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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ohnehin aufgehoben werden; er tat also, als hätte die Regierung von einem »Beschluß« gesprochen, obwohl die Sozialdemokraten in Wahrheit nur einen Zentrumsführer gelobt hatten, um den Führer der Konservativen zu reizen.
    Die Liberalen wollten in der Frage wie gewohnt nicht Stellung nehmen, aber die größte liberale Morgenzeitung pries am nächsten Tag den Mut des Zentrumsführers, für humanistische Ziele einzutreten und nach seinem Gewissen zu handeln, obwohl es Stimmen kosten könne (der Leitartikler zeigte damit also deutlich, daß er die Absichten des Zentrumsführers nicht im mindesten begriffen hatte). Denn einerseits werde man gewiß nicht zulassen, daß Schweden sich Todesschwadronen halte – der Begriff war jetzt ein unausrottbarer Bestandteil der Debatte geworden –, doch andererseits könne man kleine und empfindliche Teile der Stabsfunktionen der Streitkräfte nicht ohne weiteres stillegen; es war also völlig unklar, was die Zeitung meinte.
    Die Rechtspopulisten der neuen ausländerfeindlichen Partei benutzten ebenfalls Formulierungen, die sowohl Schlagzeilen brachten als auch Stimmen. Sie meinten, es sei unverschämt, so von heldenmütigen schwedischen Offizieren zu sprechen, die unter großer Gefahr für das eigene Leben schwedische Staatsbürger gerettet hätten. Sie schlugen vor, man solle Carl Hamilton nach der Wahl zum Oberbefehlshaber machen.
    Die ehemaligen Kommunisten, die sich jetzt zwar V nannten, das für vänster , links, stand, dennoch aber eher an die Protagonisten einer Horrorserie im Staatsfernsehen erinnerten, schlugen sich natürlich auf die Seite des Zentrumsführers und der Sozialdemokraten.
    Die Sprecher der Umweltpartei konnten sich in dieser spezifischen Frage nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen, da sie sich nicht sicher waren, ob Schweden überhaupt Streitkräfte brauche. Es stehe jedoch fest, daß man gegen unnötiges Töten sei. Man sei auch nicht der Meinung, daß Schweden offensive Luftstreitkräfte brauche.
    Carl hatte die Publizität der letzten vierundzwanzig Stunden ziemlich amüsiert. Er las die Zeitungen mit wachsender Verblüffung, aber doch mit dem merkwürdigen Gefühl, daß das Ganze ihn nichts anging. Er lehnte alle Angebote ab, in diesem oder jenem Nachrichtenmedium Kommentare abzugeben.
    Samuel Ulfsson hingegen war tief bekümmert.
    »Es ist doch wirklich zum Kotzen«, sagte er in einer Qualmwolke, als Carl das Zimmer betrat und auf seinem gewohnten Platz niedersank. Er hatte die aufgeschlagenen Zeitungen gesehen und erkannt, wohin die Reise gehen sollte.
    »Es ist wirklich zum Kotzen «, wiederholte Samuel Ulfsson.
    »Diese Politiker können einen wahnsinnig machen.«
    »Das liegt nur daran, daß wir in einer Demokratie leben«, erwiderte Carl müde.
    »Schon richtig, aber wir waren doch gerade dabei, etwas Stil in die Sache zu bringen. Mit deinem Auftreten als unser Sprecher haben wir zumindest die schlimmsten Dummheiten zum Schweigen bringen können. Wir konnten ja wirklich die goldene Gelegenheit nutzen, um zu zeigen, daß wir hier in der Abteilung intellektuelle Arbeit leisten. Du nimmst mir das doch nicht übel, wie?«
    »Nein«, sagte Carl, »ich hoffe aber, daß du mich auch zu den Intellektuellen zählst.«
    »Wie? Natürlich, selbstverständlich. Wo war ich stehengeblieben? Ja! Wir hatten ja die begründete Hoffnung, diesem oder jenem gezeigt zu haben, daß wir das Geld der Steuerzahler dafür verwenden, daß sie nachts gut schlafen können. Und das ist uns gelungen, ich meine, es ist dir gelungen, das muß man schon sagen. Alle anderen standen als Idioten und Weltuntergangspropheten da. Aber plötzlich stehen wir wieder am Pranger. Todesschwadronen! Als wären wir irgendwelche Argentinier oder so was!«
    »Ja. Das war wirklich ein schrecklicher Vergleich«, sagte Carl amüsiert.
    »Du scheinst das Ganze nicht ernst zu nehmen.«
    »Offen gestanden nein. Ein Mann vom Zentrum möchte Aufsehen erregen, und es gelingt ihm. Einige aufgeregte Sozialdemokraten schlagen sich auf seine Seite. Die Reptilienpartei ist in allen Lebenslagen gegen uns. Was ist daran so neu?«
    »Daß die Sozis es praktisch zu einem Wahlversprechen gemacht haben, uns nach der Wahl die Ohren abzuschneiden. Das darf man doch wohl als eine Neuigkeit bezeichnen.«
    »Ja, aber sie werden die Wahl ja verlieren, und dann schneidet der Führer der Konservativen statt dessen dem Zentrumsmann die Ohren ab. Das geht uns zwar alles nichts an, ist aber trotzdem die angenehmere

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