Niewinter 4: Die letzte Grenze
und Tulula liebevoll den Arm um die Schultern legte.
»Spiel dich bloß nicht so auf, Rummy Hoerneson«, schimpfte sie.
»Dein Mann?«, fragte Drizzt.
»Sein Bruder«, erklärte Rummy. »Sobald ich hörte, dass du wieder in der Stadt bist, wusste ich, dass Tulula zu dir laufen würde.«
»Diese Gerüchte …«, setzte Drizzt an.
»Unsinn, nichts weiter«, sagte Rummy.
»Drei haben es gesehen!«, protestierte Tulula.
»Drei haben deine Münzen genommen und behauptet, sie hätten es gesehen, meinst du«, sagte Rummy.
»Sie haben schon vorher davon erzählt«, entgegnete sie.
»Weil sie wussten, dass du dann angerannt kommst, die Börse in der Hand«, lachte Rummy. »Seit dem Tod deines Vaters suchst du nach dem Wald, und wer könnte es dir verdenken? Aber eine Bande betrunkener Barbaren, denen das Geld ausgeht, ist kein Grund, diesen armen Drow hier durch den Dinneshire schwimmen zu lassen.«
»Von welchem Stamm?«, fragte Drizzt.
»Oh, denk nicht einmal daran!«, rief Rummy Hoerneson.
»Elch«, sagte Tulula. »Vom Elchstamm. Sie sind der Herde bis zu den ersten Bergen gefolgt und kamen, um zu handeln. Inzwischen dürften sie hoch oben im Grat der Welt sein, schätze ich.«
Unwillkürlich wandte Drizzt den Kopf nach Südosten, denn den Weg und das Ziel der Karibuherden kannte er genau.
»Hast du ihn je gesehen?«, fragte er die Frau.
»Ich war nur das eine Mal mit dir auf der anderen Seite des Dinneshire, und dann ein paar Jahre später, damals als mein Vater starb.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nie gesehen.«
»Keiner hat ihn je gesehen«, brummte Rummy.
»Catti-brie«, sagte Dahlia angespannt, um mit vor Gift triefender Stimme fortzufahren: »Schon ewig tot.«
Drizzt sah ihr ins Gesicht.
»Richtig?«, fragte sie.
Er starrte sie nur an.
»Du kannst es nicht einmal aussprechen?«, fragte Dahlia ungläubig.
Entreri lachte leise, doch Drizzt sah ihn böse an.
Um sie herum stieg die Spannung an. Tulula und Rummy hießen Drizzt und dessen Freunde noch rasch in Zehn-Städte willkommen und zogen sich dann eilig zurück.
»Wann ziehen wir also los und suchen den Elchstamm?«, fragte Entreri, nachdem sie wieder unter sich waren.
Drizzt machte ein noch böseres Gesicht, was jedoch wenig half.
»Das tun wir nämlich, nur dass du es weißt«, sagte Entreri zu Dahlia. »Oder zumindest er.«
Dahlias Miene war noch finsterer als die von Drizzt.
Da lenkte der Drow ein und richtete sich auf. »Vor vielen Jahren habe ich zwei Freunde verloren …«, begann er.
»Eine Geliebte und einen Freund, meinst du«, warf Dahlia ein.
Drizzt nickte, stellte jedoch klar: »Meine Frau. Und, ja, einen Freund. Sie wurden uns auf sehr ungewöhnliche Weise genommen …«
»Ich kenne die Geschichte«, sagte Dahlia, die jedes Wort mühsam herauspresste und dabei keine Miene verzog.
»Hast du uns in dieses trostlose Land gebracht, um einen Geist zu jagen?«, fragte Entreri, immer noch eher amüsiert als besorgt.
»Seit jener Begegnung damals habe ich nie mehr von Iruladoon gehört«, protestierte Drizzt. »Seit vielen Jahren nicht mehr. Und das war noch vor meinem ersten Besuch in Gauntlgrym.«
»Aber jetzt willst du dorthin«, sagte Dahlia. Sie stand auf und ging auf die Tür zu. Drizzt blieb fassungslos sitzen, denn ihre Reaktion verwirrte ihn.
»Du bist wirklich ein Idiot«, sagte Artemis Entreri und lachte noch mehr.
Drizzt stand auf, um Dahlia nachzulaufen, und hörte Entreri im Vorbeigehen sagen: »Wie du gerade mal wieder beweist.« Das ließ den Drow kurz innehalten, aber dann stürmte er doch zur Tür hinaus.
Dahlia stand draußen auf der Straße und wandte ihm den Rücken zu. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt, als wäre ihr kalt, obwohl es eine laue Nacht war. Drizzt trat hinter sie und berührte sie liebevoll an der Schulter.
»Dahlia«, sagte er oder wollte es sagen, denn sie fuhr herum und schlug ihm hart ins Gesicht.
»Warum?«, brachte er gerade noch heraus, bevor ihr rechter Arm folgte. Diesmal hielt der gewandte Krieger ihr Handgelenk fest.
Es folgte ein zweiter Versuch mit der Linken, die Drizzt ebenfalls festhielt.
»Dahlia«, flehte er.
Sie stieß ihm den Kopf ins Gesicht und traf mit der Stirn seine Nase. Als er zurücktaumelte, ließ er ihre Hände los, worauf sie versuchte, ihm in die Weichteile zu treten. Er konnte sich noch rechtzeitig wegdrehen, so dass ihr Fuß nur seinen Schenkel traf, doch auch das tat weh.
Dahlia ließ nicht locker. Im Mondlicht sah er die Tränen
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