Niewinter 4: Die letzte Grenze
Arm, in den er sich verbissen hatte. Aus dem kräftigen Maul der Eidechse hingen lange Hautfetzen; sie rüttelte mit ihren Kiefern, und der Balor schrie vor Schmerz. Tiagos Herz machte einen hoffnungsvollen Satz.
Dann aber fuhr der Schwertarm des Dämons herum, und sein scharfes Schwert trennte Byok sauber den Kopf ab. Sein Körper stürzte ins Feuer, doch der Kopf blieb am Arm des Balors hängen.
Tiago hielt abrupt an, als ob ihm ein Riese in den Bauch geboxt hätte. »Byok«, flüsterte er, und ihm wurde speiübel. Diese Eidechse hatte er persönlich aufgezogen, seit sie aus dem Ei geschlüpft war, und sie war auf magische Weise auf ihn eingestimmt gewesen, wie wenn ein Zauberer einen Vertrauten findet und an sich bindet.
»Tötet ihn!«, brüllte er voller Ingrimm und blickte zu Jearth und den Kriegern, die mit den beiden Glabrezu beschäftigt waren.
»Tötet ihn!«, schrie er erneut mit einem hilflosen Blick zu den Toren der Stadt, wo sich die Bewohner sammelten, die sich nicht mehr ins Freie wagten.
»Halt!«, rief der Hauptmann der Wache den Soldaten von Bryn Shander zu. »Keiner verlässt die Stadt!«
Er schickte seine Bogenschützen zurück auf die Mauer. Wer waren diese Dunkelelfen, die hier gegen die Dämonen kämpften?
»Verbündete?«, fragte er ruhig, aber gut hörbar, doch die Umstehenden hatten keine Antwort für ihn.
Dann blickte er nach Norden, wo eine weitere Streitmacht nahte, und er schluckte vor Ekel und Entsetzen bei dem Gedanken, dass Bryn Shander bald in ernsten Schwierigkeiten sein würde – ganz gleich, welche Seite in dieser Schlacht der Titanen den Sieg davontrug.
Tiagos Aufschrei wurde von einem knisternden Netz aus Blitzen beantwortet, die durch ein Dimensionstor brachen, das wie aus dem Nichts neben dem massigen Balor auftauchte. Der Dämon grunzte überrascht, als das Netz über ihn fiel, ringsherum gleißende Blitze explodierten und jeden Zuschauer blendeten. Tiago jedoch blinzelte durch die Blitze hindurch, weil er sehen wollte, wie dieser Dämon vernichtet wurde. Er wollte Zeuge der Vergeltung an dem Wesen werden, das seine einmalige Eidechse getötet hatte.
Funken sprühten in die Luft und nahmen das Dämonenfeuer mit sich. Der Balor versuchte, sich gegen das Netz zu wehren, aber die beißenden Explosionen trieben ihn immer weiter nach unten, und er brüllte vor Schmerz.
Der Boden erbebte, die Blitze kamen schneller und schneller, bis es in einer schier endlosen Abfolge der Verwüstung knatterte und dröhnte.
Dann fiel das Netz flach auf den Boden, wo nun die Flammen erloschen, doch noch immer knallte und funkte es.
Der Dämon war verschwunden, und im nächsten Augenblick war er wieder da, aber nicht mehr unter dem Netz.
Nein, Errtu hatte sich vor der Gefahr wegteleportiert und stand nun direkt hinter Tiago Baenre. Das Großschwert des Balors fuhr herab, und Tiago drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um den harten Schlag mit seinem Schild abzufangen. Wieder wurde seine Schulter taub, und sein Schildarm gab nach. Gegen einen Balor konnte ein einzelner Krieger nichts ausrichten! Und dieser hier war zwar schwer verletzt, denn Kopf und Leib waren über und über von Blitzspuren überzogen, und eines seiner Hörner war weggesprengt, doch ein Balor war der Inbegriff der Wut.
Was Wut war, wusste Errtu.
Allerdings auch Tiago, der gerade Byoks Tod mit angesehen hatte.
Der Balor schlug noch einmal zu, aber Tiago war schneller und warf sich zur Seite. Da knallte die brennende Peitsche, doch schon war Tiago wieder zurück und zu nahe, um von ihr erwischt zu werden. Sein Drow-Schild fing das Großschwert des Dämons ab, und dieses Mal konnte Tiago selbst einen Treffer landen.
Vidrinath, das Schwert aus Gauntlgrym, das der legendäre Waffenschmied Gol’fanin geschaffen hatte, glitt widerstandslos durch Errtus Fleisch und seine Muskeln und schlug eine tiefe Wunde in seine Hüfte. Tiago zog das Schwert zurück, blockierte den nächsten Hieb des Balors und stieß dann direkt nach vorn. Er traf Errtu in den Bauch, dass Blut und Eingeweide herausquollen.
Der Balor hob seinen riesigen Fuß mit den drei Klauen und wollte ihn zerquetschen, und als Tiago auswich, trat Errtu zu und ließ ihn zur Seite fliegen.
Der Dämon hob seine Feuerpeitsche und holte mit ihrer Flamme weit aus. Tiago war von dem Tritt so benommen, dass er zu langsam reagierte. Verzweifelt versuchte er, noch rechtzeitig seinen Schild vor sich zu drehen, um wenigstens einen Teil des gefährlichen Schlags
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