Niewinter 4: Die letzte Grenze
»Wir haben die Schmiede.«
»Bitte nach Euch«, sagte Jarlaxle und trat mit Athrogate vor.
»Der nicht«, erklärte Tiago. Er zeigte auf den Zwerg.
»Er arbeitet für mich.«
»Der nicht.« Sein Tonfall ließ keinen Widerspruch zu, und Jarlaxle staunte, dass der arrogante junge Krieger ihn so offen herausforderte. Andererseits hielt Jarlaxle einen Streit über diese Frage gerade nicht für zielführend, und er wusste, dass er selbst im Zweifelsfall zwar entkommen würde, aber Athrogate könnte er vermutlich nicht in Sicherheit bringen. Deshalb drehte er sich zu dem Zwerg um und flüsterte ihm zu: »Nach oben.« Athrogate nickte zustimmend. Am oberen Ende der Treppe hatte Jarlaxle seinen breitkrempigen Hut mit der großen Feder verwendet, um einen extradimensionalen Raum als Zufluchtsort zu erschaffen.
Jarlaxle rief seinen Nachtmahr und ritt mit den drei Echsenreitern davon, während Athrogate zügig die lange Treppe erstieg, um sich in dem geheimen Raum in Sicherheit zu bringen. Vor einem Kampf scheute der Zwerg zwar nie zurück, aber hier hatten sie es immerhin mit Dunkelelfen zu tun.
»Das ist ein beeindruckender Schild«, bemerkte Jarlaxle nach einer Weile, als er und Tiago in der Schmiede die Handwerker beobachteten, die an den glühenden Öfen arbeiteten. Sein Blick wanderte zu dem Spinnengriff des Schwerts an Tiagos Hüftgurt, und er fragte: »Frisch geschmiedet?«
Tiago lachte. »Es war das zweite Stück, das in dieser großen Schmiede nach dem Neuanfeuern geschaffen wurde.«
»Nach dem Schwert«, sagte Jarlaxle.
Tiago zog das Schwert und hielt es Jarlaxle vor die Augen. Es bestand aus dem gleichen Stahlglas wie der Schild und war ebenfalls von schimmernden Diamanten durchzogen. Es hatte einen schwarzen Parierkorb, der einem Spinnennetz ähnelte, und einen spinnenförmigen Griff.
»Das stammt von Gol’fanin«, konstatierte Jarlaxle.
Diese Feststellung ließ den jungen Baenre-Krieger aufmerken.
»Ein alter Freund«, erklärte Jarlaxle. »Ist er hier?«
»Ja, aber er ruht sich aus, soweit ich weiß. Ich richte ihm Eure guten Wünsche aus.«
Tiago reagierte ausweichend, und Jarlaxle war klar, dass er sie nicht zusammenbringen wollte. Er fürchtete, Jarlaxle könnte seine Beziehung zu diesem überaus bedeutenden Waffenschmied irgendwie beeinträchtigen.
»Haus Xorlarrin will Bregan D’aerthe also den Krieg erklären?«, fragte Jarlaxle ohne Umschweife. Tiago riss die Augen auf. »Falls sich herausstellt, dass diese drei tatsächlich zu Kimmuriels Bande gehörten, meine ich. Immerhin haben sie einen Adligen getötet. Oder ist das nur ein Verdacht?«
Diese letzte Äußerung war kein hohles Geschwätz. Dass Drow andere Drow töteten, war in Menzoberranzan durchaus akzeptabel, solange es keinen unbestreitbaren Hinweis auf den Mörder gab.
»Brack’thal Xorlarrin«, sagte Tiago.
Diesen Zauberer kannte Jarlaxle. »Interessant. Ich dachte, der wäre während der Zauberpest verrückt geworden.«
»Sohn der Zeerith und Ältester des Hauses«, betonte Tiago.
»Und Ihr habt klare Beweise für dieses Verbrechen?«
»Spielt das eine Rolle? Das hier ist nicht Menzoberranzan, und hier können die Xorlarrins die Regeln bestimmen. Es stünde Euch gut an, die Wahrheit über diese drei herauszufinden und sie uns zügig auszuliefern.«
Ein trockenes Lächeln legte sich über Jarlaxles Gesicht, und diesmal zeigte er Tiago seine Belustigung nur zu gern. »Ihr glaubt wirklich daran?«, fragte er.
Tiago verzog keine Miene.
»Eure Großtante Quenthel wäre über Eure kaum verhohlene Drohung wenig begeistert, da könnt Ihr sicher sein.«
»So wenig, wie wenn sie erfährt, dass Jarlaxle von Bregan D’aerthe sich mit dem Verräter Drizzt Do’Urden abgibt, der in der Schlacht, in der ihre geliebte Oberin umgekommen ist, gegen ihre Familie gekämpft hat? Dem Verräter Drizzt Do’Urden, der ihren Bruder getötet hat, meinen Großvater Dantrag, den besten Waffenmeister aller Zeiten in ganz Menzoberranzan?«
Beinahe hätte Jarlaxle erwähnt, dass Drizzt in dem Duell mit Dantrag in diesem Fall wohl kaum gesiegt hätte, aber er war klug genug zu schweigen.
»Ihr äußert kühne Behauptungen, junger Meister Baenre«, sagte er.
»Die drei gaben an, zu Bregan D’aerthe zu gehören.«
»Das zeugt nur von ihrer Schlauheit, nicht davon, dass sie die Wahrheit sagten«, erwiderte Jarlaxle. »Aber, wartet, sagtet Ihr gerade, dieser Drizzt Do’Urden wäre dabei gewesen?«
Tiago starrte ihn durchdringend an, und Jarlaxle
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