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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walde + Graf Verlag
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Three Lives. Ein weißer Mitarbeiter aus der Bücherei hatte es ihr zu lesen gegeben, und sie hatte es dann immer wieder empfohlen, aber anscheinend gab es keine weiteren Exemplare. Sie erinnerte sich an eine Passage in dieser Geschichte, die sie sich eingeprägt hatte. Darin sagte Dr. Campbell zu Melanctha: »Es ist nicht sehr leicht für Sie zu verstehen, was ich meine mit dem, was ich eben zu Ihnen gesagt habe, und vielleicht würden manche von den guten Leuten, die ich so gern mag, auch nicht sehr viel mehr als Sie, Miss Melanctha, von meiner Art halten, gut zu sein. Aber das macht nichts, Miss Melanctha. Was ich meine mit dem, was ich eben zu Ihnen gesagt habe, Miss Melanctha, ist, dass ich nichts, aber auch gar nichts davon halte, wenn man etwas einfach nur tut, um sich Aufregung zu verschaffen. Sehen Sie, Miss Melanctha, ich meine die Art und Weise, wie so viele Farbige es tun. Anstatt tüchtig zu arbeiten und mit ihren Familien ein geordnetes Leben zu führen und ihr ganzes Geld zu sparen, damit sie etwas haben, um ihre Kinder besser aufzuziehen, anstatt ein geordnetes Leben zu führen und es so zu machen und all ihre neuen Möglichkeiten aus einem anständigen Leben zu gewinnen, rennen die Farbigen einfach immer nur ziellos umher und trinken vielleicht und tun alles Schlechte, das Ihnen nur in den Sinn kommt, und nicht einfach, weil sie all die schlimmen Dinge mögen, die sie immer tun, sondern einfach nur, weil sie in Erregung kommen wollen. Nein, Miss Melanctha, wie Sie wissen, bin ich selbst ein Farbiger, und ich bedaure das nicht, und ich möchte erleben, dass die Farbigen gut und sorgsam und immer ehrlich sind und immer ein möglichst geordnetes Leben führen, und ich bin sicher, Miss Melanctha, auf diese Weise kann jeder es schön haben und glücklich sein und rechtschaffen bleiben und beschäftigt sein und muss nicht immer lauter schlimme Dinge tun, um sich immer wieder neue Erregung zu verschaffen. Ja, Miss Melanctha, ich möchte wirklich gern, dass alles gut und richtig ist, und ich glaube bestimmt, das ist der beste Weg für uns Farbige. Nein, Miss Melanctha, ich meine das gar nicht anders, als ich es sage. Ich habe keine andere Meinung, Miss Melanctha, und das meine ich, wenn ich davon spreche, wirklich gut zu sein. Das heißt nicht, Miss Melanctha, fromm zu sein und nicht jeden Menschen gern zu haben, und ich würde nie sagen, Miss Melanctha, dass wir es ablehnen sollten, andersgeartete Menschen kennenzulernen, wenn sie ganz normal in unser Leben treten. Was ich meine, Miss Melanctha, mit dem, was ich immer sage, ist, dass man nicht versuchen sollte, jeden kennenzulernen, einfach nur, um herumzulaufen und in Erregung zu kommen. Das ist genau die Art, die ich immer so hasse, Miss Melanctha, und die so schädlich ist für uns Farbige. Ich weiß nicht, ob Sie jetzt besser verstehen, was ich meine mit dem, was ich Ihnen eben gesagt habe. Aber Sie wissen jetzt bestimmt, Miss Melanctha, dass ich immer meine, was ich sage, wenn ich so rede.«
    Im Verlauf dieses Abends hatte ein fremder junger Mann in einem der beiden kleinen Zimmer mit einem tiefen Bariton – der sie etwas an Paul Robesons Stimme erinnert hatte – berührende Spirituals gesungen. Mary murmelte leise vor sich hin:
    Oh, gi´ me yo´ han´, gi´ me yo´ han´;
All Ah want is duh love o´ God;
Gi´ me yo´ han´, gi´ me yo´ han´;
You mus´be lovin´ at God´s comman´.
You say duh Lord has set you free,
You must be lovin´ at God´s comman´,
Why doan you let yo´ neighour be,
You mus´ be lovin´ at …
    [Reich mir deine Hand, reich mir deine Hand, / Ich will nur eines, Gottes Liebe, / Reich mir die Hand, reich mir die Hand, / Gott will nur eines, dass man sich liebt. / Du sagst, der Herr hat dich befreit, / Gott will nur eines, dass man sich liebt. / Warum lässt du nicht den Nächsten sein, / Gott will nur eines …]
    Es ist schon komisch mit den Spirituals, dachte Mary. Ich bin nicht religiös, und ich kenne niemanden, der wirklich gläubig ist. Unserer Herkunft nach waren wir zu einem großen Teil heidnischen Glaubens, aber als wir Sklaven wurden, wandten wir uns wie selbstverständlich und dankbar einer Religion zu, die uns ewige Freude und die Wiedersehen mit Verwandten, die in aller Welt verstreut und als Sklaven verkauft worden waren, im Jenseits versprach. Nun, da die Unterdrückung für viele vorbei ist, wenden wir uns dem Atheismus zu. Diejenigen aber, die noch unter der Unterdrückung leiden, die Dienstmädchen und

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