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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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besetzt. Ich blieb in der
Leitung, aber nach ein paar Minuten meldete sich die Telefonistin: »Noch immer
besetzt.«
    »Sind Sie sicher, daß sie nicht einfach
den Hörer ausgehängt hat?«
    Ein Seufzer. »Ich habe da tatsächlich
vor einiger Zeit ein paar Flüche in der Richtung gehört.«
    »Könnten Sie wohl nachsehen? Ich muß
wirklich mit ihr sprechen.«
    »Bleiben Sie bitte dran.«
    Eine halbe Minute später hörte ich
Marcy Cheungs Stimme. »Sharon — tut mir leid. Dieser vertrottelte Drucker...
aber das wollen Sie ja nicht hören. Wie ging es mit Ong?«
    »Er hat sich kurz gefaßt, aber ich
glaube, ich habe genug, daß Sie das Interview bringen können.«
    »Sie haben auch gekriegt, was Sie
wollten?«
    »Nicht ganz. Hören Sie, sind Sie über
Mittag in Ihrem Büro? Ich möchte das Band gern vorbeibringen und Sie noch ein
paar Sachen fragen.«
    »Wahrscheinlich werde ich hier für den
Rest meines Lebens sitzen, wenn es so weitergeht. Wie wäre es, wenn Sie ein
paar Sandwiches mitbringen und gegen halb eins bei mir sind? Im Büroeisschrank
haben wir noch Tsing-Tsao-Bier von einem unserer Empfänge.«
    »Mach’ ich. Bis dann.«
    Jetzt war die Frage, wie ich auf
Kristen Larks Anruf reagieren sollte. Ich wollte mit der Polizeibeamtin
eigentlich nicht reden, bevor ich genauer wußte, was vor sich ging, und eine
genauere Vorstellung davon hatte, was mit Lionel Ong passiert war... und warum
Alvin Knight so ängstlich war, sich mit mir ohne Ongs Okay zu unterhalten...
und was Ripinsky mit den beiden zu tun hatte... und warum er und Knight
glaubten, Ong könne womöglich in Mono County auftauchen... und wer Margot
Erickson geschlagen hatte...
    Ich beschloß, Kristen Larks Anruf
vorerst zu ignorieren.
    Es war fast halb zwölf, als Rae anrief.
Ich hatte inzwischen das Spülbecken in der Küche gescheuert und mich der
unangenehmen Aufgabe unterzogen, das Gemüsefach zu säubern. »Was hast du für
mich herausbekommen?« fragte ich, bevor sie irgendwelche lockeren Bemerkungen
loswerden konnte.
    »Das Haus am Tel Hill gehört der
Transpacific Corporation.«
    Das hatte ich erwartet, und es paßte zu
dem, was Marcy Cheung mir gesagt hatte — nämlich daß Ong sich eine weiße Mätresse
in einem Haus am Telegraph Hill hielt. Aber Margot Erickson, die Frau seines
Geschäftspartners? Die Frau, die meiner Ansicht nach die Wahrheit gesagt hatte,
als sie behauptete, sie und ihr Mann würden Ong nicht besonders gut kennen und
hätten ihn in den letzten fünf Jahren nur wenige Male bei gesellschaftlichen
Anlässen gesehen? Meine Menschenkenntnis schien wirklich im Schwinden
begriffen.
    »Shar?«
    »Danke, Rae. Konntest du etwas über
Hopwoods Tochter herausbekommen?«
    »Ich bin jetzt auf dem Weg zum Personenstandsregister.«
    »Jetzt? Warum bist du so spät dran?«
    Schweigen. Dann sagte sie ein bißchen
gereizt: »Ich habe heute morgen verschlafen. Ich war gestern abend lange auf,
um deine Mutter zu unterhalten, während du Gott-weiß-wo unterwegs warst. Und
sie ist keine Lady, mit der man so leicht Schritt hält. Verträgt den Schnaps um
einiges besser als ich.«
    »Na ja, ich habe dich nicht gebeten,
sie zu unterhalten — oder dir einen Kater anzutrinken. Und mein ›Gott-weiß-wo‹
war eine Observierung.«
    Wieder eine lange Pause. »Es hat mir
nichts ausgemacht, sie zu unterhalten, Shar. Wir hatten Spaß miteinander. Das
gehört nun mal zum Leben. Vielleicht solltest du dir auch mal etwas davon
gönnen.« Und dann legte sie einfach auf.
    Ich blinzelte vor Überraschung und saß
einfach da, den Hörer noch immer ans Ohr gepreßt. Selbst zu unseren schlimmsten
Zeiten hatte Rae so noch nie mit mir gesprochen und schon gar nicht einfach
aufgelegt. Unsere Beziehung, die berufliche wie die persönliche, war total
zusammengebrochen, und ich wußte nicht, was ich dagegen tun sollte.
    Das Freizeichen bohrte mir ins
Trommelfell. Ich legte den Hörer auf die Gabel. Nun war ein klärendes Gespräch
zwischen meiner Assistentin und mir fällig geworden, und ich wußte, es sollte
bald stattfinden. Aber zuerst mußte ich meine selbstverordneten Runden drehen.
     
    Runde eins führte mich zu Ongs Haus,
das noch immer still und verlassen in der Mittagssonne lag. Am Barbary Park kam
ich nicht an den Wachleuten in der Lobby vorbei. Als ich oben in Ericksons
Wohnung anrief, meldete sich das philippinische Dienstmädchen und sagte, ihre
Arbeitgeberin sei nicht in der Stadt. Aber das bezweifelte ich, denn in der
Morgenzeitung hatte gestanden,

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