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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ab heute ein Problem geben. Ned war immer
schon dagegen, Ermittler von außen beizuziehen. Und nachdem er jetzt die
Verantwortung hat — «
    »Ich bleibe so oder so. Es ist ja fast
schon Wochenende.«
    Sie stand auf und zog den Bademantel
gegen die Kälte im Raum fest um sich. »Verdammt, ich habe überhaupt keine Lust,
jetzt mitten in der Geschichte wegzufahren! Es gefällt mir ganz und gar nicht,
daß die Coalition glaubt, mich hierhin und dorthin schieben zu können.«
    »Vielleicht kannst du bei deinem Stopp
in Sacramento über Neds Kopf hinweg mit jemandem sprechen. Außerdem wird es in
Humboldt County ja nicht so lange dauern. Danach kommst du ins Hauptquartier
zurück und setzt dich mit dem Landvergabebüro auseinander.«
    Der Gedanke schien sie aufzuheitern.
»Vielleicht«, sagte sie — und gähnte.
    »Geh doch wieder ins Bett«, schlug ich
ihr vor. »Du hast morgen eine lange Fahrt vor dir.«
    »Das sollte ich wohl. Und du?«
    »Ich habe in letzter Zeit nicht viel
geschlafen, aber ich bin überhaupt nicht müde. Ich genehmige mir einen Drink.
Vielleicht entspanne ich mich dann.«
    Sie nickte und ging in ihr Zimmer
zurück. Ich hatte keine Zweifel, daß sie binnen weniger Minuten wieder
eingeschlafen war.
    Ich goß mir einen Brandy ein und trank
ihn, aber das schäbige Wohnzimmer deprimierte mich schon bald. Es ähnelte zu
sehr dem in Hopwoods Hütte, und meine Gedanken kreisten um das, was dort
passiert sein mochte. Schließlich trug ich mein Glas auf die Veranda und setzte
mich auf die Stufen.
    Es war jetzt nach zwei. Ein starker
Wind war aufgekommen. Er riß die welken Blätter von den überhängenden Bäumen
und ließ die Zweige gegeneinanderschlagen. Ich dachte an den Mark-Twain-Satz
über Mono Lake unten im Süden, den Hy zitiert hatte, der aber auch für diese
Gegend zutraf: »Wild, düster und schlimme Ahnungen hervorrufend... gemahnt er
an Sterilität und Tod.«
    Vielleicht hatte Twain doch recht.
     
     
     

23
     
    Als ich dann endlich schlief, tat ich
das natürlich exzessiv. Die Folge war, daß ich eine halbe Stunde zu spät zu
meiner Verabredung mit Kristen Lark durch das Stone Valley raste. Als ich am
Bach etwas Merkwürdiges sah, trat ich auf die Bremse, schwenkte nach rechts und
fuhr näher.
    Bayard, der Alt-Hippie, und eine Frau
mit wirrem, mattdunklem Haarwust hockten am Ufer. Mit zusammengesteckten Köpfen
bastelten sie an etwas wie einer Maschine herum. Drei unterernährte Kinder
spielten nebenan teilnahmslos im Dreck. Ich sah mich nach seinem Gewehr um, und
als ich es nicht entdeckte, stieg ich aus dem Landrover und ging zu ihnen. Mein
erster Eindruck hatte gestimmt: Die Maschine sah so ähnlich aus wie Lily
Nickles’ hydraulische Pumpe. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sie die
irgend jemandem ausleihen würde, schon gar nicht einem so unbeholfenen Menschen
wie Bayard.
    Als ich näher kam, drehte sich die Frau
zu mir um. Ihr schmales Gesicht war sonnengebräunt, aber mit einem ungesunden
Stich ins Gelbe. In ihren dunklen Augen flackerte Neugier auf, und sie stieß
Bayard in die Rippen. Er sah zu mir hoch, ohne mich wiederzuerkennen.
    »He, Bayard«, sagte ich, »erinnern Sie
sich? Ich bin Lily Nickles’ Freundin.«
    Er nickte bedächtig.
    »Von ihr geliehen?« Ich zeigte auf die
Pumpe.
    Die Antwort kam von der Frau. »Hat sie
uns verkauft, zusammen mit dem Rest ihrer Schürfausrüstung. Und jetzt ist das
Scheißding kaputt.«
    »Verkauft? Wann?«
    »Gestern abend, bevor sie abgehauen
ist.«
    »Abgehauen? Wohin?«
    Die Frau zuckte mit den Schultern und
kratzte sich in der Achselhöhle.
    Bayard starrte die Pumpe an. »Die
Schlampe hat uns den letzten Cent abgenommen, den wir von meiner Rente noch
übrig hatten, und jetzt ist das Ding kaputt.« Aber er klang gar nicht übermäßig
wütend. Von dergleichen Problemen wurde das Paar offenbar regelmäßig
heimgesucht. Er schlug auf die Maschine und versuchte, sie anzuwerfen. Der
Motor hustete einmal schwach.
    »Bayard«, sagte ich, »ich glaube, er
braucht Benzin.«
    »Benzin.«
    »Ja, er klingt so trocken.«
    »Benzin«, sagte er noch einmal, als sei
ihm eine göttliche Eingebung gekommen. Ohne ein weiteres Wort stand er auf und
folgte den Windungen des Bachs zu seiner Hütte.
    Die Frau sah ihm nach. In ihren dunklen
Augen war nichts zu lesen. »Bay ist nicht der Schlaueste«, sagte sie nach einer
Weile. »Ich wußte, woran es lag, aber von seiner Frau mag er sich nicht sagen
lassen, was er tun soll. Sie jetzt — das ist etwas

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