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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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anderes.«
    »Lily hat nicht gesagt, wohin sie
geht?«
    »Nee. Aber sie ist für immer weg. Sonst
hätte sie nicht ihre Ausrüstung verkauft und ihren Jeep mit ihrem ganzen
übrigen Zeug vollgepackt.«
    »Wie wirkte sie? War sie glücklich?
Traurig? Ängstlich?«
    Die Frau dachte nach und biß sich innen
auf die Lippe. »Ach, ich würde sagen, sie hatte Angst.«
    »Wovor?«
    »Ich weiß nicht. Ganz normal, sich hier
draußen zu fürchten.« Sie sah zu den zackigen Granitspitzen auf. »Was mich
angeht, ich habe immer Angst.«
    Dazu konnte ich nichts sagen, also
bedankte ich mich nur und ging zurück zum Landrover. Doch statt weiter zu
Hopwoods Hütte zu fahren, machte ich mich auf den Weg zu Lily Nickles’ Haus
hinauf.
    Ein Haufen Abfall, der vorher dort
nicht gewesen war, lag am Fuß der kürzlich ausgebesserten Stufen. Ich ging auf
das Haus zu und rief Lily Nickles’ Namen. Keine Antwort. Als ich die Stufen
hinaufstieg, merkte ich, daß der Schaukelstuhl und die ganze Schürfausrüstung
von der Veranda verschwunden waren. Drinnen stieß ich auf noch mehr Abfall und
auf die Möbel, die noch von den ersten Besitzern des Hauses stammten. Eine
einsame Bierdose lag im trockenen Spülbecken. Lily Nickles war tatsächlich auf
und davon.
    Warum? Am Sonntag hatte sie mir gesagt,
sie wolle noch eine Saison im Stone Valley bleiben. Sie hatte zwar zugegeben,
daß sie sich fürchtete vor dem, was auf der Mesa passieren könnte, aber selbst
nach dem Fund von Mick Ericksons Leiche hatte sie relativ wenig Angst gezeigt.
Was war inzwischen geschehen und hatte sie vertrieben?
    Ich eilte zum Landrover zurück und fuhr
zu Hopwoods Hütte.
    Die Tür stand offen, und von drinnen
hörte ich Stimmen. Kristen Lark stand neben dem Sheriffwagen und unterhielt
sich mit jemandem von der Spurensicherung. Sie drehte sich um und sah mich
finster an.
    »Mein Gott, McCone«, sagte sie, »ich
meinte zwar, Sie sollten etwas schlafen, aber doch nicht so lange.«
    »Tut mir leid. Ich wäre früher hier
gewesen, wenn ich unterwegs nicht mit Bayard geredet hätte. Ich sah nämlich,
daß er Lilys Hydraulikpumpe hatte, und dabei hat sich herausgestellt, daß Lily
das Tal verlassen hat.«
    »Wie bitte — Sie haben unterwegs mit wem geredet, und was hatte er von Lily?«
    »Da gibt es noch eine Menge Dinge, die
ich Ihnen erzählen muß.«
    »Ich weiß.« Sie wandte sich wieder an
den Labormenschen. »Haben Sie alles verstanden?«
    Er nickte.
    »Gut. Ich bin hier, wenn Sie mich
brauchen.« Zu mir sagte sie: »Sie haben wohl nicht ein Bier bei sich, drüben im
Wagen?«
    »Leider, nein.«
    »Na ja, ich habe zufällig einen
Sechserpack mit.« Auf meinen erstaunten Blick erklärte sie: »Eigentlich habe
ich ja dienstfrei, und hier wird sich niemand beschweren. Außerdem stellen sie
sich im Sheriffbüro nicht besonders an, wenn wir unseren Lebensmittelvorrat im
Dienstwagen mit uns herumfahren.«
    Wir gingen zum Streifenwagen, und sie
holte das Bier. Dann setzten wir uns auf die Steine am Bachrand. Der Nachmittag
war jetzt heiß geworden, aber eine hohe Dunstschicht machte das Sonnenlicht
verwaschen und blaß. Ich sah zum Himmel hinauf.
    Kristen Lark sagte: »Das ist hier immer
so, wenn es auf den Winter zugeht. In ein paar Wochen liegt hier Schnee. Zu
Weihnachten liegt er so dick, daß viele Straßen, auch diese hier ins Tal,
großenteils unpassierbar sind, außer für Snowmobile.«
    »Was machen die Leute dann?«
    »Durchhalten oder in die Stadt ziehen.
Dann müssen wir für unser Geld was tun. Die Leute werden gereizt, wenn sie hier
eingepfercht sind. Es geht ihnen auf die Nerven. Wir müssen eine Menge
Bar-Schlägereien schlichten — auch Familienfehden. Mein erster Totschlag war
eine Frau, die ihrem Mann mit einer Eisenpfanne den Kopf eingeschlagen hatte.
Hatte vorher nicht einmal die Eier aus der Pfanne geholt.«
    »Wie sind Sie Polizistin geworden?«
    »Mein Vater war vor Jahren mal Sheriff
im County, und mein Bruder ist Hilfssheriff. Ich bin nie auf die Idee gekommen,
daß ich etwas anderes tun könnte. Und Sie?«
    »Ich wurde vor allem deswegen
Detektivin bei einer der großen Versicherungsgesellschaften in San Francisco,
weil ich nach dem College keinen anderen Job fand. Als ich dann so weit war,
daß ich meine Lizenz bekam, wußte ich, daß ich nichts anderes tun wollte.«
    »Seltsam, wie man in so etwas
hineinstolpert. Lassen Sie hören, was Sie herausbekommen haben.«
    Ich faßte zusammen, was seit Montag
nach dem Verlassen ihres Büros alles

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