Niemandsland
Runde, die Augen zusammengekniffen, den Blick nach innen gerichtet.
»Lassen Sie mich einen Moment darüber nachdenken, McCone.« Als die Drinks
kamen, überlegte er noch immer. Nachdem die Kellnerin gegangen war, sagte er:
»Ich hatte meine Vorbehalte gegen Sanderman seit dem Tag, als er hier auftrat.
Nichts Eindeutiges, aber er schien die Dinge nur pro forma zu tun, und er war
nie greifbar. Auf dem Weg nach Sacramento und zurück, meistens nicht zu
erreichen. Und einen Tag, bevor Sie kamen — das war Donnerstag — und ich einen
letzten Versuch unternahm, Hopwood zu finden, entdeckte ich Neds Wagen auf der
Zufahrtsstraße zum Minengelände, wo er gar nichts zu suchen hatte. Als ich ihn
fragte, was er da gemacht habe, meinte er, ich müsse mich irren. Aber dabei war
er verdammt nervös.« Er machte eine Pause. »Und was ist nun mit Lionel Ong? Hat
sich irgend etwas getan? Lösegeldforderungen?«
»Ich habe die Nachrichten verfolgt,
aber es ist nichts bekanntgeworden. Vor kurzem habe ich mit einem
Polizeiinspektor in San Francisco gesprochen, den ich um die Überprüfung von ein
paar Namen gebeten hatte. Ongs war auch darunter, und ich glaube, er hätte ganz
anders reagiert, wenn ihm ein Kidnapping zu Ohren gekommen wäre.«
»Nicht, wenn statt der Stadtpolizei das
FBI gerufen wurde.«
»Ich kenne eine Frau, die in Ongs Büro
eine Quelle anzapfen kann.« Ich sah auf die Uhr. Halb sechs, aber eine mit
Arbeit überhäufte Angestellte wie Marcy Cheung war vielleicht noch in ihrem
Büro. »Ich versuche, sie zu erreichen.«
In der Nähe der Toiletten gab es eine
Telefonzelle. Ich wählte die Nummer der Sino-American Alliance, nannte der
Vermittlung meine Kreditkartennummer und war nicht überrascht, als Marcy selbst
sich meldete. »He«, sagte sie, »ich hoffte, Sie hätten meine Nachricht
bekommen.«
Verdammt — ich hatte den ganzen Tag
lang vergessen, All Souls anzurufen! »Was ist los?«
»Ich habe noch einmal mit meiner
Freundin Lynn, Ongs Sekretärin, geredet. Keine Lösegeldforderungen, aber Ong
hat sich auch noch nicht wieder gemeldet, und bei Transpacific macht sich
langsam Panik breit. Seine Frau kommt aus Hongkong zurückgeflogen, und der
Vorstand tritt zusammen und berät gerade, ob man die Polizei einschalten soll.«
»Um Himmels willen, warum müssen sie
denn darüber noch nachdenken? Der Mann wird jetzt schon seit zwei Tagen
vermißt.«
»Das hat etwas mit einer umfangreichen
Emission von Transpacific-Wertpapieren an der Börse von Tokio zu tun. Wenn das
mit Ong ruchbar wird, sieht es aus, als stecke die Gesellschaft in
Schwierigkeiten, und das drückt den Aktienkurs. Außerdem fordert die Polizei
eine Frist von zweiundsiebzig Stunden, bevor sie Ermittlungen einleitet.«
»Bei Ongs Einfluß in der Stadt könnte
die Familie sicherlich eine sofortige Fahndung bewirken. Sagen Sie mir
Bescheid, wenn Sie Neues erfahren?«
»Sicher. Wo erreiche ich Sie?«
Ich dachte nach, zog dann mein
Notizbuch heraus und las ihr Hys Privatnummer und die vom Wohnwagen der Friends
vor. Ich hängte ein und fragte anschließend bei All Souls nach Nachrichten für
mich. Aber die von Marcy Cheung war die einzige. Ted teilte mir mit, daß er
sich gerade auf den Weg zu mir nach Hause mache, um Ralphie und Allie zu
füttern, und daß ich ihm fünf Dollar für Katzenmedizin gegen die Haarknäuel im
Magen schulde. Ich schrieb es auf die letzte Seite in meinem Notizbuch, wo ich
eine Liste über die kleinen Summen führte, die ich Freunden schuldete. Dann
ging ich zurück in die Lounge.
Hy hatte seinen Stuhl so gerückt, daß
er auf den See hinausschauen konnte. Seine Füße standen auf der Leiste
unterhalb des Fensters. Das Wasser war jetzt rot von der untergehenden Sonne,
die sich auf der Oberfläche spiegelte. Die dunklen Spiegelungen der Tufa-Türme
schienen bis auf den Grund des Sees zu reichen. Unwillkürlich kam mir wieder
das Zitat, das ich in Hopwoods Bibel gelesen hatte: »Und der Teufel, der sie
verführte, ward geworfen in den Pfuhl von Feuer und Schwefel...«
Als ich mich setzte, drehte sich Hy
wieder zum Tisch. Ich berichtete ihm schnell Marcys Neuigkeiten. Er nickte
nachdenklich und trank sein Bier aus. »Also, die Situation entzieht sich
unserem Einfluß.«
»Ja, und wir haben keine Möglichkeit,
Sanderman zu erreichen, bis er wieder in Sacramento ist — wenn das überhaupt
sein Ziel ist.« Ich nippte an meinem Wein und dachte über den Feuerwehrmann der
Coalition nach. »Hy, haben Sie Ned immer genau
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