist mein Ratschlag als Mitmensch, nicht als dein Chef.«
    »Werden sie nicht gottverdammt wütend, wenn man sie anlügt und sie es herausfinden?«
    »Wer?«
    »Die Frauenzimmer!« Carl lachte laut auf.
    »Na schön, auf finnlandschwedisch kannst du sicher irgendwie damit durchkommen, dann hört es sich nicht so gefährlich an, aber nimm dich in acht. Ich sage dir nur eins, nimm dich in acht! Scherz beiseite, jetzt ist es mir vollkommen ernst. Wenn Anna Erikadotter die Frau ist, so heißt das in reinem Schwedisch, von der du weißt, daß du mit ihr leben willst, wie heißt es noch, for better and for worse, etwas in der Richtung…«
    »In guten und in schlechten Tagen. Auf schwedisch. Und auf finnlandschwedisch.«
    »Ja, etwas in der Richtung. Wenn Anna diese Frau ist, dann sag ihr offen, womit du dich beschäftigst.«
    »Das ist doch eigentlich verboten…«
    »Ja, aber kümmer dich nicht darum. Wir beide haben das

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